Verstrickte Verhältnisse – Keine Erbschaftansprüche trotz Versöhnung

Erbschaft Testament
06.03.2017142 Mal gelesen
Ein Paar möchte sich scheiden lassen. Beide stimmen einer Scheidung auch zu. Doch tragischer Weise stirbt der Ehegatte drei Monate nachdem seine Frau die Scheidung einreicht. Obwohl sich das Paar vor dem Tod wieder versöhnte und das Scheidungsverfahren nicht stattfand, besteht für die Frau des...

Ein Paar möchte sich scheiden lassen. Beide stimmen einer Scheidung auch zu. Doch tragischer Weise stirbt der Ehegatte drei Monate nachdem seine Frau die Scheidung einreicht. Obwohl sich das Paar vor dem Tod wieder versöhnte und das Scheidungsverfahren nicht stattfand, besteht für die Frau des Hinterbliebenen kein Anspruch auf Erbschaft.

In der Regel stellt ein Ehegatte den gesetzlichen Erben des Verstorbenen dar. Inwiefern dieser am Erbe beteiligt wird, hängt nicht nur von der Anzahl und den Ansprüchen der restlichen Verwandten ab. Auch das rechtmäßige Einreichen eines Scheidungsantrages in beidseitiger Zustimmung kann den Erbschaftsanspruch eines Hinterbliebenen erlöschen lassen. So entschied das Oberlandesgericht Naumburg.

Das betreffende Ehepaar war lange verheiratet und hatte drei Kinder. In beidseitiger Zustimmung beantragte die Frau eine Härtefall-Scheidung und das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder. Sie gab an, dass sie und ihr Mann zwar noch auf dem gleichen Grundstück wohnten, aber schon seit sechs Jahren getrennt lebten. Als ihr Mann kurze Zeit später starb, beantragte sie zugunsten der drei Kinder einen Erbschein beim Nachlassgericht, welcher in der Folge auch erteilt wurde.

Daraufhin nahm die Frau beim Familiengericht den Scheidungsantrag mit der Begründung zurück, sie habe sich vor dem Tod ihres Ehemannes noch mit ihm versöhnt. Gleichzeitig ersuchte sie das Nachlassgericht um einen erneuten Erbschein, welcher nun auch sie als Erbnehmerin berücksichtigen sollte. Das Nachlass- Gericht lehnte diesen Antrag jedoch ab.

Im amtlichen Leitsatz heißt es:  § 1933, Satz 1 BGB besagt, dass das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen wird, wenn zur Zeit des Versterbens des Erblassers (in formeller Hinsicht) ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig und (in materiell-rechtlicher Hinsicht) dieser Antrag z.Zt. des Erbfalls begründet war. Demnach ändert eine erst nach Eintritt des Erbfalls erklärte und wirksam gewordene Rücknahme des Ehescheidungsantrags nichts mehr am zuvor bereits eingetretenen Ausschluss des Erbrechts.

Auch im Berufungsverfahren urteilte das Landgericht Naumburg, dass für die Ehefrau tatsächlich kein Erbschaftsanspruch besteht. Zur Begründung hieß es, dass mit den sechs Jahren Trennung auf dem gemeinsamen Grundstück auch das Trennungsjahr verstrichen sei. Außerdem sei der Scheidungsantrag mit Zustimmung ihres Mannes rechtskräftig eingereicht worden. Eine einseitige Rücknahme des Scheidungsantrages durch die Frau käme somit überhaupt nicht in Frage. Ganz entscheidend sei hier die Sachlage zum Zeitpunktes des Erbfalls, bemerkte das Gericht. 

Rechtsanwalt Lücker steht nach telefonischer Terminsvereinbarung - oder per Mail - für eine Erstberatung als kompetenter Ansprechpartner in allen Erbrechtsfragen  zur Verfügung.