Steuerfalle Berliner Testament

Steuerfalle Berliner Testament
30.03.2013813 Mal gelesen
Das Berliner Testament erfreut sich immer noch größter Beliebtheit. Unter steuerlichen Gesichtspunkten ist es jedoch nicht immer der „Königsweg“.

1. Was ist das Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Erben des letztversterbenden Ehegatten einsetzen. Die Kinder erhalten also erst nach dem Tod des zweiten Elternteils Vermögen. Beim Tod des ersten Elternteils sind sie enterbt.

2. Welche steuerliche Folgen hat das Berliner Testament?

Da beim Tod des ersten Ehegatten nur der überlebende Ehegatte Vermögen erbt, wird auch nur der überlebende Ehegatte zur Erbschaftsteuer herangezogen. Die Kinder werden erst beim zweiten Erbfall steuerpflichtig. Ihre Freibeträge nach dem Tod des ersten Elternteils bleiben ungenutzt.

Beispiel:

Die Eheleute haben jeder ein Vermögen von EUR 1 Mio. und zwei gemeinsame Kinder Der Ehemann verstirbt und vererbt sein Vermögen an die Ehefrau. Der Ehefrau stehen Freibeträge von insgesamt EUR 756.000 (§§ 16, 17 ErbStG) zu. Damit beläuft sich ihr Erwerb auf EUR 244.000. Hierauf muss sie EUR 26.840 Erbschaftsteuer zahlen (11%).

Wenn die Ehefrau verstirbt, wird sie sowohl ihr eigenes Vermögen als auch das geerbte Vermögen, also insgesamt EUR 2. Mio., an die beiden Kinder vererben. Den Kindern steht jeweils ein Freibetrag von EUR 400.000 zu, sodass sich der Erwerb für jedes Kind auf EUR 600.000 belaufen würde. Hierauf müsste jedes Kind EUR 90.000 Erbschaftsteuer zahlen (15%). Das Berliner Testament würde die Familie also insgesamt EUR 206.840 Erbschaftsteuer kosten.

3. Alternative Gestaltung

Die steuerliche Belastung lässt sich reduzieren, indem man die Kinder bereits im ersten Erbfall am elterlichen Vermögen partizipieren lässt.

Beispiel:

Hätten die Eheleute im vorherigen Beispiel durch ein Testament sichergestellt, dass den Kindern beim Tod des ersten Ehegatten jeweils ein Vermögen von EUR 400.000 zukommt, berechnet sich die steuerliche Belastung der Familie wie folgt:

Die Ehefrau hätte (nur) einen Erwerb von EUR 200.000 und müsste wegen ihrer Freibeträge keine Steuer zahlen. Die Kinder hätten jeweils einen Erwerb von EUR 400.000 und müssten wegen ihrer Freibeträge keine Steuer zahlen.

Im zweiten Erbfall erhielten die Kinder jeweils ein Vermögen von EUR 600.000. Unter Berücksichtigung ihrer Freibeträge (je EUR 400.000) müssten sie eine Erbschaftsteuer in Höhe von je EUR 22.000 (11% von EUR 200.000) zahlen. Die erbschaftsteuerliche Belastung der Familie beliefe sich also nur auf EUR 44.000.

4. Konkreter Rat

Eheleute, deren gemeinsames Vermögen bei EUR 1 Mio. und mehr liegt, sollten sich vor Errichtung eines Berliner Testaments über eine steuergünstigere Gestaltung beraten lassen. Doch auch wenn das "Kind schon in den Brunnen gefallen ist", wenn also ein Ehegatte unter Hinterlassung eines Berliner Testaments verstorben ist, lässt sich die steuerliche Belastung noch reduzieren. Je früher der überlebende Ehegatte tätig wird - idealer Weise innerhalb von 6 Wochen nach dem Erbfall -, desto mehr Möglichkeiten stehen zur Verfügung.

Ich berate Sie gerne.

Siegrid Lustig, Fachanwältin für Erbrecht, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , Hannover