Unfallflucht Teil 2 (rechtliche Grundlagen)

Autounfall Verkehrsunfall
12.03.20081514 Mal gelesen

Dieser Beitrag setzt sich mit der Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Ermöglichung nachträglicher Feststellungen (§ 142 Abs. 2 StGB) auseinander. Zugleich wird mit diesem Beitrag der Beitrag vom 07.03.2008 (Unfallflucht Teil 1) fortgesetzt.

Nach § 142 Abs. 2 StGB handelt tatbestandsmäßig derjenige, welcher sich vom Unfallort entfernt, ohne die in § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Feststellungen ermöglicht und die erforderlichen Angaben zu seiner Beteiligung gemacht zu haben.

Es sollte auf jeden Fall beachtet werden, dass der Straftatbestand des § 142 StGB in mehreren Varianten verwirklicht werden kann.

Während § 142 Abs. 1 StGB nur dann anwendbar ist, wenn feststellungsberechtigte und -bereite Personen anwesend sind, schließt § 142 Abs. 2 StGB die Lücke, dass sich der Täter vom Unfallort berechtigterweise entfernt, aber die erforderlichen Feststellungen nicht nachträglich nachholt.

 
Entfernen vom Unfallort nach Ablauf der Wartefrist (berechtigt oder entschuldigt)

Der Täter, welcher sich vom Unfallort im Zustand alkoholbedingter Schuldunfähigkeit entfernt, macht sich grundsätzlich wegen Vollrausches (§ 323a StGB) strafbar. Eine weitere Strafbarkeit wegen Unfallflucht käme in Betracht, wenn der Täter nach dem Ende seines Rausches nicht unverzüglich die erforderlichen Feststellungen ermöglicht. Doch muss der (schuldunfähige) Täter von einem Unfall Kenntnis haben, was regelmäßig beim so genannten "black-out" nicht der Fall ist.

Deshalb hat es sich in der Praxis inzwischen eingebürgert, dass nur entweder wegen Vollrausch oder wegen Unfallflucht ermittelt und ggf. angeklagt wird. 

Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), wonach das unvorsätzliche Entfernen vom Unfallort als "entschuldigt" im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB verstanden wurde und somit "durch die Hintertür" eine Bestrafung möglich machte, wurde durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Az.: 1 BvR 2273/06, NJW 2007, 1666) überholt und als eideutiger Verfassungsverstoß (Verbot gegen die strafbegründende Analogie) gebrandmarkt!

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dazu ergangenen umfangreichen Hinweise in diesen Rechtstipps verwiesen. Die Entscheidung kann auch auf der Internetpräsenz des BVerfG nachgelesen werden.

Problematisch ist allerdings die Tatsache, dass ein Unfallbeteiligter von Dritten vom Unfallort entfernt wird (Abtransport mit Krankenwagen oder der Fahrer fährt gegen den Willen des Beifahrers weiter). Ob den von Dritten Entfernten die Pflicht trifft entsprechende Feststellungen nachträglich zu ermöglichen ist umstritten. Während die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon ausgeht, dass den Entfernten keine nachträgliche Feststellungspflicht treffe (vgl. Fischer, Komm. zum StGB, § 142, Rn. 22 m.w.N.), hat das Bayerische Oberste Landgericht (BayObLG, NJW 1982, 1059) eine solche nachträgliche Feststellungspflicht bejaht.

Wie man sich tatsächlich richtig verhält, wird durch eine häufig uneinheitliche Rechtsprechung zunehmend erschwert. Hier bedarf es frühzeitiger und geschulter Verteidigung, um den Ermittlungsbehörden rechtzeitig den Wind aus den Segeln zu nehmen

Die Rechtsanwälte Stüwe & Kirchmann, Goethestraße 11, 42489 Wülfrath, Tel.: 02058 . 1799214, Fax: 02058 . 1799215, Email: info@rastuewe.de, http://www.RAStuewe.de, sind schwerpunktmäßig im Verkehrsrecht tätig und verteidigen deutschlandweit.

 
Unverzügliche Ermöglichung nachträglicher Feststellungen

Unverzüglich bedeutet nicht "sofort"!

Der Unfallbeteiligte muss aber nach dem Wegfall derjenigen Gründe, welche ihm ein strafloses Verlassen des Unfallortes erlaubt haben, seiner Pflicht zur Ermöglichung der Feststellungen nachkommen. 

Die maßgebende Frist ist unter Berücksichtigung des von § 142 StGB geschütztn zivilrechtlichen Beweissicherungs- und Ersatzinteresses zu bestimmen. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalls maßgebend (Art und Zeit des Unfalls; Höhe des entstandenen Schadens; Aufklärungsbedürftigkeit etc.).

Unfälle mit Personenschäden oder erkennbar hohen Sachschäden sowie eine ungeklärte Schuldfrage verpflichten jeden Unfallbeteiligten zu größerer Eile als ein geringer Sachschaden bei eindeutiger Ersatzpflicht (Landgericht Zweibrücken, ZfS 1998, 72.).

Bei einem nächtlichen Unfall mit Sachschaden und einfacher Sach- und Rechtslage (Beschädigung von Verkehrszeichen, Leitplanken, Leitungsmasten, abgestellter Pkw'en oder Bäumen) ist eine Meldung bis zum nächsten Morgen - bis etwa 09.00 - 10.00 Uhr in der Regel (!) noch unverzüglich (OLG Zweibrüccken, DAR 1991, 352; OLG Köln, DAR 1989, 352.). Teilweise wurde in der Rechtsprechung noch eine Meldung bis 11.15 Uhr als ausreichend angesehen, wenn geringer Sachschaden vorliegt (OLG Stuttgart, VRS 60, 300; AG Homburg, ZfS 2006, 631 f. - wobei hier die Art der Verteidigung ausschlaggebend gewesen ist.).

 
Adressat der Mitteilung

Der Unfallbeteiligte kann die Angaben nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB grundsätzlich gegenüber dem Geschädigten oder einer nahegelegenen Polizeidienststelle machen.

Grundsätzlich kann der Unfallbeteiligte zunächst versuchen den Geschädigten zu erreichen. Verletzt er aber im Rahmen dieses Versuchs das Unverzüglichkeitsgebot, weil er den Geschädigten nicht erreichen kann, dann wird ihm diese Verletzung zum Verschulden gereichen. Es ist also Vorsicht geboten.

Unter Umständen sollte man schon nach dem Unfall über das Mobiltelephon mit dem Polizei-Notruf Kontakt aufnehmen und die Angaben zur Unfallbeteiligung machen.

 
Inhalt der Mitteilung

Was Inhalt der Mitteilung ist, steht in § 142 Abs. 3 StGB geschrieben. Danach muss der Unfallbeteiligte mitteilen, dass er an einem Unfall beteiligt war, wo er und das am Unfallbeteiligte Fahrzeug sich befinden. Er muss das unfallbeteiligte darüber hinaus für etwaige Feststellungen / Unfallspuren ggf. kurzfristig zur Verfügung stellen. 

Die Rechtsanwälte Stüwe & Kirchmann, Goethestraße 11, 42489 Wülfrath, Tel.: 02058 . 1799214, Fax: 02058 . 1799215, Email: info@rastuewe.de, http://www.RAStuewe.de, sind schwerpunktmäßig im Verkehrsrecht tätig und verteidigen deutschlandweit.