Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Errichtung einer Beschwerdestelle nach dem AGG

Arbeit Betrieb
09.02.20072059 Mal gelesen

Durch § 13 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) soll in Betrieben, Unternehmen oder Dienststellen eine Beschwerdestelle eingerichtet werden, um die Diskriminierung von Beschäftigten zu vermeiden. Für den Betriebsrat kommt bei der Errichtung einer sol-chen Stelle ein Mitbestimmungsrecht in Betracht, da bei Bejahung einer Diskriminierung das Verhalten der Beschäftigten in Abrede steht und die Ordnung des Betriebes betroffen sein kann, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.



1. Einleitung


Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist am 18.8.2006 in Kraft getreten und soll Benachteiligungen von Arbeitnehmern innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, des Geschlechts, der Weltan-schauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern, § 1 AGG.



2. Rechtslage


§ 13 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) verpflichtet den Arbeitgeber, im Be-trieb eine Beschwerdestelle zu benennen. Diese Beschwerdestelle hat die Aufgabe, sich um die Beschwerden der Beschäftigten zu kümmern, die sich bei der Ausübung ihrer be-ruflichen Tätigkeit wegen Verletzung eines geschützten Merkmals im Sinne des § 1 AGG (z.B. des Alters) diskriminiert fühlen. Die Diskriminierung kann von Seiten des Arbeitge-bers, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten erfolgen, wenn ein Zusam-menhang zum Beschäftigungsverhältnis bejaht werden kann.
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich in Bezug auf Einrichtung der Beschwerdestelle, insbe-sondere bezüglich des Verfahrens und der Form frei.
Es ist zu beachten, dass das Beschwerderecht nicht an das Vorhandensein einer Interes-senvertretung (wie z.B. eines Betriebsrates) geknüpft ist.
Der Arbeitgeber trägt die Verpflichtung, eine Beschwerde inhaltlich zu prüfen und das Resultat dem Beschäftigten, der die Beschwerdestelle kontaktiert hat, mitzuteilen. Wer-den tatsächliche Belästigungen festgestellt, so hat der Arbeitgeber gem. § 13 Abs. 3 AGG verhältnismäßige Maßnahmen (Abmahnung, Umsetzung, Versetzung, Kündigung) zur Unterbindung dieser Benachteiligung zu treffen.
Bezüglich der Dauer der Überprüfungsfrist oder der Art der Mitteilung kann § 84 BetrVG herangezogen werden. Vom Arbeitgeber kann nach einer angemessenen Frist ein Zwi-schenbescheid verlangt werden. Die Mitteilung kann entweder mündlich oder schriftlich ergehen.
Zum § 13 AGG wurde vom Arbeitsgericht Frankfurt/ M. am 23. Oktober 2006 entschie-den, dass hinsichtlich der Errichtung einer Beschwerdestelle ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu bejahen ist. Denn eine solche Beschwer-destelle behandelt Fragen bezüglich der Ordnung sowie des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.
Bei der erwähnten Gerichtsentscheidung hatte der Arbeitgeber einen Mitarbeiter als Be-schwerdestelle benannt, ohne den Betriebsrat bei dieser Entscheidung einbezogen zu haben. Da der Arbeitgeber auch die Einsetzung einer Einigungsstelle verweigerte, wurde der Fall vor dem Arbeitsgericht gebracht. Dieses gab dem Antrag des Betriebsrates auf Einsetzung einer Einigungsstelle über die Errichtung und personelle Besetzung einer Be-schwerdestelle aus den oben erwähnten Gründen statt.



3. Fazit


Um spätere Komplikationen hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens zu vermeiden, ist es ratsam, dass Arbeitgeber und Betriebsrat eine diesbezügliche Betriebsvereinbarung tref-fen. Dabei kann die Rolle des Betriebsrates bei einem Beschwerdeverfahren festgelegt werden; es kann darin bestimmt werden, wer für solche Beschwerden zuständig ist oder welches Verfahren dabei eingehalten werden muss. Bei der Beschwerdestelle sollte es sich um eine Stelle handeln, die das Vertrauen der Beschäftigten genießt.


Guido Wurll
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator (zert. IHK)


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