Gerichtlicher Vergleich mit Erledigungsklausel greift auch zugunsten des Geschäftsführers

Gerichtlicher Vergleich mit Erledigungsklausel greift auch zugunsten des Geschäftsführers
09.04.20131022 Mal gelesen
Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich auf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Ausschlussfristen berufen. Sonst könnte das Eingreifen der Ausschlussfristen dadurch umgangen werden, dass der Arbeitnehmer (auch) dessen Geschäftsführer in Anspruch nimmt, meint das Arbeitsgericht Essen.

Ein ehemaliger Mitarbeiter eines kirchlichen Unternehmens wurde wegen diverser Pflichtverstöße, unter anderem auch wegen diverser sexueller Belästigungen mehrfach abgemahnt. In einem gerichtlichen Vergleich kamen der Mitarbeiter und das Unternehmen darüber überein, dass die Abmahnungen wegen sexueller Belästigungen aus der Personalakte zu entfernen seinen. Später wurde dem Mitarbeiter die Kündigung ausgesprochen. Im Kündigungsschutzverfahren wurden Mitarbeiter und Unternehmen in einem gerichtlichen Vergleich darin einig, dass das Arbeitsverhältnis durch "arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen" beendet wird. Ferner enthielt der Vergleich diverse Ansprüche auf Geldzahlungen für den ehemaligen Mitarbeiter, einen Anspruch auf Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt und den Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen nicht behindert. Der Vergleich schließt mit der üblichen Erledigungserklärung, dass mit dem Vergleich sämtliche benannten oder unbekannten Ansprüche abgefunden seien.

Dem Arbeitsvertrag lag ferner der kirchliche Tarifvertrag zugrunde, der eine Klausel enthält, dass sämtliche Ansprüche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Mitarbeitenden oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.

Entgegen dem Vergleich verlangt der Mitarbeiter kurze Zeit später vom Geschäftsführer des Unternehmens, bei dem er beschäftig war, ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000,00 Euro und zudem auch alle künftigen materiellen und immateriellen, aus seinem Verhalten herrührenden Schäden. Durch sein Verhalten als Geschäftsführer ihm gegenüber, sei er nämlich psychisch erkrankt. Der Vorwurf des Geschäftsführers der  sexuellen Belästigung einer Arbeitskollegin habe dazu geführt, dass sich seine Familie von ihm abgewandt habe; seine Ehefrau habe sich scheiden lassen wollen, und seine Tochter habe den elterlichen Haushalt deswegen verlassen und jeden Kontakt zu ihm abgebrochen. An all diesem Unglück sei nur der Geschäftsführer schuld und deshalb habe dieser ihm Schadensersatz und Schmerzensgeld zu zahlen.

Der Geschäftsführer lehnt die geltend gemachten Ansprüche ab. Es sei selbstverständlich, dass ein Geschäftsführer gegenüber einem Arbeitnehmer auch mit dem üblichen arbeitsrechtlichen Mittel der Abmahnung reagieren müsse, wenn er von einem Verhalten erfahre, das abmahnungswürdig sei, weil es die Ordnung des Betriebes in erheblicher Weise gefährde oder verletze. Dafür könne der abzumahnende Mitarbeiter nicht auch noch Schadensersatz beanspruchen. Auch könne er wegen der Erledigungsklausel im gerichtlichen Vergleich keine Ansprüche mehr erheben.

Das Gericht weist die geltend gemachten Ansprüche ab. Auf eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich könne sich, da nicht die GmbH, sondern nur der Geschäftsführer Täter einer unerlaubten Handlung sein kann, auch eben dieser  berufen. Mit einer Erledigungsklausel, die "sämtliche wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund" erfasst, soll verhindert werden, dass im Nachgang zu dem Vergleich etwaige weitere finanzielle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, wie Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, zum Gegenstand neuer rechtlicher Auseinandersetzungen werden. Schon aus diesem Grunde stehen dem Mitarbeiter keinerlei Ansprüche gegen den Geschäftsführer zu. Schließlich seien die streitgegenständlichen Ansprüche auch gemäß der Ausschlussklausel im Tarifvertrag verfallen, da der Mitarbeiter sie nicht binnen der Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht habe.

Nach alledem hat das Arbeitsgericht die Klage vollumfänglich abgewiesen.

(Quelle: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 12.06.2012; 2 Ca 482/12)

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