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Zum leitenden Angestellten kann man nicht befördert werden. Auch die ausdrückliche Bezeichnung oder Vereinbarung im Arbeitsvertrag, als leitender Angestellter eingestellt zu werden, macht einen Angestellten noch nicht zum "Leitenden" im Sinne des Arbeitsrechts.
Titularprokuristen beispielsweise, die in der Unternehmenshierarchie durchaus höher angesiedelt sein können, gelten arbeitsrechtlich, speziell kündigungsrechtlich, nicht etwa kraft Titels als leitende Angestellte. In der arbeitsrechtlichen Praxis zeigt sich immer wieder, dass Arbeitnehmer, die in Arbeitsverträgen als leitende Angestellte bezeichnet werden, meistens nicht die dazu erforderlichen (kündigungsrechtlichen) Voraussetzungen erfüllen. Dies mag viele vermeintlich "Leitende" erschrecken, im Falle einer Kündigung ist es für diese Gruppe der Angestellten aber deutlich vorteilhafter, "normaler" Arbeitnehmer zu sein.
Bei "normalen" Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber im Rahmen von § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG genau darlegen, warum eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist. An die Auflösungsgründe stellt das Kündigungsschutzgesetz dabei strenge Anforderungen, die das Gericht umfassend abzuwägen und zu würdigen hat. Bei "normalen" Arbeitnehmern gilt üblicherweise Bestandsschutz, der es dem Arbeitnehmer ermöglicht, für den Erhalt seines Arbeitsplatzes zu kämpfen.
Leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG haben zwar ebenfalls grundsätzlich Kündigungsschutz, im Gegensatz übrigens zu sogenannten Organmitgliedern im Sinne des § 14 Abs. 1 KSchG. Leitende haben während des Kündigungsschutzprozesses einen arbeitsvertraglichen Weiterbeschäftigungsanspruch, allerdings nur so lange, bis der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG stellt. Leitende Angestellte können nur eingeschränkten Bestandsschutz beanspruchen wegen der beiden in § 14 Abs. 2 KSchG genannten Ausnahmen: Ihnen ist zum einen die Möglichkeit verwehrt, gegen die Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einzulegen, § 3 KSchG. Zum anderen, und das ist in der Praxis bedeutsamer, müssen Arbeitgeber ihren Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Gerichtsurteil, abweichend von § 9 Abs. 1 KSchG, gegenüber leitenden Angestellten nicht begründen, selbst dann nicht, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Allerdings sollten Arbeitgeber dem Gericht gleichwohl gute Gründe für den Auflösungsvertrag vortragen, um die vom Arbeitsgericht festzusetzende Abfindung nach § 10 KSchG nicht in die Höhe zu treiben.
Leitende Angestellte können also die Rechtmäßigkeit ihrer Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht überprüfen lassen. Der Kündigungsschutz der Leitenden ist aber dahin eingeschränkt, als Arbeitgeber sogar bei rechtswidriger Kündigung Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stellen dürfen.
Diese erheblichen Einschränkungen des Kündigungsschutzes leitender Angestellter hat der Gesetzgeber zugelassen, weil zwischen Arbeitgeber und leitendem Angestellten ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, das in der Regel eine erfolgreiche Zusammenarbeit erst ermöglicht.
Wann ist man ein "Leitender"?
Unter drei - kumulativ vorliegenden - Voraussetzungen wird ein Angestellter als "Leitender" angesehen, vgl. § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG:
1. Funktion als Geschäftsführer oder Betriebsleiter oder ähnlich sonstigem leitenden Angestellten
2. Eigenschaft als "leitender Angestellter"
3. Berechtigung zur selbständigen Einstellung oder Entlassung.
Die Begriffe Geschäftsführer und Betriebsleiter sind dabei nicht im gesellschaftsrechtlichen Sinne auszulegen, sondern untechnisch zu verstehen. Die Arbeitnehmer sind als leitende Angestellte anzusehen, die dem Unternehmen im Auftrag seiner Inhaber leitend vorstehen, sei es im organisatorischen, kaufmännischen, technischen oder personellen Bereich. Auch der Begriff des Betriebsleiters ist auszulegen als jemand, der einen abgrenzbaren Teil des Unternehmens eigenverantwortlich führt und dabei bedeutungsvolle unternehmerische Teilaufgaben wahrnimmt. "Ähnlich leitende Angestellte" haben dabei im personellem oder wirtschaftlichen Bereich bedeutende Befugnisse für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs oder des Unternehmens.
Grenzt man den leitenden Angestellten von den anderen Arbeitnehmern ab, so muss er also unternehmerisch und eigenverantwortlich tätig sein.
Die Berechtigung zur selbständigen Einstellung oder Entlassung ist im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz das wohl wichtigste Kriterium eines leitenden Angestellten.
- Die Personalkompetenz muss bei Zugang der Kündigung vorliegen bzw. im Anstellungsvertrag vereinbart sein.
- Die Einstellungs- und Entlassungsberechtigung muss sich sowohl auf das Innen- als auch auf das Außenverhältnis beziehen. Allein das interne Dürfen oder das externe Können genügt nicht.
- Die Berechtigung zur "selbständigen" Einstellung oder Entlassung liegt nicht vor, wenn die personelle Maßnahme von der Zustimmung anderer abhängt.
- Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen, also die Tätigkeit prägen
- Die Einstellungs- und Entlassungsberechtigung muss sich auf eine erhebliche Zahl von Beschäftigten beziehen. Deren Zahl kann geringer sein, wenn die Mitarbeiter ihrerseits die ihnen nachgeordneten Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen dürfen.
Anmerkung: Diese Voraussetzungen des leitenden Angestellten in § 14 Abs. 2 KSchG sind weiter als die im Betriebsverfassungsrecht, wo § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG die Berechtigung zur Einstellung und Entlassung zugleich verlangt.