Aktuell BAG: Betriebsübergang eines Callcenters - Entscheidung vom 25. Juni 2009

Arbeit Betrieb
28.06.2009 1364 Mal gelesen

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Pressemitteilung Nr. 66/09 - Urteil vom 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 - mitgeteilt:

"Übernimmt ein neu gegründetes Unternehmen die Aufgaben eines bisher für einen Konzern tätigen Callcenters, so kann auch dann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn das neue Unternehmen wesentlich erweiterte und komplexere Callcenter-Dienstleistungen anbietet. Voraussetzung ist jedoch, dass ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals übernommen wird. Dies gilt auch dann, wenn die übernommenen Mitarbeiter - aufbauend auf ihren bisherigen Fähigkeiten und Kenntnissen - noch zusätzlich geschult werden müssen, um die neuen Aufgaben erledigen zu können".

In dem entschiedenen Fall betrieb die Beklagte zu 1) ein Callcenter, das für die A-Gruppe tätig war. Die Klägerin war dort als Trainerassistentin beschäftigt. Am 30. August 2006 wurde die Beklagte zu 2) gegründet. Diese führte die Dienstleistungen der Beklagten zu 1) fort, allerdings in komplexerem Umfang. Sowohl die Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) sind 100 %ige Tochterunternehmen der A-Gruppe. Am 30. Juni 2006 entschied sich die Beklagte zu 1) für die Schließung ihres Callcenters zum 31. März 2007. Die Beklagte zu 2) hatte allen unbefristet Beschäftigten der Beklagten zu 1) den Abschluss neuer Arbeitsverträge zu geänderten Bedingungen angeboten. Von den 256 unbefristet Beschäftigten nahmen 161 dieses Angebot an. Die Klägerin lehnte es ab. Die ca. 170 befristet eingestellten Mitarbeiter der Beklagten zu 1) erhielten kein derartiges Angebot.. Auf Bewerbungen bei der Beklagten zu 2) hin stellte diese aber einen Großteil dieser Arbeitnehmer ein. Die Beklagte zu 1) kündigte der Klägerin am 29. September 2006 zum 31. März 2007.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.Die Klägerin ist der Auffassung, es habe ein Betriebsübergang vorgelegen. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin jedoch Recht. Es stellte fest, dass ein Betriebsübergang vorliegt, weil bei dem von der Beklagten zu 1) betriebenen Callcenter für die wirtschaftliche Wertschöpfung die Tätigkeit der Mitarbeiter und nicht sächliche Betriebsmittel im Vordergrund standen. Die Beklagte zu 2) hat einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals der Beklagten zu 1) übernommen. Das Erfordernis der Sachkunde ist auch dann erfüllt, wenn die übernommenen Mitarbeiter - aufbauend auf dem bereits vorhandenen Wissen und Können - noch weiter geschult werden müssen, um die komplexeren neuen Aufgaben bei dem Betriebsübernehmer erfüllen zu können.
 
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2008 - 12 Sa 1719/07 -

Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil verkauft wird. § 613a BGB sieht in diesem Falle zum Schutz des Arbeitnehmers vor, dass der Erwerber in das bestehende Arbeitsverhältnis eintritt und sich dieses für die Dauer eines Jahres nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers ändern darf. Ein Indiz für einen Betriebsübergang ist die Übernahme ein nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals.

 
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