Rechtliche Folgen des „Online-Bashing“

Datenschutzrecht
28.06.201776 Mal gelesen
Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet zu Rechten und Pflichten der Betreiber von Bewertungsportalen im Internet.

Fünf Sterne für Asia Sushi

 

Die Bewertungsplattformen im Internet erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Wer auf der Suche nach einem neuen Restaurant, einem Anwalt oder einem Zahnarzt ist, orientiert ich vornehmlich an dem Internetauftritt und den Bewertungen anderer Kunden.

 

Kein Wunder also, dass Bewertungsportale aus dem Boden schießen wie die Krokusse um Frühjahr. Für alles und jeden gibt es mittlerweile eigene Bewertungsportale - natürlich nicht immer kostenfrei, natürlich nicht immer seriös, aber immerhin zahlreich und alle irgendwie ähnlich. Aber wenn im Internet Geld zu holen ist, setzt ja in der Regel schnell das Goldgräberphänomen ein.

 

Unzufriedene Wutbürger auf freiem Fuß

 

Aber nicht jeder gibt eine Bewertung mit der Prämisse ab, seinen Mitbürgern die Suche erleichtern zu wollen oder ehrliche Komplimente für guten Service zu verteilen. Viele nutzen die Gelegenheit aber auch, um ihrer angesammelten Wut über die Gesellschaft, die Politik oder die eigene Ehefrau einmal Luft zu machen. Wer kennt das nicht? Es sind jene Bürger, die einem auf offener Straße minutenlang ins Gesicht brüllen, weil man mit dem halben linken Fuß auf dem Fahrradweg gelaufen ist.

 

Nun sind die Bewertungsplattformen in der Regel sogar anonym. Das heißt, wer sich im wirklichen Leben nicht traut zu sagen, was er wirklich denkt - wie einfach wäre denn: "Entschuldigen Sie, die Suppe ist leider etwas kalt, könnten Sie die noch einmal aufwärmen?" - lässt seinen Gedanken hinterher im Internet freien Lauf. Das sogenannte "Bashing" im Internet ist nicht nur auf Bewertungsportalen, sondern im gesamten Internet ein zunehmendes Problem.

 

Die Rolle der Plattformbetreiber

 

Ausgangspunkt des jüngst vom BGH entschiedenen Falles war eine schlechte Bewertung auf der Online-Plattform jameda. Diese hat sich auf Bewertungen von Arztpraxen spezialisiert. Ein Zahnarzt bat jameda zunächst, eine seiner Meinung nach unzutreffende schlechte Bewertung zu löschen. Das tat man auch zunächst. Später wurde die Bewertung aber wieder freigeschaltet mit der Begründung, man habe den Sachverhalt überprüft und die Bewertung für zutreffend gehalten.

 

Der Zahnarzt klagte vor Gericht auf Löschung der Bewertung aus reputationsrechtlichen Gründen. Die Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber für die Inhalte der von ihnen betriebenen Webseiten ist bis heute rechtlich umstritten. In die Nachrichten schaffte es zuletzt immer wieder die Frage, welche Kommentare Facebook in welchem Zeitraum unter welchen Voraussetzungen zu löschen hatte.

 

Die Grenzen der Meinungsfreiheit

 

Grundsätzlich haftet der Plattformbetreiber für widerrechtliche Inhalte erst ab Kenntnis von ihrer Rechtswidrigkeit. Das gelte grundsätzlich auch für Bewertungsplattformen, so die Richter des BGH im vorliegenden Fall. Das bedeutet zunächst, dass eine Löschungspflicht jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage erst dann bestehen kann, wenn der Betroffene sich an die Plattform wendet und auf Löschung besteht. Eine allgemeine Kontrollpflicht trifft das Unternehmen daher nicht.

 

Fraglich war im vorliegenden Fall aber vor allem, welche Pflichten die Betreiber genau treffen, sobald ein solcher Verstoß gemeldet ist. Hier kollidiert das Persönlichkeitsrecht des möglicherweise zu Unrecht bewerteten mit der Meinungsfreiheit und dem Verbraucherschutz. Schließlich ist die Anonymität des Bewertenden auch durch das Telemediengesetz (TMG) geschützt.

 

Anforderungen an Beweismittel strittig

 

Die Richter führten nun aus, dass den Plattformbetreiber weiterhin die Pflicht treffe, die Anonymität des Bewertenden zu wahren. Der Senat zeigte sich aber scheinbar sensibilisiert für die Folgen und Gefahren des Internet-Bashing für das Persönlichkeitsrecht und für aktuelle politische Entwicklungen. Daher legte er den Plattformbetreibern folgende, sehr umfangreiche Pflichten auf:

 

Die Plattform müsse den Bewertenden bei Anzeige eines Verstoßes um eine umfangreiche Beschreibung des angeblichen Behandlungskontakts bitten. Sie müsse sich Indizien und Beweise dafür vorlegen lassen, etwa Abrechnungen oder Dokumente. Und alle diese Informationen müssten anschließend an den Betroffenen weitergereicht werden. Der BGH begründet dies mit der anfänglich gesteigerten Gefahr von Persönlichkeitsverletzungen bei Bewertungsportalen.

 

Vereinbarkeit mit dem Datenschutzrecht?

 

Dabei lässt der BGH offen, wie diese Pflichten mit den Anforderungen des Datenschutzrechtes an die Betreiber in Einklang zu bringen sind. Denn gemäß § 12 TMG dürfen personenbezogene Daten nur dann weitergegeben werden, wenn dies eine einschlägige Vorschrift ausdrücklich vorsieht oder der Betroffene eingewilligt hat. Der BGH beantwortet diese Frage allein damit, dass die Pflicht zur Weitergabe nur solcher Informationen bestehen soll, die nicht unter § 12 TMG fallen.

 

Das beutetet in der Praxis jedenfalls die Schwärzung zahlreicher Details. Aber auch dann lässt sich aus Datum oder Uhrzeit sicherlich schnell ein Rückschluss auf die Identität des Bewertenden ziehen.  Wie dieser Konflikt zu lösen ist, bleibt abzuwarten.