Gewinner und Verlierer der Erbschaftsteuerreform

Erbschaft Testament
17.11.20071397 Mal gelesen

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung von Roland Koch und Peer Steinbrück hat ein Konzept zur Reform der Erbschaftsteuer vorgelegt. Steinbrück will die Steuerreform am 5. oder am 12. Dezember im Kabinett beraten und noch vor Weihnachten eine Gesetzesvorlage in den Bundestag einbringen. Bis Ende April soll der Bundestag die Reform verabschieden, die dann spätestens am 1. Juli 2008 in Kraft treten soll. Die Reform ist erforderlich, da das Bundesverfassungsgericht die bisherigen hohen Vergünstigungen für Immobilien- und Unternehmenserben für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung der Erbschaftsteuer bis Ende 2008 gesetzt hatte.

Verlierer der Reform
Verlierer der Reform sind Geschwister, Nichten und Neffen, die Immobilien erben, denn Immobilien werden nicht länger bei der Bewertung begünstigt. Zudem steigen die Steuersätze für entfernte Verwandte in den Steuerklassen II und III deutlich an. Auch Ehegatten und Kinder, die große Immobilienvermögen erhalten, werden stärker belastet, da die neuen höheren Freibeträge für Ehegatten und Kinder die höhere Bewertung nur teilweise kompensieren.

Gewinner der Reform
Gewinner der Reform sind Kinder, Enkel und Ehegatten, die Barvermögen erben. Hier sind die Freibeträge stark erhöht worden und die Steuersätze etwas günstiger gestaltet worden.

Neue Bewertung
Künftig müssen zum Beispiel Grundstücke sowie Aktien oder anderes Kapitalvermögen nahe ihrem tatsächlichen Wert bewertet werden. Auch Unternehmen sollen zunächst mit dem Verkehrswert angesetzt werden. Diese höhere Bewertung führt zunächst zu Nachteilen für Erben oder Beschenkte. Die genaue Bewertungsmethoden stehen noch nicht fest.

Neue Freibeträge und Steuersätze
Als Ausgleich für die höhere Bewertung von Immobilien und Unternehmen verständigte sich die Arbeitsgruppe auf hohe Freibeträge. Nach den Plänen sollen die nächsten Verwandten steuerlich bevorzugt werden. Vorgesehen sind Freibeträge von 500.000 EUR anstatt bisher 307.000 EUR für Ehepartner, 400.000 EUR statt 205.000 EUR für Kinder und 200.000 EUR statt 51.000 EUR für Enkelkinder. Im Gegenzug werden entferntere Verwandte wie Neffen und Nichten sowie Familienfremde stärker belastet, da die Steuersätze stark angehoben wurden.

Entlastung bei der Unternehmensnachfolge
Zur Entlastung bei der Unternehmensnachfolge soll ein so genanntes "modifiziertes Abschmelzmodell" eingeführt werden. Danach sollen 85 Prozent des gesamten Betriebsvermögens für zehn Jahre nicht der Erbschaftsteuer unterliegen, wenn der Betrieb mindestens 15 Jahre weitergeführt wird. 15 Prozent müssen in jedem Fall versteuert werden. Die Stundung über zehn Jahre gilt nur, wenn die Lohnsumme in dem Unternehmen während dieser Zeit bei mindestens 70 Prozent des Ursprungswerts bleibt. Zudem darf das Betriebsvermögen 15 Jahre lang nicht verringert werden. Die ursprünglich vorgesehene Beschränkung der Begünstigungen auf produktives Vermögen ist nicht umgesetzt worden. Die ursprünglichen Pläne für das Abschmelzmodell hatten vorgesehen, dass jährlich 10 Prozent der Erbschaftsteuer auf produktiv eingesetztes Vermögen bei der Fortführung von Betrieben gestrichen werden sollte, womit die Steuer nach zehn Jahren komplett entfallen wäre. Die Kritik an diesem Modell war aber mit zunehmender Diskussion gewachsen.

Wahl zwischen neuem und altem Recht
Wer zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 1. Juli 2008 geerbt hat oder erbt, kann zwischen altem und neuem Recht wählen. Die Wahlmöglichkeit gilt nicht für Schenkungen.

Fazit
Es gibt sowohl Verlierer als auch Gewinner der Erbschaftsteuerreform. So sollten große Immobilienvermögen tendenziell noch nach altem Recht übertragen werden. Auch Übertragungen an entfernte Verwandte oder Personen die in keinem Verwandtschaftsverhältnis stehen, sollten möglicherweise noch nach altem Recht durchgeführt werden. Fragen Sie Ihren qualifizierten Berater, ob in Ihrem speziellen Fall schnelles Handeln erforderlich ist. Auf keinen Fall sollten Sie nur aus steuerlichen Gründen unüberlegt Ihr Vermögen übertragen.

Der Autor, Rechtsanwalt Dr. Ansgar Beckervordersandfort, hat sich im Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht spezialisiert.