Mehrkosten am Bau: Schlechter Preis bleibt schlechter Preis

Mehrkosten am Bau: Schlechter Preis bleibt schlechter Preis
29.05.2015867 Mal gelesen
Mehrmengen in VOB/B-Bauverträgen werden nach § 2 Abs. 3 VOB/B behandelt, nicht aber nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage). Hat der Bauunternehmer zu niedrig kalkuliert, wird auch bei Mehrmengen aus dem schlechten Preis kein guter.

OLG Köln, Urt. v. 30.12.2014 - 17 U 83/13

In einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall verlangte ein Bauunternehmer Mehrkosten, da archäologische Funde einen Kanalbau verzögert und beim Bauunternehmer Stillstandskosten verursacht hatten. Allerdings waren Stillstandskosten aufgrund "größerer archäologischer Funde" im Leistungsverzeichnis ausdrücklich berücksichtigt und mit Einheitspreisen versehen worden. Der Bauherr gestand dem Unternehmer auch Stillstandskosten zu, aber nur auf der Basis der vereinbarten Einheitspreise für die entsprechenden Positionen. Der Bauunternehmer argumentierte, dass mit Funden nur in einem bestimmten Schachtbereich zu rechnen war, nicht aber auf der gesamten Kanallänge und dass deshalb ein anderer - höherer - Preis als vereinbart gerechtfertigt ist.

Das OLG Köln entschied gegen den Bauunternehmer. Mit archäologischen Funden sei ausdrücklich gerechnet worden. Nur im Ausnahmefall sei davon auszugehen, dass eine bestimmte Menge zur Geschäftsgrundlage des Vertrages gemacht wurde. Die Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage seien im Regelfall nicht anzuwenden, da die VOB/B für Mehrkosten abschließende Regelungen enthalte, nämlich § 2 Abs. 3, 5 und 6 VOB/B. Damit hätten die Parteien eine ausdrückliche Regelung geschaffen, wie mit nicht vorhergesehenen Mengen- und Massenmehrungen, also Kostensteigerungen umzugehen sei. Der Bauunternehmer sei deshalb an seinen zu niedrig kalkulierten Preisen festzuhalten.

VOB/B: Mehrkosten bei Mengenänderungen

Kostensteigerungen am Bau können viele Ursachen haben, wobei die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) hierfür Regelungen bereithält:

- Abweichungen von den im Leistungsverzeichnis angesetzten Mengen von maximal 10% werden nicht berücksichtigt, die Vergütung erfolgt nach den vertraglichen Einheitspreisen.

- Bei Mengenüberschreitung von mehr als 10% ist die Vergütung anzupassen, auf Verlangen auch bei Mengenunterschreitung von über 10%.

- Bei Änderungen des Bauentwurfs oder Anordnungen des Auftraggebers ist ein neuer Preis für die betroffenen Positionen zu vereinbaren.

- Werden nicht im Leistungsverzeichnis vereinbarte, zusätzliche Leistungen gefordert, kann der Unternehmer eine gesonderte Vergütung verlangen, die er aber vor Beginn der Arbeiten ankündigen muss.

Guter Preis bleibt guter Preis - schlechter Preis bleibt schlechter Preis

Mengenüberschreitungen von mehr als 10% führen also zur Neuberechnung des Einheitspreises. Hierbei hat der Bauunternehmer seine Urkalkulation offenzulegen, zu zeigen, wie sich der von ihm kalkulierte Preis zusammensetzt (Einzelkosten der Teilleistung, Baustellengemeinkosten - BGK, Allgemeine Geschäftskosten - AGK, Wagnis und Gewinn) und darzustellen, welcher Teil des Preises sich durch die Mengenmehrung wie ändert. Bei Mehrkosten gilt: Guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis. Hatte der Bauunternehmer die Einzelkosten oder andere Preisbestandteile zu niedrig angesetzt, kann er diesen Fehler nicht bei der Neuberechnung korrigieren.

BGH: Festhalten an Urkalkulation ausnahmsweise sittenwidrig

In extremen Ausnahmefällen kann ein Festhalten an der Urkalkulation sittenwidrig sein. Kreatives, vorausschauendes Kalkulieren kann bedeuten, dass der Unternehmer die Positionen, die wahrscheinlich überschritten werden, zu teuer kalkuliert und die vermutlich weniger anfallenden Positionen billiger, um insgesamt noch einen günstigen Gesamtpreis anbieten zu können. Kommt es zu den vorausgesehenen Mengenmehrungen und -minderungen, erhöht sich automatisch der Gesamtpreis. Das entspricht zwar dem Grundsatz "Guter Preis bleibt guter - schlechter Preis bleibt schlechter", kann aber sittenwidrig sein, wenn der kalkulierte Preis in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Leistung steht (BGH v. 18.12.2008 - VII ZR 201/06: Sittenwidrige Überhöhung eines neu zu vereinbarenden Einheitspreises für Mehrmengen). Das ist aber, wie gesagt, der Ausnahmefall.

Rechtsanwalt Mathias Münch 
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
Lehrbeauftragter an der Beuth Hochschule für Technik

BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN

www.BRL.de
Mathias.Muench@BRL.de

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