Diskriminierung von Ungeimpften | Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz

Diskriminierung von Ungeimpften - Was tun?
14.05.2022660 Mal gelesen
Im Verlaufe der Pandemie wurden Ungeimpfte im öffentlichen Leben oder am Arbeitsplatz unterschiedlich behandelt. Handelt es sich um verbotene Diskriminierungen?

Worauf können sich Personen, die eine Benachteiligung aufgrund ihres Impfstatus erfahren haben, berufen?

Seit dem 20. März gilt die neue Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Dieses bekräftigt die individuellen Bundesländer eigene Schutzvorkehrungen zu ermitteln und festzulegen. 

Dabei ist jedoch der Katalog an möglichen Maßnahmen deutlich auf Bereiche wie den öffentlichen Personenverkehr, Unterkünfte für Geflüchtete und medizinische Einrichtungen, darunter Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Arztpraxen etc., beschränkt. In diesen Bereichen können Maßnahmen wie die Maskenpflicht weiterhin angeordnet werden. 

 

Ungleichbehandlung ungeimpfter Personen - Keine Lohnfortzahlung im Falle einer Erkrankung mit Corona?

Ungeimpfte Personen können, auch mit der neuen Fassung des Infektionsschutzgesetzes und dem damit verbundenen Wegfall vieler Corona-Schutzmaßnahmen, von Benachteiligungen betroffen sein.

 

Ein Beispiel hierfür wäre, dass der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Falle eines Krankheitsfalls wegen Corona verwehrt. Eine Entschädigung dafür kann seit dem 1. November 2021 nicht mehr durch das Infektionsschutzgesetz erlangt werden. Hinsichtlich § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG erhalten diejenigen keine Entschädigung, die durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. Ausgenommen von dieser Regelung sind jene Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen konnten und dies durch ein entsprechendes Attest belegen können.

 

Wer an Covid-19 erkrankt und nicht geimpft wurde, kann nach wie vor einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankheitsgeld gem. § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz geltend machen. Auch spielt es keine Rolle, wenn hinsichtlich der Erkrankung eine Quarantäne behördlich angeordnet wurde. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht jedoch dann nicht, wenn die Erkrankung vom Betroffenen selbst verschuldet wurde. Diesbezüglich ist es noch nicht ausreichend, dass beispielsweise eine Reise in ein Risikogebiet getätigt wurde. Vor allem dann, wenn die empfohlenen Verhaltensregeln eingehalten wurden. Außerdem kommt es darauf an, ob der betroffene Arbeitnehmer die Erkrankung leichtfertig oder sogar vorsätzlich herbeigeführt hat. Wann ein solcher Fall vorliegt, hängt jedoch von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) können sich hinsichtlich Benachteiligungen aufgrund des Impfstatus nicht unmittelbar ergeben, da der Impfstatus als solcher nicht unter die, in § 1 AGG, geschützten Merkmale fällt. Allenfalls können Ansprüche entstehen, wenn es zu Benachteiligungen wegen einer fehlenden Impfung kommt, jene aber zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft oder anderer medizinischer Gründe nicht wahrgenommen werden konnte. In einem solchen Falle könnte eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts angenommen werden. Ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls von einem Gericht zu bestimmen.

 

Zutrittsverbote zum Arbeitsplatz bei fehlender Impfung?

Ebenfalls könnte es zu Diskriminierungen ungeimpfter Arbeitnehmer kommen, indem diesen der Zutritt zum Arbeitsplatz unter der Voraussetzung erlaubt wird, wenn diese einen Impfnachweis vorlegen. Zu solch einem Fall könnte es kommen, wenn Arbeitgeber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Mit dem Hausrecht ist es Arbeitgebern möglich, im Einzelfall zu entscheiden, wem Zutritt zum Betrieb gewährt wird. 

 

Allgemein besteht jedoch Uneinigkeit, ob einem Arbeitgeber ein solches Fragerecht bezüglich des Impfstatus seiner Arbeitnehmer überhaupt zusteht. Dies ruft primär datenschutzrechtliche Probleme hervor, da die geforderten Informationen zum Impfstatus des Arbeitnehmers schützenswerte Gesundheitsdaten gem. Art. 9 Datenschutz-Grundverordnung sind. Folglich könnte der Arbeitgeber gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB verstoßen. Demzufolge ist eine Benachteiligung von Beschäftigten untersagt, wenn diese zulässigerweise ihre Rechte ausüben. Infolgedessen, dass derzeit keine rechtsverbindliche Impfpflicht in Deutschland besteht, könnte eine durch § 612a BGB untersagte Benachteiligung vorliegen, wenn Arbeitnehmern der Zugang zum Arbeitsplatz nur durch das Vorlegen eines Impfausweises gestattet wird.

 

Diskriminierung durch Kollegen am Arbeitsplatz

Diskriminierende Handlungen oder Mobbing können am Arbeitsplatz auch durch Arbeitskollegen durchgeführt werden. Kommt es zu solche einem Fall, sollten jegliche diskriminierenden Handlungen dokumentiert werden und mit dem Arbeitgeber über die Situation gesprochen werden. 

 

Werden ungeimpfte Personen wegen ihres Impfstatus diskriminiert oder werden zu Betroffenen von Mobbing, stehen diesen Personen mögliche Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht unmittelbar zu. Entsprechend dem AGG werden unmittelbar die in § 1 AGG aufgeführten Merkmale vor Ungleichbehandlungen geschützt. Der Impfstatus als solcher ist nicht als geschütztes Merkmal erfasst. Eventuell können sich Ansprüche aus dem AGG ergeben, wenn eine Person eine Impfung beispielsweise wegen einer Schwangerschaft oder anderer medizinischer Gründe nicht wahrnehmen konnte. Derartige mittelbare Diskriminierungen sind vom Schutz des AGG umfasst. In diesen Fällen sollten Betroffene vermeintliche Diskriminierungen dokumentieren und Kontakt mit einem Anwalt aufnehmen. 

 

Nehmen diskriminierenden Handlungen ein ernsteres Maß an, beispielsweise, wenn Betroffene körperlich verletzt/misshandelt werden, könnten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld beispielsweise gem. §§ 823ff., 249 ff. und 253 II BGB begründet werden. Wann die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch erfüllt sind, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen.

 

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Dieser Artikel dient lediglich zu Informationszwecken und ersetzt keine individuelle anwaltliche Beratung!

 

Quellen

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/projekte/Corona/geimpft_genesen/geimpft_genesen_node.html#:~:text=aus zwingenden medizinischen Gründen nicht,besondere Diskriminierungsschutz des AGG nicht.

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/projekte/Corona/geimpft_genesen/geimpft_genesen_node.html#:~:text=aus zwingenden medizinischen Gründen nicht,besondere Diskriminierungsschutz des AGG nicht

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/aenderung-ifsg-maskenpflicht-hausrecht-supermaerkte-unternehmen-corona-rechtsfragen-praktische-probleme/ 

https://verfassungsblog.de/privilegien-diskriminierung-oder-was/

https://www.nzz.ch/meinung/corona-impfpass-der-vorwurf-der-diskriminierung-greift-zu-kurz-ld.1590674

https://www.arbeitnehmerkammer.de/service/bam/ausgaben/ausgabe-septemberoktober-2016/arbeitsrechts-infos-rund-um-das-coronavirus.html 

https://rechtsanwaltkaufmann.de/allgemeinrecht/diskriminierung-ungeimpfter

 

Bildquelle

Foto von Yan Krukov von Pexels