Bella Italia: Wenn es in der Damenmoden-Boutique nach Pizza duftet!

Bauverordnung Immobilien
26.01.20071276 Mal gelesen

Reichlich Konfliktstoff birgt nicht nur die klassische Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern auch die nach WEG-Recht konzipierte Gemeinschaft von Teileigentümern mit gewerblichen Einheiten.


Vielfach werden nämlich heute auch Gewerbe-Immobilien, nicht zu Letzt aus steuerlichen Gründen, als Wohnungseigentum gebaut und genutzt, obwohl es sich überhaupt nicht um Wohnungen, sondern um Ladengeschäfte und Gaststätten handelt. Typische Beispiele sind kleinere Einkaufszentren und Stadtteilzentren mit Mini-Markt, Backshop und Metzgerladen, etc. im Erdgeschoss und Arztpraxis und Büroräumen in den höheren Etagen.


Das Oberlandesgericht München hat sich jetzt aktuell mit einer Sachlage auseinandergesetzt, die in diesen WEG-Einheiten häufig vorkommt:


Der Aufteilungsplan und die Gemeinschaftsordnung erlaubten unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten, da sich im Laufe der Zeit zeigte, dass das ursprüngliche Konzept der Realität nicht standhielt und überarbeitet werden musste.


Im konkreten Fall ging es um eine solche Gewerbe-Immobilie mit einer gemischten Nutzung von Geschäften und Gastronomie.
Während im Aufteilungsplan eine konkrete Fläche als "Bistro/Cafe" ausgewiesen war, erlaubte die Gemeinschaftsordnung ein "Gewerbe jeder Art" und es erfolgte eine Nutzung als Pizzeria, was ja durchaus noch sehr Nahe an dem ursprünglichen Konzept lag.


Der Eigentümer der benachbarten Teileinheit vermietete diese an eine Boutique mit Damen-Oberbekleidung und Mode-Accessoires. Letztlich verlangte der Teileigentümer dann Schadensersatz, da die Immissionen aus der Pizzeria in der Boutique zu riechen waren (Geruchsbelästigung), sodass er eine Mietminderung hin zu nehmen hatte. Insoweit wäre auch das Lüftungssystem nicht ausreichend.


Der Teileigentümer der Boutique berief sich hierbei auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906, Absatz 2 BGB analog.


Das Oberlandesgericht München erteilte dem allerdings mit Beschluss vom 09.10.2006 (Aktenzeichen: - 32 Wx 116/06 -) eine klare Absage, mit einer im Ergebnis richtigen Begründung:

Die nach der Gemeinschaftsordnung zulässige Nutzung als Pizzeria und die damit einhergehenden Immissionen müssen grundsätzlich hingenommen werden, da die übrigen gaststättenrechtlichen Vorschriften eingehalten wurden.

Ob der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch überhaupt für das Rechtsverhältnis der Teileigentümer anwendbar sei, hat das Oberlandesgericht überhaupt nicht entschieden. Hierzu werden auch in der Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten und es ist für jeden Einzelfall eine gesonderte Beurteilung vorzunehmen.

Der Teileigentümer der Pizzeria hat nämlich in jedem Fall nur im Rahmen des §14 Nummer 1 WEG Gebrauch von seinem Eigentum gemacht und sich im Rahmen des von der Gemeinschaftsordnung gedeckten Gebrauches gehalten, gemäß §15 WEG.
Was das Lüftungssystem betraf, musste sich der Teileigentümer der Boutique entgegen halten lassen, dass der andere Teileigentümer zu einer Veränderung nicht berechtigt sei, da die Lüftung ja im Gemeinschaftseigentum aller steht.

Im Ergebnis haben sich die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechtes zum Nachteil des Teileigentümers ausgewirkt, da ein reiner Grundstücksnachbar natürlich Veränderungen der Lüftung vornehmen kann.

Wer also Teileigentum an einer Gewerbe-Immobilie erwerben möchte, sollte in jedem Falle die konkrete Rechtslage klären lassen, um im Nachhinein vor bösen Überraschungen sicher zu sein.


Ulf Linder
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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