Schwangere GmbH-Geschäftsführerin- aktuelle EuGH-Entscheidung

Arbeit Betrieb
09.12.20111210 Mal gelesen
Der EuGH hat festgestellt, dass eine GmbH-Geschäftsführerin im unionsrechtlichen Sinne Arbeitnehmerin ist und unter die Mutterschutzrichtlinie fällt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Rechtslage.

GmbH-Geschäftsführerinnen sind nach deutscher Rechtslage grundsätzlich keine Arbeitnehmerinnen und unterfallen daher auch nicht dem Mutterschutzgesetz. Sie können daher auch während der Schwangerschaft und des Mutterschutzes abberufen werden.

Der GmbH-Geschäftsführer übt nämlich als Organ der juristischen Person Arbeitgeberfunktionen aus und steht daher nach deutscher Rechtlage gerade nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft. Lediglich in Ausnahme- und Einzelfällen kann ein Fremdgeschäftsführer, der gemeinsam mit anderen Geschäftsführern die Gesellschaft vertritt oder der Weisungen der Gesellschafter unterliegt, die weit über das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht hinausgehen, als Arbeitnehmer angesehen werden.

Da solche Konstellationen aber die Ausnahme sind, ist der GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich gerade kein Arbeitnehmer.

Diese Rechtslage kann sich nun aber ändern. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nämlich von einem lettischen Berufungsgericht die Frage vorgelegt bekommen, ob Organmitglieder einer Kapitalgesellschaft Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts sein können und ob die jederzeitige Abberufungsmöglichkeit einer Geschäftsführerin mit der Mutterschutz-Richtlinie 92/85/EWG vereinbar ist.

Daraufhin hat der EuGH entschieden (11.11.2010, C-232/09, Danosa ./. LKB Lizings SIA), dass der Arbeitnehmerbegriff in der Richtlinie unionsrechtlich zu definieren ist. Arbeitnehmer ist danach, wer für eine andere Person nach deren Weisungen Leistungen gegen entsprechende Vergütung erbringt. Unbeachtlich soll nach der Meinung der EuGH-Richter sein, ob nach nationalem Recht überhaupt ein Arbeitsvertrag vorliegt.

Da in dem vorgelegten Fall die Geschäftsführerin gegenüber dem Aufsichtsrat rechenschaftspflichtig war und von der Gesellschafterversammlung abberufen werden konnte und es sich dabei um Organe handelt, welche die Geschäftsführerin nicht kontrollieren konnte, wurde sie vom EuGH als Arbeitnehmerin im unionsrechtlichen Sinne angesehen. Die Vorschrift im lettischen Recht, nach der ein Geschäftsführer jederzeit abberufen werden kann, verstößt daher gegen das Kündigungsverbot der europäischen Mutterschutz-Richtlinie.

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen auch  für die deutschen Kapitalgesellschaften.

Nach § 38 I GmbH können nämlich auch in Deutschland GmbH-Geschäftsführerinnen jederzeit und somit auch während einer Schwangerschaft abberufen werden. Diese Vorschrift dürfte aber nach der EuGH-Entscheidung nicht mehr anwendbar sein, wenn die GmbH-Geschäftsführerin nach deutschem Recht ihre Schwangerschaft angezeigt hat. Da sie dann als schwangere Arbeitnehmerin im Sinne der europäischen Richtlinie gilt, darf sie gerade nicht mehr ohne Grund abberufen werden. Stehen die Abberufungsgründe jedoch gerade nicht mit der Schwangerschaft in Verbindung, dürfte sie dennoch zulässig sein, denn auch Art. 10 der Richtlinie lässt eine entsprechende Ausnahme zu. 

Liegt somit ein Abberufungsgrund außerhalb der Schwangerschaft vor, kann die Geschäftsführerin weiterhin gekündigt und abberufen werden, wobei die anderweitigen Gründe von der Gesellschaft angegeben werden sollten.