Ab dem 1. Januar 2008 gilt das neue Unterhaltsrecht. Mit seiner Einführung verfolgt der Gesetzgeber verschiedene Ziele, insbesondere die Stärkung des Kindeswohls, die Betonung der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten sowie die Verbesserung der Rechtsstellung von kinderbetreuenden Elternteilen.
1. Die Stärkung des Kindeswohls will der Gesetzgeber in erster Linie mit einer Änderung der Unterhaltsrangfolge erreichen. Dazu bestimmt der geänderte § 1609 BGB u.a., dass minderjährige unverheiratete Kinder und so genannte privilegierte Volljährige den ersten Unterhaltsrang genießen. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer finden sich auf dem zweiten Rang, alle anderen auf dem dritten Rang wieder. Alle anderen Kinder werden auf den vierten Rang verwiesen.
Ob der Gesetzgeber damit jedoch das selbst gesteckte Ziel erreicht, ist zumindest fraglich. Zunächst einmal spielen Rangfragen ohnehin nur in solchen Fällen eine Rolle, in denen das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht ausreicht, um die Ansprüche aller Unterhaltsberechtigten in vollem Umfang zu regulieren. In solchen Fällen erhält der ebenfalls unterhaltsberechtigte Ehegatte weniger bis gar nichts, d.h. durch die Besserstellung des Rangs des Kindesunterhalts wird nicht ein Cent mehr in die Haushaltskasse gespült.
Hinzutritt der Umstand, dass durch den teilweisen bis völligen Wegfall des Anspruchs des Ehegatten auf Gewährung eigenen Unterhalts die Möglichkeit teilweise bis vollständig entfällt, den Ehegattenunterhalt im Wege des so genannten begrenzten Realsplittings steuermindernd geltend zu machen, wodurch sich im Gegenteil eine Verringerung des Einkommens in der Haushaltskasse ergibt.
Darüber hinaus kann in bestimmten Fällen der Vorrang des Kindesunterhalts dazu führen, dass zusammen mit dem Anspruch des bisher unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Pfändungsfreibetrag in Wegfall gerät mit der Folge, dass Gläubiger des Unterhaltsverpflichteten plötzlich mit Zahlungen rechnen können, die bis zum 31.12.2007 völlig ausgeschlossen waren, was zu einer weiteren Reduzierung des Einkommens der Restfamilie führt.
2. Durch die geänderten unterhaltsrechtlichen Bestimmungen wird die Eigenverantwortlichkeit des geschiedenen Ehegatten in mehrfacher Hinsicht verschärft. Setzte bisher eine Verpflichtung des unterhaltsberechtigten Ehegatten erst dann ein, wenn das gemeinsame Kind das 9. bis 10. Lebensalter erreicht hatte, sind künftig anderweitige Betreuungsmöglichkeiten bereits ab dem 3. Lebensjahr des Kindes in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus verschärfen die neuen Bestimmungen die Anforderungen an eine zumutbare Erwerbstätigkeit des Ehegatten zu dessen Lasten. Schließlich wird künftig häufiger als bisher eine Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Höhe nach sowie seine Befristung in zeitlicher Hinsicht vorzunehmen sein. Im Ergebnis werden also eindeutig die geschiedenen Ehemänner zum Nachteil der geschiedenen Ehefrauen unterhaltsrechtlich entlastet.
3. Die vom Gesetzgeber nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2007 gewollte Gleichstellung Kinder betreuender Elternteile betrifft in 1. Linie die Rechtsstellung der nichtehelichen Mutter, die nunmehr weitestgehend der Rechtsstellung der ehelichen Kindesmutter angeglichen wurde. Insoweit ist zu erwarten, dass die neue Rechtslage insbesondere im Falle der Konkurrenz von Unterhaltsansprüchen der betreuenden nichtehelichen Kindesmutter einerseits und der nicht betreuenden geschiedenen Ehefrau nach "langer Ehedauer" zu ausgesprochen fragwürdigen Ergebnissen führen wird. Dies hat der Gesetzgeber wohl auch erkannt und deshalb in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der "langen Ehedauer" flexibel gehandhabt werden soll. Das allerdings ist ausgesprochen misslich, weil gerade im Zusammenhang mit der Klärung von Rangfragen eine eindeutige Terminologie unabdingbar ist.
4. Auch die vorgesehenen Übergangsbestimmungen schließlich erleichtern den Einstieg in das neue Recht nicht unbedingt. Zwar sollen die neuen Vorschriften ab sofort und auch für "Altfälle" gelten. Ihre Anwendung auf bereits bestehende Unterhaltstitel ist jedoch nur ausgesprochen zurückhaltend möglich. Insbesondere ist vorgesehen, dass die Anpassung bereits bestehender Unterhaltstitel an die neue Rechtslage voraussetzt, dass die Abänderung dem Unterhaltsgläubiger zuzumuten ist. Was die Rechtsprechung mit diesem ebenfalls unbestimmten Rechtsbegriff anfangen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.
26.12.20071814 Mal gelesen