Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.01.1997, Az.: III ZR 117/95
Atomrechtliche Anlagengenehmigung; Amtshaftung; Kernkraftwerksbetreiber als Dritter; Errichter des Kraftwerks; Schutzwürdiges Vertrauen; Objektive Umstände; Subjektive Kenntnisse; Gestuftes Genehmigungsverfahren; Erster Genehmigungsbescheid; Anfechtung durch Dritte
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.01.1997
- Aktenzeichen
- III ZR 117/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 13940
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 134, 268 - 304
- DVBl 1997, 551-566 (Volltext mit amtl. LS)
- DÖV 1997, 420-424 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1997, 401-402 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- MDR 1997, 352 (amtl. Leitsatz)
- NJ 1997, 278 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1997, 2174 (amtl. Leitsatz)
- NVwZ 1997, 362-363
- NVwZ 1997, 714-727 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1997, 487 (amtl. Leitsatz)
- WM 1997, 375-394 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1997, 453-472 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Zur Frage der Amtshaftung für eine rechtswidrig erteilte atomrechtliche Anlagengenehmigung.
2. Der Unternehmer, der die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Kernkraftwerks beantragt hat, bleibt bezüglich der Amtspflicht der Behörde, keine rechtswidrige Genehmigung zu erteilen, auch dann "Dritter" i. S. v. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn ein anderer die Errichtung des Kernkraftwerks übernimmt und dieses zu Eigentum erwirbt, um anschließend im Wege des sogenannten Finanzierungsleasings die Nutzung dem Antragsteller zu überlassen.
3. Als Gesichtspunkte, die der Annahme haftungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauens auf einen (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsakt - in bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließender Weise - entgegenstehen können, kommen nicht nur objektive Umstände, sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers in Betracht.
4. Im gestuften atomrechtlichen Genehmigungsverfahren können bei der Beurteilung, ob Aufwendungen im schutzwürdigen Vertrauen auf einen ersten Genehmigungsbescheid getätigt worden sind, auch solche Genehmigungsakte zu berücksichtigen sein, die dem rechtswidrigen Bescheid nachfolgen.
5. Die Eignung einer (rechtswidrigen) behördlichen Genehmigung als amtshaftungsrechtlich relevante Vertrauensgrundlage für den Begünstigten entfällt im Fall der Anfechtung durch Dritte jedenfalls dann nicht ohne weiteres (vorbehaltlich einer Risikoüberwälzung nach § 254 BGB), wenn und solange die Genehmigung sofort vollziehbar ist.
Tatbestand:
Die Klägerin, die RWE Energie AG, auf die im Zuge einer Umstrukturierung des RWE-Konzerns mit Wirkung vom 1. März 1990 sämtliche Rechte und Pflichten der RWE AG in bezug auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich übergegangen sind und der darüber hinaus die RWE AG am 6. September 1991 die Ansprüche aus dem Komplex "atomrechtliches Genehmigungsverfahren Mülheim-Kärlich" abgetreten hat, nimmt das beklagte Land (im folgenden: der Beklagte) mit einer Feststellungsklage im Hinblick darauf auf Schadensersatz in Anspruch, daß die von dem Beklagten erteilte erste Teilgenehmigung vom 9. Januar 1975 (l. TG (alt)) für das später errichtete und in Betrieb genommene Kernkraftwerk rechtswidrig war, was im Jahre 1988 zur Aufhebung der 1. TG (alt) durch das Bundesverwaltungsgericht und zum Abbruch des Leistungsbetriebes auf unbestimmte Dauer führte.
Im Dezember 1972 beantragte die RWE AG beim seinerzeit zuständigen Minister für Wirtschaft und Verkehr des Beklagten die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor in der Gemarkung Mülheim-Kärlich auf dem linken Rheinufer. Nach den in das Genehmigungsverfahren eingebrachten Unterlagen sollten das Reaktorgebäude und die übrigen Gebäude der Anlage einen gemeinsamen Gebäudekomplex bilden (sog. Kompaktbauweise). Aus Gutachten, die die RWE AG Anfang 1974 außerhalb des Genehmigungsverfahrens einholte, ergab sich, daß bei der ursprünglich vorgesehenen Ausführung des Kernkraftwerks die südliche Hälfte auf eine Verwerfungszone gegründet worden wäre. Die Gutachter schlugen deshalb vor, das Reaktorgebäude in nördlicher Richtung auf eine feste Gebirgsscholle zu verschieben. Da diese Scholle nicht ausreichte, den gesamten Kernkraftwerkskomplex aufzunehmen, entschloß sich die Klägerin, die Gebäudeanordnung zu ändern, so daß nunmehr zwei getrennte Komplexe, verbunden durch Rohrleitungen, entstehen sollten. Die RWE AG informierte die Genehmigungsbehörde im Laufe des Jahres 1974 über die geänderte Planung. Diese wurde jedoch noch nicht zum Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gemacht. In einer Besprechung vom 9. Dezember 1974 kamen die Vertreter der RWE AG und des Ministeriums überein, daß es nur eine Errichtungsgenehmigung geben und die weitere Errichtung des Kernkraftwerks durch "Freigaben" gestattet werden sollte; die zu erteilende Genehmigung sollte sich noch nach dem ursprünglichen Lageplan richten, die neue Gebäudeanordnung jedoch im ersten Freigabebescheid Berücksichtigung finden.
Am 9. Januar 1975 erteilte der Beklagte der RWE AG einen als "Erste Teilgenehmigung" bezeichneten, für sofort vollziehbar erklärten Bescheid (1. TG (alt)), mit dem der RWE AG genehmigt wurde, in Mülheim-Kärlich ein Kernkraftwerk nach Maßgabe der Beschreibung in dem Sicherheitsbericht vom April 1973 zu errichten, "soweit sich aus den Auflagen und den Freigaben nichts anderes ergibt". Nr. 1 der Auflagen enthielt einen sog. Freigabevorbehalt dergestalt, daß mit der Errichtung der im einzelnen bezeichneten sicherheitstechnisch wichtigen Anlagenteile und Systeme erst nach positiver Begutachtung durch den TÜV Rheinland und schriftlicher Freigabeerklärung der Genehmigungsbehörde begonnen werden durfte. Auf Antrag der RWE AG erteilte das Ministerium auf der Grundlage der geänderten Planunterlagen am 6. Juni 1975 die Freigabe der Errichtung der Fundamente und danach bis 1977 weitere mit Auflagen versehene Freigabebescheide. Wegen aufgekommener Zweifel, ob die 1. TG (alt) die den Freigabebescheiden zugrundeliegende Änderung der Gebäudeanordnung abdeckte, genehmigte das Ministerium die neue Gesamtanordnung, die Errichtung der Fundamente sämtlicher Gebäude sowie die Errichtung eines zusätzlichen Verbindungsbauwerks zwischen den getrennten Gebäudekomplexen durch einen als "zweite Teilgenehmigung" bezeichneten Bescheid vom 6. Juli 1977 (2. TG (alt)). Diesen Bescheid ersetzte das Ministerium nach Öffentlichkeitsbeteiligung unter Erörterung zwischenzeitlich geänderter Planungen durch einen als "zweite Teilgenehmigung (Zweitbescheid) " bezeichneten Bescheid vom 4. Mai 1981 (2. TG (Zweitbescheid), der ebenso wie die weiteren Teilgenehmigungen - bis hin zur 8. Teilgenehmigung vom 24. Februar 1986 mit der Gestattung, das Kernkraftwerk in Betrieb zu setzen und einen beschränkten Leistungsbetrieb durchzuführen - bestandskräftig ist. Am 14. März 1986 nahm die Klägerin den Betrieb des Kernkraftwerks auf.
Mit Urteil vom 9. September 1988 hob das Bundesverwaltungsgericht die 1. TG (alt) als rechtswidrig auf. Der Leistungsbetrieb des Kernkraftwerks wurde abgebrochen und ruht bis heute. Eine am 20. Juli 1990 von dem Beklagten neu erteilte erste Teilgenehmigung (l. TG (neu)), mit welcher der Aushub der Baugrube gestattet wurde und die ein neues positives Gesamturteil enthält, ist von Dritten angefochten worden; das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die RWE AG hatte im Zusammenhang mit ihrem Genehmigungsantrag Werkverträge über die Herstellung der baulichen und kerntechnischen Anlagen geschlossen. Nachdem die 1. TG (alt) vorlag, erfolgte durch aufeinander abgestimmte Rechtsgeschäfte zwischen Mitte 1975 und Anfang 1977 folgende Umgestaltung: Es wurde unter Beteiligung der RWE AG eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg (SCN) gegründet, deren Unternehmensgegenstand der Bau von Kernkraftwerken, insbesondere die Errichtung eines Kernkraftwerks in Mülheim-Kärlich, sein sollte. Die SCN verpflichtete sich gegenüber der RWE AG, das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich errichten, in Betrieb nehmen und bis zum Beginn der Pachtzeit eines Pachtvertrages zwischen SCN und RWE AG betreiben zu lassen. Außerdem trat die SCN in die Werkverträge der RWE AG als Auftraggeberin ein und übertrug ihrerseits der RWE AG die Gesamtplanung, das Betreiben der Genehmigungsverfahren, die technisch-geschäftliche Oberleitung der Bauausführung, die Durchführung des Bauvorhabens, die örtliche Bauführung und die Ingenieurleistungen. Schließlich "verpachtete" die SCN, der von der RWE AG ein Erbbaurecht an dem Gelände eingeräumt wurde, das Kernkraftwerk der RWE AG, beginnend mit der Übernahme der Kernkraftwerksanlage, spätestens am 1. Januar 1981, erstmals kündbar 13 Jahre nach Pachtbeginn. Der - zu Beginn eines jeden Kalenderjahres einvernehmlich festzusetzende und ohne Rücksicht auf den Betrieb des Kernkraftwerks zahlbare - "Pachtzins" sollte nach näheren vertraglichen Vorgaben die Aufwendungen der SCN decken, "die durch das Kraftwerk und seine Finanzierung entstehen".
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte schulde wegen der Erteilung der rechtswidrigen 1. TG (alt) Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung bzw. einen angemessenen Ausgleich gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz - PVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. August 1981 (GVBl. S. 180).
An Schäden führt die Klägerin an:
1. Errichtungs- und Finanzierungsaufwand,
2. Betriebskosten für den Stillstandsbetrieb seit dem 9. September 1988,
3. Stillegungskosten (Rückstellungen),
4. Brennstoffkosten und Rückstellungen für die Entsorgung abgebrannten Brennstoffs,
5. Rückstellungen für radioaktive Betriebsabfälle,
6. Ersatzstrombeschaffung,
7. entgangener Gewinn seit der Stillegung am 9. September 1988.
Die Klägerin hat beim Landgericht beantragt, festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr die Schäden zu ersetzen, die ihr infolge der rechtswidrigen Erteilung der 1. TG (alt) vom 9. Januar 1975 und der darauf basierenden weiteren atomrechtlichen Bescheide im Genehmigungsverfahren betreffend das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich, nämlich (es folgt die Aufzählung), entstanden sind und noch entstehen werden. Das Landgericht hat eine Schadensersatzpflicht des Beklagten wegen Amtspflichtverletzung zur Hälfte ausgesprochen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin und unter Abweisung der Klage im übrigen festgestellt, "daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Hälfte des Schadens zu ersetzen, der dieser - sei es aus eigenem Recht, sei es aus von der RWE AG abgeleitetem Recht - infolge der rechtswidrigen Erteilung der ersten Teilgenehmigung (alt) vom 9. Januar 1975 entstanden ist oder noch entstehen wird, und zwar bezogen auf die Kosten der Errichtung des Kernkraftwerks... (Investitionskosten) ". Hiergegen wenden sich die Revision der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung insgesamt und die Anschlußrevision der Klägerin, die ihren Klageanspruch, soweit er abgewiesen worden ist, weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Das angefochtene Urteil hält den beiderseitigen Rechtsmitteln im Revisionsverfahren nur insoweit stand, als es bei dem klageabweisenden Ausspruch wegen der Rückstellungen (Positionen 3 und 5 sowie Teil aus 4) und der Positionen 6 (Ersatzstrombeschaffung) und 7 (entgangener Gewinn) bleibt. Insoweit ist die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Im übrigen führen die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils: Während ansonsten die Sache zur erneuten Sachprüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen wird, trifft der Senat bezüglich des Anspruchs auf Ersatz fehlgeschlagener Aufwendungen, die vor dem 6. Juli 1977 getätigt wurden oder auf vorherigen bindenden Investitionsentscheidungen der RWE AG beruhen, bereits eine das Berufungsurteil ersetzende Sachentscheidung dahin, daß insoweit unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage insgesamt abgewiesen wird.
A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, keine durchgreifenden Bedenken. Anlaß zur Erörterung sieht der Senat insoweit nur zu folgendem:
I. Die Beklagte hält das Klagevorbringen für zu unbestimmt, weil nicht hinreichend deutlich werde, ob die Klägerin ihre geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus der Genehmigung eines nicht genehmigungsfähigen Vorhabens oder daraus herleite, daß die als rechtswidrig aufgehobene 1. TG (alt) bei grundsätzlicher Genehmigungsfähigkeit zu einem zeitweiligen Ausfall der Nutzbarkeit geführt habe. Diese Bedenken sind unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, so wie er hier durch den Klageantrag mit der Konkretisierung der von der Klägerin in Anspruch genommenen Rechtsfolge und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem die Klägerin die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt wird, sind allein Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen das beklagte Land wegen der rechtswidrigen Tilgung der 1. TG (alt). Dies belegt neben der insoweit eindeutigen Fassung des Klageantrags und der wiederholten Bezugnahme des Klagevorbringens auf die höchstrichterliche Rechtsprechung über die Wirkung einer rechtswidrigen Baugenehmigung als Vertrauensgrundlage für den Bauherrn vor allem der die Ansprüche der Klägerin maßgeblich zusammenfassende Schriftsatz der Klägerin vom 15. September 1994, in dem die Klägerin ihre geltend gemachten Vermögenseinbußen sämtlich - wenn auch nicht alle schlüssig - als Folgen der rechtswidrigen Erteilung der 1. TG (alt) dargestellt hat. Wenn auch die Klägerin verschiedentlich die Ansicht geäußert hat, der Beklagte hätte nicht etwa überhaupt keine Genehmigung erteilen dürfen, sondern vielmehr eine rechtmäßige 1. TG (alt) erlassen müssen, auf deren Basis das Kraftwerk heute betrieben werden könnte, so hat dies jedenfalls in den für die Bestimmung des Streitgegenstandes maßgeblichen Erklärungen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen - auch vor dem Hintergrund der bislang ungeklärten Frage, ob das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich überhaupt genehmigungsfähig ist - keinen Niederschlag gefunden. Um einen Anspruch der Klägerin wegen Nichterteilung oder wegen (mit Blick in die Zukunft) verspäteter Erteilung einer rechtmäßigen ersten Teilgenehmigung geht es danach nicht. Die in der Revisionsverhandlung von der Klägerin hierzu abgegebenen ergänzenden Erklärungen vermögen daran nichts zu ändern.
Bezogen auf den vorliegenden Streitgegenstand hat die Klägerin dem Bestimmtheitserfordernis im Blick auf die Unsicherheit, ob die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer rechtmäßigen ersten Teilgenehmigung (noch) gegeben sind oder nicht, dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß sie vorgetragen hat, sie habe - wenn auch möglicherweise in unterschiedlicher Höhe - sowohl für den Fall bleibende Schäden erlitten, daß das Kernkraftwerk nicht mehr betrieben werden könnte, als auch für den, daß sich doch noch die Betriebsfähigkeit im Zusammenhang mit einer bestandskräftigen neuen ersten Teilgenehmigung ergeben sollte. Deshalb brauchte die Klägerin sich in ihrem Klagevorbringen auch nicht festzulegen, ob in der 1. TG (alt) die rechtswidrige Genehmigung eines nicht genehmigungsfähigen Vorhabens oder nur die durch Verfahrensfehler beeinflußte Genehmigung eines an sich genehmigungsfähigen Vorhabens lag.
II. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung einer Schadensersatzpflicht (§ 256 Abs. 1 ZPO) setzt in Fällen, in denen es - wie hier - nicht um die Folgen der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts, sondern einer Norm zum Schutz des Vermögens im allgemeinen geht, voraus, daß die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt irgendeines Schadens für jeden einzelnen (künftigen) Anspruch wenigstens substantiiert dargetan wird (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 34/92 - NJW 1993, 648 [BGH 15.10.1992 - IX ZR 43/92]; Zöller/Greger ZPO 19. Aufl. § 256 Rn. 8). Dies bedeutet, daß, solange offen ist, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Betriebs des Atomkraftwerks noch herbeigeführt werden können oder nicht, die Schadensdarlegung für beide Alternativen erfolgen muß. Diesem Erfordernis genügt der Vortrag der Klägerin zu den Positionen 1 (Errichtungsund Finanzierungsaufwand), 2 (Betriebskosten für den "Stillstandsbetrieb"), 6 (Ersatzstrombeschaffung) und 7 (entgangener Gewinn) ihrer Schadensaufstellung sowie zu 4, soweit sie Brennstoffkosten geltend macht. Sie verweist u.a. darauf, daß bei späterer Nachholung der Nutzung zumindest Zinsschäden verblieben ("Zinseffekt"). Keine hinreichende Beurteilungsgrundlage für die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts enthält dagegen das Klagevorbringen zu den in Position 3, 4 und 5 angeführten Rückstellungen für die Kosten der Stillegung sowie der Entsorgung abgebrannten Brennstoffs und radioaktiver Betriebsabfälle. Darauf braucht indessen hier im Rahmen der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht näher eingegangen zu werden, denn aus denselben Bedenken erweisen sich diese Schadenspositionen zugleich als unschlüssig/unbegründet (unten D II 2 c aa, bb; wegen der verfahrensrechtlichen Behandlung insoweit vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1957 - IV ZR 121/57 - LM ZPO § 256 Nr. 46).
B. Das Berufungsgericht bejaht eine Schadensersatzpflicht des Beklagten wegen Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) unter Annahme eines hälftigen Mitverschuldens der Klägerin. Die Bediensteten der Genehmigungsbehörde hätten durch (schuldhaft) rechtswidrige Erteilung der 1. TG (alt) mit dem darin enthaltenen vorläufigen positiven Gesamturteil über die Anlage und ihren Betrieb bei der Klägerin ein schützenswertes Vertrauen begründet, das die Klägerin zu "der Investitionsentscheidung" und zur Durchführung des Vorhabens nach Maßgabe des weiteren Genehmigungsverfahrens veranlaßt habe. Als Mitverschulden (zur Hälfte) hat das Berufungsgericht der Klägerin angelastet, daß sie sich bei mindestens gleichwertigem Wissensstand über das atomrechtliche Genehmigungsverfahren wegen der Konzept- und Lageänderung der neu aufgeworfenen Sicherheitsfrage nicht hätte entziehen, sondern im Zusammenwirken mit dem Ministerium darauf hätte hinwirken müssen, daß eine den sicherheitsrelevanten Änderungen Rechnung tragende Genehmigung erteilt wurde.
Den zu ersetzenden Schaden der Klägerin hat das Berufungsgericht - mit der Begründung, nur das Vertrauen, durch die Verwirklichung des Vorhabens keine nutzlosen Investitionen vorzunehmen, sei geschützt - auf die Kosten der "Errichtung des Kernkraftwerks (Investitionskosten) " begrenzt. Dabei zählt das Berufungsgericht zu den "Errichtungskosten" neben dem von der Klägerin zu Position 1 ihrer Schadensaufstellung in erster Linie geltend gemachten Errichtungs- und Finanzierungsaufwand auch Personal- und Sachkosten während des Stillstands des Kraftwerks, soweit sie zur Erhaltung des Kraftwerks mit dem Ziel einer späteren Verwendung und Ausnutzung objektiv erforderlich sind (Position 2). Sämtliche weiteren von der Klägerin angeführten Schadenspositionen hat das Berufungsgericht als nicht zu den "Errichtungskosten" gehörig und deshalb nicht vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht umfaßt abgewiesen.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
C. Revision des Beklagten
I. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht im Anschluß an das aufhebende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 1988 (BVerwGE 80, 207) davon aus, daß die Erteilung der 1. TG (alt) vom 9. Januar 1975 rechtswidrig, nämlich mit dem Atomgesetz - AtG - in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Dezember 1959 (BGBl. I S. 814, geändert durch Gesetz vom 28. August 1969, BGBl. I S. 1429, und § 69 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974, BGBl. I S. 721) und der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomanlagen-Verordnung) AtAnlV - i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. Oktober 1970 (BGBl. I S. 1518) nicht vereinbar war. Denn abgesehen von der Verknüpfung mit dem sog. Freigabeverfahren, die das Bundesverwaltungsgericht für unzulässig erklärt hat, ohne allerdings sein aufhebendes Urteil darauf zu gründen, bezog sich diese Genehmigung auf eine Anlage, die so nicht mehr errichtet werden sollte, und die im Hinblick auf die geänderte Planung neu aufgeworfene Sicherheitsfrage blieb ungeprüft (BVerwGE 80, 207, 216). Das hatte zur Folge, daß es der 1. TG (alt) an einer hinreichenden Grundlage für das zum notwendigen Inhalt einer atomrechtlichen Teilgenehmigung gehörende vorläufige positive Gesamturteil über die Anlage und ihren Betrieb (§ 1 Abs. 2 Satz 2 AtAnlV; vgl. auch BVerwGE 72, 300, 306 ff; 92, 185, 191 [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]; 96, 258, 264 f) an dem vorgesehenen Standort fehlte.
An die Beurteilung der 1. TG (alt) als objektiv rechtswidrig durch das Bundesverwaltungsgericht sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozeß gebunden (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 25. Oktober 1984 - III ZR 80/83 - WM 1985, 1349, 1350; BGHZ 103, 242, 245 und vom 17. März 1994 III ZR 15/93 - NJW 1994, 1950). Zwar wird nach der Rechtsprechung des Senats von der Bindung des Zivilgerichts an das einen Verwaltungsakt aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts nicht die von diesem gegebene Begründung, warum der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, umfaßt (vgl. BGHZ 20, 379, 383; Urteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241 [BGH 03.03.1983 - III ZR 34/82]). Ein Grund, die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 9. September 1988 für die Rechtswidrigkeit der 1. TG (alt) in Frage zu stellen, ist jedoch nicht ersichtlich. Soweit die Revision in anderem Zusammenhang darauf hinweist, daß die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage des Sicherheitsberichts 1973 im Rahmen der 1. TG (alt) eine vollständige Ermittlung und Bewertung durchgeführt habe, läßt dieses Vorbringen unberührt, daß die ins Auge gefaßte Aufgabe des Konzepts eines einheitlichen Gebäudekomplexes in Kompaktbauweise - schon bevor die 1. TG (alt) erging - die Sicherheitsfrage neu aufwarf. Andererseits ergibt sich aus den Ausführungen der Revision nichts dazu, ob die ursprünglich der Prüfung zugrundeliegende Planung trotz der zwischenzeitlich zur Sprache gebrachten geologischen Bruchlinie auf dem für das Reaktorgelände vorgesehenen Baugrund (etwa unter Änderung konstruktiver Maßnahmen) verwirklicht werden konnte; diese Frage hat die Genehmigungsbehörde vor der Erteilung der 1. TG (alt) gerade nicht durchgeprüft, weil sie ersichtlich davon ausging, daß die Durchführung der ursprünglichen Planung auch unter Änderung konstruktiver Merkmale nicht mehr beabsichtigt war (so schon BVerwGE 80, 207, 216).
2. Das Berufungsgericht hat auch bezüglich der genannten Pflichtwidrigkeiten rechtsfehlerfrei ein Verschulden (Fahrlässigkeit) der Bediensteten des Beklagten angenommen. Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab, der im Rahmen des § 839 Abs. 1 BGB gilt, kommt es für die Beurteilung des Verschuldens auf die Kenntnisse und Fähigkeiten an, die für die Führung des übernommenen Amts im Durchschnitt erforderlich sind. An die Bediensteten einer obersten Landesbehörde, die mit einer atomrechtlichen Anlagegenehmigung der vorliegenden Art befaßt sind, müssen insoweit hohe Anforderungen gestellt werden. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf abgestellt, daß bei einem Verfahren dieser Art auf höchster Ebene - anders als bei "Alltagsgeschäften" sonstiger staatlicher Genehmigungsbehörden - eine besonders gründliche Prüfung möglich und zu verlangen ist. Wenn das Berufungsgericht hiervon ausgehend und angesichts des Gewichts der Pflichtverletzung es abgelehnt hat, zugunsten des Beklagten die allgemeine Richtlinie in Betracht zu ziehen, wonach das Verschulden eines Amtsträgers grundsätzlich dann entfällt, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht sein Verhalten als rechtmäßig beurteilt hat (Senat BGHZ 117, 240, 250 [BGH 20.02.1992 - III ZR 188/90]; Kreft in BGB-RGRK 12. Aufl. § 839 Rn. 296 m.w.N.), so liegt darin - auch im Blick auf die weitgehend anders gearteten Fragestellungen in den vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren - eine Würdigung, die aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Ohne Erfolg versucht die Revision, die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Verschulden der Bediensteten der Genehmigungsbehörde mit dem Hinweis zu entkräften, die festgestellten Pflichtverstöße (Prüfungsdefizite) seien nichts als die "innere Konsequenz" der - als solche nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenen Beurteilung des Berufungsgerichts keinem Schuldvorwurf ausgesetzten - Entscheidung der Genehmigungsbehörde für das "Freigabe"-Verfahren (zu dessen Problematik vgl. die Hinweise bei Haedrich AtG (1986) § 7 Rn. 42 ff) gewesen. Auch wenn die Genehmigungsbehörde dieses Verfahren im allgemeinen für gangbar hielt, hätte sie nicht eine erste Teilgenehmigung (mit Freigabevorbehalten) erteilen dürfen, ohne daß eine hinreichende Sicherheitsprüfung als Grundlage für ein vorläufiges positives Gesamturteil erfolgt war - und zwar bezüglich einer Anlage, die so nicht mehr gewollt war.
3. Im Ausgangspunkt mit Recht nimmt das Berufungsgericht auch an, daß die danach von den Bediensteten der Genehmigungsbehörde (objektiv und schuldhaft) verletzte Verpflichtung zu rechtmäßigem, insbesondere auch verfahrensgemäßem Handeln im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 7 AtG im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB als Amtspflicht gegenüber der RWE AG bzw. der Klägerin als "Dritten" bestand.
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, vom Drittschutz seien die durch die 1. TG (alt) veranlaßten Vermögensdispositionen der RWE AG bzw. der Klägerin für das Kernkraftwerk umfaßt, weil die 1. TG (alt) "vertrauensbegründende Funktion" gehabt habe, hält jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Ob der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte "Dritter" im Sinne des § 839 BGB ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, daß der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muß mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" bestehen (BGHZ 93, 87, 91 f [BGH 15.11.1984 - III ZR 70/83]; 106, 323, 331; 108, 224, 227 [BGH 06.06.1989 - III ZR 251/87]; 110, 1, 9 [BGH 21.12.1989 - III ZR 49/88]; Deppert, Festschrift Boujong (1996), S. 533). Dabei muß eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an (BGHZ 110, 1, 9 [BGH 21.12.1989 - III ZR 49/88]; 117, 83, 90) [BGH 16.01.1992 - III ZR 18/90].
aa) Für das Baugenehmigungsverfahren gilt bezüglich des Schutzzwecks der Amtspflicht, nicht einen rechtswidrigen (positiven) Bescheid zu erteilen, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Senat BGHZ 60, 112, 117; Senatsurteil vom 5. Mai 1994 - III ZR 28/93 - NJW 1994, 2087, 2088; Deppert aaO. S. 535 ff; hierzu de Witt/Burmeister NVwZ 1992, 1039 ff) folgendes:
Die Erteilung einer Baugenehmigung begründet für den Bauherrn grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand dahin, daß er sein Bauvorhaben nunmehr verwirklichen kann, ohne mit öffentlich-rechtlichen Hindernissen rechnen zu müssen. Gibt die Behörde einem Antrag auf eine Baugenehmigung zu Unrecht statt, bringt sie den Bauherrn in die Gefahr, daß er einen vorschriftswidrigen Bau ausführt, der keinen Bestand haben kann und unter Umständen wieder beseitigt werden muß. Insoweit sollte ihm aber durch die Baugenehmigung gerade eine verläßliche Grundlage für seine wirtschaftlichen Dispositionen verschafft werden. Zwar geht der Schutzzweck der im Baugenehmigungsverfahren wahrzunehmenden Pflicht nicht dahin, den Bauherrn vor allen denkbaren wirtschaftlichen Nachteilen zu bewahren, die ihm bei der Verwirklichung seines Bauvorhabens erwachsen können (Einzelheiten bei Deppert aaO. S. 535); dies läßt jedoch unberührt, daß die Baugenehmigung einen Vertrauenstatbestand für den Bauherrn dahingehend begründet, sein Bauvorhaben überhaupt ausführen zu können (Deppert aaO.). Aus diesem Grund ist bei der Erteilung der Baugenehmigung stets auf die Interessen des Antragstellers und darüber hinaus - da die erteilte Baugenehmigung nicht an die Person des Antragstellers gebunden, sondern auf das Grundstück und das Bauvorhaben bezogen ist - auf die Interessen der Personen in individualisierter und qualifizierter Weise Rücksicht zu nehmen, die im berechtigten, schutzwürdigen Vertrauen auf den Bescheid unmittelbar die Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens in Angriff nehmen wollen und zu diesem Zweck konkrete Aufwendungen für die Planung und Durchführung des Vorhabens tätigen. Das gilt jedenfalls in den Grenzen eines überschaubaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs (Senatsurteile BGHZ 122, 317, 321 f und vom 5. Mai 1994 aaO.; w. Nachw. bei Deppert aaO., S. 536 f).
bb) Auch im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 7 AtG besteht eine dem Baugenehmigungsverfahren vergleichbare Amtspflicht der Bediensteten der Genehmigungsbehörde jedenfalls gegenüber dem Antragsteller als zukünftigem Errichter, Betreiber oder Inhaber der Atomanlage (vgl. § 7 Abs. 1 AtG), keine ungesicherten Vertrauenstatbestände zu schaffen (Papier in MünchKomm-BGB 2. Aufl. § 839 Rn. 206). Dies gilt unbeschadet gewisser Besonderheiten der Rechtsnatur der Anlagengenehmigung nach § 7 AtG als eines administrativen Kontrollinstruments, dessen Rechtsgrundlage "auf der Grenze zwischen einem präventiven und einem repressiven Verbot" steht (Breuer in: Schmidt-Assmann, Besonderes Verwaltungsrecht 10. Aufl. 5. Abschn. Rn. 226; vgl. auch Badura aaO. 3. Abschn. Rn. 74; Haedrich aaO. Vorbem. vor § 3 ff Rn. 2; ders. aaO. § 7 Rn. 47) - wobei das Gesetz keinen Rechtsanspruch auf Erteilung vorsieht -, und unabhängig davon, daß die Regeln über die Möglichkeit der Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung und über etwaige Entschädigungsansprüche des Genehmigungsempfängers in einem solchen Fall bei der Baugenehmigung und bei der atomrechtlichen Anlagengenehmigung im einzelnen teilweise unterschiedlich ausgestaltet sind (vgl. einerseits § 48 VwVfG, andererseits §§ 17 Abs. 2, 18 AtG). § 17 Abs. 2 AtG ermöglicht zwar die Rücknahme einer von Anfang an rechtswidrigen Genehmigung, ohne daß die nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht dafür vorgesehenen besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen (vgl. § 48 Abs. 2 VwVfG) gegeben sein müssen. Abgesehen davon, daß die Genehmigungsbehörde insoweit im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens auch den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes des Begünstigten in die Abwägung mit einzubeziehen hat (Haedrich aaO. § 17 Rn. 12; Roller, Genehmigungsaufhebung und Entschädigung im Atomrecht (1994), S. 111 ff), sieht aber § 18 AtG für den Fall der Rücknahme grundsätzlich eine Entschädigung des Betroffenen vor. Auch diese - differenzierende - Regelung trägt dem vom Gesetzgeber mithin grundsätzlich anerkannten Erfordernis eines Vertrauensschutzes des Antragstellers/Genehmigungsempfängers im Atomrecht Rechnung. Andererseits verdrängen etwaige Entschädigungsansprüche nach § 18 AtG nicht den Amtshaftungsanspruch; beide Ansprüche können neben- und unabhängig voneinander bestehen (vgl. für das Verhältnis von Amtshaftungsansprüchen und Ausgleichsansprüchen nach § 48 Abs. 3 VwVfG Senat, Beschluß vom 27. Oktober 1983 - III ZR 100/86 - VersR 1984, 142; Urteil vom 30. Juni 1988 - III ZR 232/86 - N 1988, 2884, 2885).
Im atomrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahren ist der Antragsteller auch und gerade - schon wegen des außergewöhnlichen Umfangs der für eine solche Anlage erforderlichen Investitionen - haftungsrechtlich auf das Vertrauen auf die Richtigkeit und Verläßlichkeit der Entscheidungen der Genehmigungsbehörde angewiesen. Der Satz, daß der Bürger grundsätzlich von der "Rechtmäßigkeit der Verwaltung" ausgehen und demgemäß darauf vertrauen darf, daß die Behörden das ihnen Obliegende richtig und sachgemäß tun (Senatsurteil vom 27. Juni 1968 - III ZR 71/66 - WM 1968, 1167; Beschluß vom 22. Februar 1989 - III ZR 49/87 - VersR 1989, 594), gilt grundsätzlich auch für die in einer atomrechtlichen Genehmigung enthaltenen Feststellungen; die Einstandspflicht der verantwortlichen Genehmigungsbehörde entfällt nicht ohne weiteres deshalb, weil auf der Antragstellerseite energiewirtschaftliche Unternehmen stehen, die über umfangreiche atomrechtliche Kenntnisse und große Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen.
cc) Auch die Amtspflicht der Bediensteten der Genehmigungsbehörde, keine rechtswidrige atomrechtliche Teilgenehmigung zu erteilen, ist grundsätzlich in entsprechender Weise drittgerichtet.
(1) Das in der Verwaltungspraxis seit langem eingeführte, von der Rechtsprechung anerkannte und in § 7 b AtG bzw. in § 1 der hier maßgeblichen Atomanlagenverordnung als zulässig vorausgesetzte Genehmigungsverfahren in Stufen, insbesondere (neben dem Rechtsinstitut des Vorbescheids) über Teilgenehmigungen, dient der Rationalität, der Transparenz und der Beschleunigung eines solchen Verwaltungsverfahrens, in dem die Genehmigungsbehörde über die Zulässigkeit einer komplexen Anlage - meist im Sinne eines "Massenverfahrens" (vgl. Badura aaO. Rn. 95) - zu entscheiden hat (zum Ganzen: BVerwG DVBl. 1972, 678, 679; BVerwGE 70, 365, 372; 80, 207; Schmidt-Assmann, Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts (1978), S. 569 ff; Büdenbender/Mutschler, Bindungs- und Präklusionswirkung von Teilentscheidungen nach dem BImSchG und AtG (1979); Ossenbühl NJW 1980, 1353 [BVerfG 06.02.1980 - 2 BvR 1070/79]; Jarass UPR 1983, 241; Selmer, Vorbescheid und Teilgenehmigung im Immissionsschutzrecht (1979)).
Zum notwendigen Regelungsgehalt der Teilgenehmigung gehört, daß sie einerseits in abschließender Weise (definitiv) die Errichtung oder den Betrieb von realen Anlagenteilen gestattet (gestattender Teil) und andererseits ein vorläufiges positives Gesamturteil über die Anlage insgesamt und ihren Betrieb enthält (für den hier maßgeblichen Zeitpunkt s. § 1 Abs. 2 Satz 2 AtAnlV; vgl. auch BVerwGE 80, 207, 212 f; 88, 286 [BVerwG 07.06.1991 - 7 C 43/90]; 92, 185, 189 [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]; BVerwG NVwZ 1993, 578; BVerwG DVBl. 1993, 1151). Dieses Urteil ist nur deswegen "vorläufig", weil es lediglich auf vorläufigen, wenn auch hinreichend aussagekräftigen Aussagen beruht, also nicht deshalb, weil es durch eine mindere Intensität der Prüfung - etwa im Sinne einer bloßen Evidenzkontrolle - bedingt wäre (vgl. BVerwG DVBl. 1982, 960, 962; BVerwGE 72, 300, 307 f); es bezieht sich auf die Sicherheit der gesamten Anlage und besagt, daß dem Vorhaben "keine von vornherein unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen" (BVerwG DVBl. 1982, 960, 962; BVerwGE 72, 300, 304; BVerwG DVBl. 1988, 148, 149; BVerwGE 80, 207, 214). Gegenstand der auf der Grundlage der vorgelegten Antragsunterlagen vorausschauenden Prüfung ist mithin die Frage, ob das Vorhaben im Blick auf Standort, Auslegungsmerkmale und konstruktive Gestaltung in einer den Anforderungen des § 7 Abs. 2 AtG genügenden Weise sicher betrieben werden kann (BVerwGE 96, 258, 264 f).
(2) Während die Teilgenehmigung als abschließende (gestattende) Teilentscheidung die volle, allerdings inhaltlich begrenzte Bindungswirkung einer Anlagengenehmigung entfaltet, also im weiteren Genehmigungsverfahren von der Behörde nicht ignoriert werden darf, solange sie nicht aufgrund der dafür erforderlichen besonderen gesetzlichen Voraussetzungen (§ 17 AtG) aufgehoben worden ist - wobei selbst im Falle nachträglich erkannter Rechtswidrigkeit eine Rücknahme grundsätzlich nur gegen Entschädigung in Betracht kommt (§§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 AtG) -, hat das gleichzeitige vorläufige positive Gesamturteil (feststellender Teil der Teilgenehmigung) eine mindere, unter einem doppelten Vorbehalt stehende Bindungswirkung für das weitere Genehmigungsverfahren: nämlich unter dem Vorbehalt der Prüfung im Detail und dem der Prüfung anhand eines weiterentwickelten Standes von Wissenschaft und Technik (BVerwGE 72, 300, 308 ff; 92, 185, 189 f [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]). Das vorläufige positive Gesamturteil wird von Teilgenehmigung zu Teilgenehmigung gleichsam abgearbeitet. Von der positiven Gesamtbeurteilung einer Anlage wächst ein von Teilgenehmigung zu Teilgenehmigung größer werdender Anteil von der Vorläufigkeit in die Endgültigkeit (BVerwGE 92, 185, 190) [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]. Die von der Behörde unter den besagten Vorbehalten eingegangene und deshalb zunächst nur beschränkte Bindung wird zu einer uneingeschränkten, die von da ab nur durch Widerruf oder Rücknahme beseitigt werden kann (BVerwGE 92, 185 [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]).
(3) Es liegt auf der Hand, daß die für die Teilgenehmigung geltenden Regeln, vor allem das Erfordernis eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Sinne einer nicht bloß verfahrensrechtlichen, sondern auch materiell-rechtlichen Voraussetzung, in beachtlicher Weise (auch) dem Investitionsschutz des Antragstellers als zukünftigen Errichters, Betreibers oder sonstigen Inhabers (§ 7 Abs. 1 AtG) dienen. Insbesondere auch in seinem Interesse sollen die Risiken, die mit der abschnittsweisen Aufteilung eines einheitlichen Verfahrens verbunden sind, auf ein vernünftiges Maß reduziert werden (vgl. BVerwG DVBl. 1972, 678, 679; BVerwGE 72, 300, 310; 92, 185, 191 [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]; Wieland DVBl. 1991, 616): Ihm soll einerseits Sicherheit in der Weise verschafft werden, daß im Umfang der jeweiligen Gestattungen über die Genehmigungsfähigkeit endgültig (BVerwGE 61, 256, 274; 72, 300, 307; 92, 185, 191), [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92]also mit einer Bindungswirkung zu seinen Gunsten entschieden wird, die nur durch Widerruf oder Rücknahme unter den Voraussetzungen des § 17 AtG aufgehoben werden kann. Andererseits soll das positive Gesamturteil über die Errichtung und den Betrieb der Anlage vermeiden, daß weitere Gestattungen ausgesprochen - und vom Unternehmer darauf bezogene Investitionen vorgenommen - werden für eine Anlage, die voraussichtlich nicht die Genehmigungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 AtG erfüllen wird und deshalb nicht in Betrieb gehen könnte (BVerwGE 92, 185, 191) [BVerwG 11.03.1993 - 7 C 4/92].
Der Gesichtspunkt der Verminderung des Investitionsrisikos bei der Planung von Atomanlagen wird zwar in der Rechtsprechung besonders im Zusammenhang mit dem Rechtsinstitut des Vorbescheids (§ 7 a AtG) betont (BVerwG DVBl. 1972, 678); diesem kommt als einer definitiven und mit entsprechender endgültiger Bindungswirkung versehenen Regelung eines Ausschnitts aus dem feststellenden Teil der Anlagengenehmigung (dazu BVerwG DVBl. 1972, 678, 679; BVerwGE 70, 365, 372 f; 72, 300, 303; 80, 207, 213) eine gesteigerte Bedeutung zu, insbesondere wenn er sich auf die "Konzeption" (das "Konzept") der Gesamtanlage, nämlich die grundlegenden Auslegungsmerkmale (s. die jetzt in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche Verfahrensverordnung) - AtVfV - i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 181) enthaltene Legaldefinition), bezieht. Das heißt aber nicht, daß bei einer Teilgenehmigung, die - wie vorliegend die 1. TG (alt) - nicht mit einem Vorbescheid im Rechtssinne verknüpft war (BVerwGE 80, 207, 212; vgl. auch BVerwGE 72, 30 [BVerwG 12.07.1985 - 6 C 95/82]l, 304, 305), das amtshaftungsrechtlich geschützte Vertrauen des Unternehmers auf die Rechtmäßigkeit des gestattenden Teils beschränkt wäre. Vielmehr kommt grundsätzlich darüber hinaus dem in der Teilgenehmigung enthaltenen vorläufigen positiven Gesamturteil eine vertrauensbildende Wirkung zu. Dieses Vertrauen kann nicht mit dem Hinweis von vornherein als haftungsrechtlich nicht schutzwürdig abgetan werden, der Antragsteller hätte, um hinsichtlich des vorläufigen positiven Gesamturteils sicherer zu gehen (vgl. BVerwGE 70, 365, 373 f), einen Vorbescheid erwirken müssen; es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, allein deshalb die Genehmigungsbehörde, die beim Erlaß einer Teilgenehmigung amtspflichtwidrig gehandelt hat, von vornherein aus ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung zu entlassen.
(4) All dies führt zu dem Schluß, daß bei einer atomrechtlichen Teilgenehmigung der Schutz des Vertrauens des Antragstellers als zukünftigen Errichters, Betreibers oder sonstigen Inhabers in dem Sinne Beachtung findet, daß die Amtspflicht der Bediensteten der Genehmigungsbehörde, keine rechtswidrige (Teil-)Genehmigung zu erteilen, grundsätzlich zu seinen Gunsten drittschützend wirkt, weil eine solche (Teil-)Genehmigung als "Verläßlichkeitsgrundlage" (vgl. Senat BGHZ 106, 323, 335; 117, 83, 87) [BGH 16.01.1992 - III ZR 18/90]in Betracht kommt.
dd) Aus den Überlegungen, die es erfordern, (auch) eine atomrechtliche (Teil-)Genehmigung als Vertrauenstatbestand in Betracht zu ziehen, dem haftungsbegründende, die Drittbezogenheit der Amtspflicht im Genehmigungsverfahren prägende Bedeutung zukommen kann, ergibt sich andererseits zugleich der Maßstab für die Begrenzung der Haftung im Rahmen des Amtshaftungstatbestands (vgl. de Witt/Burmeister aaO. S. 1040 f). So hat der Senat in BGHZ 117, 83, 90 f [BGH 16.01.1992 - III ZR 18/90]ür den Fall einer im Rahmen eines förmlichen Bauvoranfrageverfahrens abgegebenen mündlichen Auskunft des Sachbearbeiters nicht erst unter dem Gesichtspunkt eines mitwirkenden Verschuldens i.S. des § 254 BGB, sondern bei der Prüfung der objektiven Reichweite des dem Geschädigten durch das Amtshaftungsrecht gewährten Vermögensschutzes - darauf abgestellt, ob der Adressat, unbeschadet des Umstandes, daß er weder einen rechtsverbindlichen Vorbescheid noch eine wirksame Zusicherung des Erlasses eines solchen in Händen hielt, gleichwohl in schutzwürdiger Weise auf die Richtigkeit und Verbindlichkeit der mündlichen Auskunft vertrauen und diese zur Grundlage für die dort in Rede stehende Vermögensdisposition machen durfte.
Die Frage, ob und inwieweit behördliches Handeln bei dem Betroffenen überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen als Grundlage für Vermögensdispositionen zu begründen geeignet war, ist nicht auf amtliche Auskünfte beschränkt, sondern sie kann sich auch bei begünstigenden Verwaltungsakten stellen (vgl. für die Baugenehmigung Senatsurteil vom 5. Mai 1994 aaO.).
Nach Auffassung des Senats muß der amtshaftungsrechtliche Vertrauensschutz generell dort, und zwar nach der erwähnten neueren Rechtsprechung des Senats schon im Vorfeld des § 254 BGB (vgl. neben BGHZ 117, 83, 90 [BGH 16.01.1992 - III ZR 18/90] auch die Senatsurteile vom 5. Dezember 1991 - III ZR 167/90 - JZ 1992, 1072 [BGH 05.12.1991 - III ZR 167/90] m. Anm. Ossenbühl, vom 19. März 1992 - III ZR 16/90 - NJW 1992, 1953, 1955 und vom 5. Mai 1994 aaO.), seine Grenzen finden, wo bereits nach allgemeinem Verwaltungsrecht grundsätzlich von vornherein jeder Vertrauensschutz für den Adressaten des Verwaltungsakts ausscheidet (vgl. Papier aaO. Rn. 210; de Witt/Burmeister aaO. S. 1041; teilweise abweichend - gegen die Berücksichtigung der (fehlenden) konkreten Schutzwürdigkeit des Betroffenen bereits im Amtshaftungstatbestand - Ossenbühl JZ 1992, 1074 f [BGH 05.12.1991 - III ZR 167/90]; Bömer NVwZ 1996, 749 [VG Berlin 20.09.1995 - 19 A 1766/95]; dazu unten b bb (2) (b)). Der Bürger darf zwar grundsätzlich von der "Rechtmäßigkeit der Verwaltung" ausgehen und demgemäß darauf vertrauen, daß die Behörden das ihnen Obliegende richtig und sachgemäß tun. Solches Vertrauen ist jedoch in dem Maß nicht schutzwürdig, in dem der Bürger selbst erkennt oder es sich ihm aufdrängen muß, daß der erteilte Verwaltungsakt geltendes Recht verletzt (Senatsbeschluß vom 22. Februar 1989 aaO. - dort a