PoliScan Speed: Messsystem mit (Schönheits-) Fehlern

Autounfall Verkehrsunfall
07.05.20121475 Mal gelesen
PoliScan Speed ist über den Zweifelssatz (in dubio pro reo) angreifbar.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist das Messsystem PoliScan Speed seit der Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss v. 20.01.2010, IV-5 Ss (OWi) 206/09 - (OWi) 178/09 I) ein standardisiertes Messverfahren.

Standardisiert ist ein Messverfahren, wenn bei gleichen Betriebsvoraussetzungen immer wieder gleiche Ergebnisse zu erwarten sind.

Das OLG Düsseldorf hatte als Begründung für eine Standardisierung angeführt:

 

"Unter einem standardisierten Messverfahren ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGHSt 43, 277). Hierzu zählen insbesondere Lasermessverfahren, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zur innerstaatlichen Eichung zugelassen ist (vgl. BGH, a.a.O.)."

 

Die wesentliche Begründungsformel lautete damals also, das Verfahren, welche durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zugelassen sind, standardisiert sind. Da alle Geschwindigkeitsmessverfahren in Deutschland durch die PTB zugelassen werden müssen, sind alle Verfahren auch standardisiert.

Das Oberlandesgericht hat hier mit einem klassischen Zirkelschluss argumentiert.

 

Inzwischen sind die Amts- und Obergerichte allerdings nicht mehr so schnell mit dem Argument eines "standardisierten Messverfahrens" bei der Hand. Schon eine schriftliche Stellungnahme zum Prozessauftakt führt in der Regel dazu, dass der Umfang der Beweisaufnahme erheblich erweitert wird.

 

Einige Obergerichte sind inzwischen auch (stillschweigend) dazu übergegangen, bei PoliScan Speed nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren auszugehen.

 

Im Rahmen der Befragung der Messbeamten ergibt sich in der Regel, dass das Messgerät jenseits der Fahrbahn aufgebaut wird. Das macht auch insofern Sinn, weil durch die Vibrationen der vorbeifahrenden Fahrzeuge das Gerät nach der Einrichtung / Adaption verstellt werden kann. Dadurch kann ein so genannter Cosinus-Effekt auftreten, der - wenn man die Messung von diesem Fehler bereinigt - einen Abzug von 1 km/h notwendig macht.

Bei dem einen oder anderen entscheidet das über die Verhängung eines Fahrverbotes.

 

In der Regel ist es sinnvoll, einen Beweisantrag auf Einholung eines verkehrstechnischen Sachverständigengutachtens einzuholen, um damit die Verschiebung der Fotoposition innerhalb der Messreihe zu behaupten und nachzuweisen.

 

Inzwischen ist der Hersteller wiederholt dazu übergegangen die Breite des Auswerterahmens von mindestens 40cm auf 80cm und wieder auf 40cm zu begrenzen.

Hier gab und gibt es weiterhin erhebliche technische Probleme die Auswertung der Messergebnisse beweissicher einem Fahrzeug zuzuordnen.

 

Der Hersteller hatte zunächst mitgeteilt, dass die Höhe des auf dem Beweisbild abgebildeten Auswerterahmens 1m betragen müsse. Inzwischen ist man irgendwo bei 90cm angekommen. Auch ist die feste Größe inzwischen vom Hersteller aufgeweicht worden.

Eine Zeit lang hatte man eine so genannte Referenzlinie oberhalb des Auswerterahmens eingeblendet, um die Größen des Auswerterahmens besser bestimmen zu können. Auch das ist bereits wieder überholt.

In den allermeisten Verfahren konnte nachgewiesen werden, dass die jeweiligen Größen nicht passten. Der Hersteller hat sich dann in der Regel mit dem Argument herausgeredet, dass die Angaben in den jeweiligen Bedienungsanleitungen auf Schreibfehlern beruhten.

 

Sachverständige kommen bei PoliScan Speed regelmäßig zu dem Ergebnis, dass die jeweils begutachteten Messungen aus- und verwertbar seien.

Erst im Rahmen anwaltlicher (Intensiv-) Befragung stellt sich dann heraus, dass der Sachverständige die Messung nur theoretisch überprüfen kann.

Diese Aussage muss im Rahmen einer Hauptverhandlung natürlich ins Protokoll (§ 273 Abs. 3 Satz 1 Strafprozessordnung); noch besser, wenn sie bereits im Gutachten steht. Eine solche Aussage sagt nämlich nur:

 

"Es ist sehr gut möglich, dass die (konkrete) Messung richtig ist."

 

Da eine Möglichkeit allerdings nicht für eine Verurteilung ausreicht, muss dieses Problem dem Gericht entsprechend dargeboten werden.

 

Dies geschieht anhand einer Chronologie der Änderungen des Messgerätes, deren Auswirkungen und mit Hilfe des jeweiligen Sachverständigen und dessen "theoretischen" Wissen. Natürlich muss von Anfang an eine gute Kommunikation zum Gericht aufgebaut werden.

 

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