Corona und Gewerbemiete – Rechtsfolge: Vertragsanpassung

Gewerberaummietrecht
06.04.2020169 Mal gelesen
Die Coronapandemie wird die Justiz in den nächsten Monaten und Jahren in vielfacher Weise beschäftigen..

Im Vertragsrecht wird sich etwa fragen, ob ein Vertragspartner von dem anderen Leistung verlangen kann bzw. konnte, obwohl die Leistung für die andere Vertragspartei zeitweise ohne Interesse war. Gerade im Bereich der Gewerberaummiete wird sich diese Frage verschärft stellen, da derzeit die meisten Läden und Restaurants aber auch Dienstleistungsbetriebe wie Frisörläden und Fitnessstudios, Clubs, Wellness- und Saunabetriebe, Massagepraxen etc. geschlossen sind - freiwillig oder behördlich angeordnet und viele andere Geschäfte, auch wenn sie noch besucht werden können, jedenfalls keine nennenswerten Umsätze erzielen.

Naturgemäß kommt hier die Bestimmung des § 313 BGB, also der Wegfall der Geschäftsgrundlage, in den Blick, wonach eine Anpassung des Mietvertrags an die geänderte Sachlage in Betracht kommt (so schon BGH vom 10.07.2002, XII ZR 107/99). Bei der Anpassung eines Vertrags ist danach zu beachten, dass diese in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form stattzufinden hat. Für die Frage, was hierbei gilt, sollte man allerdings nicht auf die Gerichte warten. Vielmehr ist bereits jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass die Vertragsparteien in Kontakt treten und gemeinsam angemessene Lösungen suchen und finden. Denn eine einvernehmliche Regelung dürfte im wohlverstandenen Interesse beider Vertragsparteien liegen, zumal insbesondere auch Vermieter kaum Interesse an leeren Ladenflächen und Einkaufszentren haben dürften.

Unter bestimmten Umständen kann ein Mieter/Pächter, der sein Gewerbe wegen der Coronapandemie schließen musste, die Mietzahlung/Pacht kürzen, da die Betriebseinnahmen des jeweiligen Gewerbes wegfallen.

Die Umstände oder wesentlichen Vorstellungen, nämlich dass der Betrieb durchgeführt werden kann, sind zunächst Grundlage des Vertrags geworden, d.h. Geschäftsgrundlage. In den Miet- oder Pachtverträgen finden sich zumeist keine Regelungen, wer das Risiko trägt, dass der dem Vertragszweck entsprechende Betrieb aufgrund nicht vorhersehbarer behördlicher Anordnungen geschlossen wird. Die Coronapandemie hat Deutschland in der Tat in allen Bereichen völlig unvorbereitet getroffen. Die Schließung hat auch hinreichendes Gewicht, denn infolge des kompletten Einnahmeausfalls stehen der vereinbarten Miet- bzw. Pachtzahlung keine Einnahmen aus dem Betrieb des Gewerbes mehr gegenüber. Die Erfüllung der Verbindlichkeit wird aufgrund eines nachvertraglichen Ereignisses - Auftreten des neuartigen Virus und daraus folgende Betriebsschließung - unzumutbar erschwert (Leistungserschwernis). Darüber hinaus ist der Zweck, in den Räumen den Betrieb durchzuführen, durch die behördliche Schließung vereitelt (Zweckstörung).

Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Risiken, die sich auf die Einnahmen des Betriebs auswirken, in die Risikosphäre des Mieters oder Pächters fallen, gibt es nicht. Als Rechtsfolge ist die Mietzahlung bzw. Pachtzahlung entsprechend anzupassen. Soweit unmittelbar behördliche Einschränkungen der Nutzung der Mietsache bestehen, wie dies mittlerweile flächendeckend für einen Großteil des Einzelhandels und weitere Branchen der Fall ist, können sich Mieter sogar auf eine schon vom Reichsgericht begründete Rechtsprechung zum Vorliegen einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Vermieterleistung oder eine Beeinträchtigung der Geschäftsgrundlage des Vertrags berufen. Das Reichsgericht hatte im 1. Weltkrieg, in dem ein Verbot bestimmter Veranstaltungen bestand, die eine Nutzung von angemieteten Räumen verhinderte, eine vorübergehende Unmöglichkeit der Vermieterleistung angenommen. Geht man von der Vorliegen einer Unmöglichkeit oder einem Wegfall der Geschäftsgrundlage aus, kann die Miete in diesen Fällen - je nach Grad der Beeinträchtigung - anteilig bzw. vollständig herabgesetzt werden bzw. besteht ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf entsprechende Vertragsanpassung. Die Herabsetzung betrifft ggf. auch die Betriebskosten bzw. die Vorauszahlungen. U.U. können darüber hinaus auch Rechte bis hin zur Kündigung des Mietverhältnisses bestehen, was jedoch eine Frage des konkreten Einzelfalls ist.

Unabhängig von der rechtlichen Ausgangssituation haben es die Vertragspartner selbstverständlich in der Hand, in dieser außergewöhnlichen Situation von der durch Vertrag oder Gesetz bestimmten Rechtslage individuell abzuweichen. Es kann sich daher durchaus empfehlen, sehr schnell wechselseitig in Verhandlungen zu kommen und zu einer Einigung zu gelangen, bevor laufende Zahlungen ausbleiben. Des Weiteren bieten entsprechende Vereinbarungen ggf. die Möglichkeit, evtl. später auftretende Zweifel an der Wahrung der Schriftform für langfristige Mietverträge zu beseitigen.

Sollten Sie betroffen sein und überlegen, inwieweit Miete, Pacht oder Nebenkosten reduziert werden können, bieten wir Ihnen eine zunächst unverbindliche Prüfung des Vertragsverhältnisses und Empfehlung zum weiteren Vorgehen an.

hünlein rechtsanwälte
Eschenheimer Anlage 28, 60318 Frankfurt am Main
Fon: 069.4800789.0 / Fax: 069.4800789.50 / kanzlei@huenlein.de