Gesellschafterstreit in der GmbH – Steuern, Risiken und Optimierung

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16.07.20183136 Mal gelesen
Auseinandersetzungen im Gesellschafterkreis haben weitreichende finanzielle und sehr oft auch steuerliche Folgen. Daher ist es unerlässlich, bereits am Anfang einer Gesellschafterauseinandersetzung Steuerrisiken und Strategien zur Steueroptimierung mitzudenken.

Nahezu jeder Gesellschafterstreit ist davon geprägt, dass diverse Personen auf verschiedenen Ebenen eines Unternehmens involviert werden. Neben den Gesellschaftern sind Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrats/Beirats sowie Mitarbeiter persönlich betroffen. Häufiger Begleiter der Auseinandersetzungen ist die Furcht vor persönlichen finanziellen Folgen. Die typischen Gesellschafterstreitigkeiten sind davon geprägt, dass rein kapitalistisch engagierte Gesellschafter den operativ tätigen Gesellschaftern misstrauen. In der Anwaltspraxis sind ebenfalls Auseinandersetzungen zwischen Investoren (Private Equity- oder Venture Capital-Investoren) auf der einen Seite und den Geschäftsführern auf der anderen Seite zu beobachten. In Familiengesellschaften besteht Streitpotential zwischen den einzelnen Gesellschaftergruppen mit eigenen strategischen Interessen, die das gesamte Unternehmen erschüttern können. In der Nähe einer Unternehmenskrise verschärfen sich die Konflikte, da die geschäftsführenden Gesellschafter zusätzliche Haftungsrisiken tragen. Kommt es im operativen Geschäft sogar zu Benachteiligungen von einzelnen Gesellschaftern, z.B. im Wege von verdeckten Gewinnausschüttungen, kann der Gesellschafterstreit sehr schnell eskalieren.

 

Dimensionen des Gesellschafterstreits

Neben den psychischen und seelischen Belastungen der betroffenen Personen kann ein Streit im Gesellschafterkreis zu weitreichenden finanziellen Folgen auf der Unternehmensebene und bei den betroffenen Personen führen. Nicht selten sind Gesellschafter in den Streit involviert, die auch mit hohen Gesellschafterdarlehen im Unternehmen engagiert sind. Kommt es zwischen den Gesellschaftern zu einer Eskalation und lassen sich einvernehmlich Lösungen nicht mehr erreichen, mündet ein Streit klassischer Weise in dem Versuch, die Gegner aus dem Gesellschafterkreis auszuschließen oder Geschäftsführer außerordentlich zu kündigen und abzuberufen. In diesem Fall werden feindliche Gesellschafterversammlungen von gerichtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren begleitet. Verliert unterdessen die Gesellschaft ihr Vertrauen bei Banken und Kunden sind rechtlichen Risiken und finanziellen Folgen nicht mehr vorherzusagen. Es ist daher empfehlenswert, Angriffe auf feindliche Gesellschafter und Geschäftsführer genauestens zu durchdenken und mit der gebotenen Vorbereitung von Fachanwälten und Steuerberatern zu planen.

 

Steuerliche Folgen des Gesellschafterstreits

Führen gesellschaftsrechtliche Zwangsmaßnahmen zum Ausschluss einzelner Gesellschafter aus der Gesellschaft oder zur Abberufung und außerordentlichen Kündigung von Geschäftsführerdienstverträgen sind die steuerlichen Auswirkungen zu berücksichtigen.

Lässt sich ein Gesellschafterkonflikt in einer GmbH nicht einvernehmlich lösen, werden in Gesellschafterversammlungen oft Ausschlüsse von Gesellschaftern im Wege einer Einziehung oder einer Zwangsabtretung initiiert. Wird ein Geschäftsanteil eines Gesellschafters eingezogen, führt dies zur Zerstörung des Gesellschaftsanteils. Eine Einziehung ist indes rechtlich nur möglich, wenn sie gesellschaftsvertraglich geregelt und ein wichtiger Grund vorliegt. Hat sich ein Gesellschafter einer Untreue strafbar gemacht, kann dies eine Einziehung rechtfertigen. Nach einer Einziehung steht dem betroffenen Gesellschafter ein Anspruch auf Abfindungszahlung gegenüber der GmbH zu. Die Abfindungszahlung an den Gesellschafter wird aus ertragsteuerlicher Sicht auf der Ebene der GmbH grundsätzlich als Einlagenrückgewähr behandelt, soweit das Nennkapital des betroffenen Geschäftsanteils zurückgezahlt wird. Insoweit wirkt die Abfindungszahlung nach der Einziehung ertragsteuerneutral. Zahlungen, die über den Nennbetrag hinausgehen und den ausschüttbaren Gewinn übersteigen, führen aus steuerlicher Sicht zu einer Reduzierung des steuerlichen Einlagekontos. Anzumerken ist, dass ungerechtfertigte hohe Abfindungszahlungen in einer steuerlich relevanten Gewinnausschüttung münden können. Dies jedenfalls, wenn es sich nicht um den Fall des Ausscheidens eines lästigen Gesellschafters handelt.

Handelt es sich bei dem betroffenen Gesellschafter um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der über einen Geschäftsführerdienstvertrag verfügt, stellen etwaige Abfindungszahlungen auf den beendeten Geschäftsführervertrag grundsätzlich Betriebsausgaben für die GmbH dar.

Auf der Ebene des Gesellschafters ist zu berücksichtigen, dass ein Ausscheiden im Wege der Zwangseinziehung in der steuerlichen Sphäre als Veräußerung nach § 17 EStG gewertet wird. Danach muss der Gesellschafter die Abfindung gemäß dem Teileinkünfteverfahren mit 60 % des persönlichen Einkommensteuersatzes versteuern, wenn er vor der Einziehung 1 % oder mehr an der GmbH gehalten hat. Bei einer Kleinstbeteiligung von weniger als 1 % greift die Abgeltungssteuer. Oft wird in der Praxis übersehen, dass auch bei einer Abfindung, die über mehrere Jahre gestreckt wird, die Besteuerung im Jahr des vollzogenen Ausschlusses erfolgt. Daher muss der Gesellschafter vorausschauend planen, ob er bei den bestehenden gesellschaftsvertraglichen Ratenzahlungsregelungen die entstehende Steuerlast finanzieren kann.

Fließt einem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Abfindung für die Beendigung seines Geschäftsführervertrags zu, wird diese aus steuerlicher Sicht als Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 EStG zu werten sein.

Der von einem Ausschluss bedrohte Gesellschafter wird aus steuerlicher Sicht bemüht sein, eine einvernehmliche Lösung mit den angreifenden Gesellschaftern zu finden. Wenn ein ausscheidender Gesellschafter-Geschäftsführer auf Gesellschafts- und Geschäftsführerebene Zahlungsansprüche geltend machen kann, wird er alles daran setzen, einen Großteil der Abfindung auf der Geschäftsführerdienstvertragsebene zu vermeiden und die steuerliche Privilegierung des Teileinkünfteverfahrens auf der Gesellschafterebene in Anspruch zu nehmen (bzw. bei einer Kleinstbeteiligung von weniger als 1 % erfolgt die Privilegierung über die Abgeltungssteuer).

Zu berücksichtigen ist, dass im Fall von Angriffen über Zwangseinziehungen und das Ausscheiden eines Gesellschafters auch grunderwerbsteuerliche Aspekte berücksichtigt werden müssen, wenn die Gesellschaft über Immobilienvermögen verfügt. Bei einem Ausscheiden von Gesellschaftern spielen auch immer wieder schenkungsteuergesetzliche Risiken eine Rolle. Wird durch den Gesellschaftsvertrag oder auf der Grundlage eines Vergleichs der Abfindungsanspruch gekürzt und weicht dieser stark vom Verkehrswert ab, können zu Lasten der verbleibenden Gesellschafter Schenkungsfiktionen greifen, die eine Schenkungsteuer auslösen.

Weiterführende Informationen zu den steuerrechtlichen Risiken und Gestaltungsspielräumen bei Gesellschafterstreitigkeiten in einer GmbH finden Sie unter https://www.rosepartner.de/gesellschafterstreit-steuern.html.

Der Verfasser Dr. Boris Jan Schiemzik ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in der Wirtschaftsrechtskanzlei ROSE & PARTNER LLP in Hamburg. Die Kanzlei verfügt über Büros in Hamburg, Berlin, München und Mailand. Weiterführende Informationen zur Rechtsanwaltskanzlei finden Sie unter https://www.rosepartner.de.