Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.07.1995, Az.: IX ZR 132/94
Prozeßbetrieb; Verjährungsunterbrechung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.07.1995
- Aktenzeichen
- IX ZR 132/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15190
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BB 1995, 2135-2136 (Volltext)
- DB 1995, 2524 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1995, 1059-1060 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1995, 1335-1337 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1995, 1962-1965 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zum Ende einer Verjährungsunterbrechung und zum Weiterbetreiben des Prozesses gem. § 211 II BGB.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 81.268,32 DM, die im Jahre 1987 entstanden sein sollen. Die Beklagte bestreitet solche Ansprüche und erhebt die Verjährungseinrede mit der Behauptung, mögliche Gebührenforderungen des Klägers stammten aus dem Jahre 1986.
Am 23. Dezember 1988 ging beim Amtsgericht Stuttgart der Antrag des Klägers ein, einen Mahnbescheid gegen die Beklagte zu erlassen. Das Gericht schrieb dem Kläger am 19. Januar 1989, die Bezeichnung der beklagten GmbH & Co. KG enthalte nicht die Angabe der GmbH als gesetzliche Vertreterin. Insoweit ergänzte der Kläger seinen Antrag am 2. März 1989. Der am 3. März 1989 erlassene Mahnbescheid wurde der Beklagten am 7. März 1989 zugestellt. Diese erhob am 13. März 1989 Widerspruch. Nachdem der Kläger am 11. Januar 1991 den restlichen Gerichtskostenvorschuß gezahlt hatte, wurde das Verfahren an das im Mahnbescheid bezeichnete Landgericht Regensburg abgegeben. Am 8. März 1991 erhielt der Kläger die Aufforderung dieses Gerichts, seinen Anspruch zu begründen. Mit dem am 20. März 1991 eingegangenen Schriftsatz antwortete der Kläger, er beantrage, den Rechtsstreit an das für seinen Wohnsitz zuständige Landgericht Heidelberg zu verweisen. Ein entsprechender Beschluß wurde am 10. April 1991 verkündet. Das Landgericht Heidelberg forderte den Kläger am 24. April 1991 auf, seinen Anspruch zu begründen; diese Verfügung ist dem Kläger nach seiner Behauptung am 26. April 1991 zugegangen. Die Anspruchsbegründung ging am 26. April 1993 ein.
Land- und Oberlandesgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise erfolglos; im übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.
A. Im Umfang der Aufhebung beruht das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler.
I. Das Berufungsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die geltend gemachten Gebührenforderungen des klagenden Rechtsanwalts bestehen, weil solche Ansprüche verjährt seien. Dazu hat es ausgeführt: Es könne offenbleiben, ob die Verjährung mit dem Schluß des Jahres 1986 oder 1987 begonnen habe. Jedenfalls sei Verjährung gemäß § 211 Abs. 2 BGB eingetreten, weil das Verfahren zwei Jahre lang nicht betrieben worden sei. Der Kläger sei der am 8. März 1991 zugestellten gerichtlichen Aufforderung zur Anspruchsbegründung zunächst nicht gefolgt. Deswegen sei, falls die Verjährung mit Zustellung des Mahnbescheids unterbrochen worden sei, diese Unterbrechung beendet worden, als das Landgericht Regensburg am 10. April 1991 den Rechtsstreit an das Landgericht Heidelberg verwiesen habe. Daran ändere nichts, daß dieses Landgericht den Kläger am 24. April 1991 nochmals zur Anspruchsbegründung aufgefordert habe. Diese sei zu spät am 26. April 1993 eingegangen.
II. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die bisher festgestellten Umstände reichen nicht aus für die Annahme, der Klageanspruch sei verjährt.
1. Ein Gebührenanspruch eines Rechtsanwalts verjährt in zwei Jahren (§ 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB). Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§§ 198, 201 BGB). Fälligkeit tritt ein mit der Erledigung des Auftrags oder der Beendigung der Angelegenheit (§ 16 Satz 1 BRAGO). Der Lauf der Verjährungsfrist hängt nicht davon ab, wann der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber die Berechnung der Vergütung mitteilt (§ 18 Abs. 1 Satz 2 BRAGO).
2. Da das Berufungsgericht offengelassen hat, ob die Verjährung Ende des Jahres 1986 oder des Jahres 1987 begonnen hat, ist gemäß dem Vorbringen des Klägers, die berechneten Angelegenheiten seien erst 1987 abgeschlossen worden, im Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Verjährungsfrist mit dem Schluß jenes Jahres in Lauf gesetzt wurde. Diese Verjährung wurde durch die Zustellung des Mahnbescheids am 7. März 1989 rechtzeitig unterbrochen (§ 209 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB). Diese Unterbrechung dauert grundsätzlich fort, bis der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden oder anderweitig erledigt ist (§ 213 mit §§ 211 Abs. 1, 212 a Satz 1 BGB).
3. Die Revision beanstandet mit Recht die Annahme des Berufungsgerichts, die Klageansprüche seien verjährt, weil gemäß § 211 Abs. 2 BGB die Verjährungsunterbrechung vorzeitig geendet habe und die danach neu begonnene Verjährungsfrist abgelaufen sei. Diese Beurteilung darf das Revisionsgericht uneingeschränkt nachprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 19. September 1978 - VI ZR 141/77, VersR 1978, 1142).
Nach § 211 Abs. 2 BGB - in Verbindung mit §§ 212 a Satz 2, 213 Satz 1 BGB (vgl. BGHZ 73, 8, 9 f) - wird, wenn das Verfahren in Stillstand gerät, weil es nicht betrieben wird, die Unterbrechung der Verjährung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts beendet; die danach beginnende neue Verjährung (§ 217 BGB) wird dadurch, daß eine der Parteien den Prozeß weiterbetreibt, in gleicher Weise wie durch Klageerhebung unterbrochen (§ 213 Satz 1 mit §§ 211 Abs. 2, 212 a Satz 2 BGB). Die Verjährungsunterbrechung endet nur dann, wenn der Verfahrensstillstand dadurch eintritt, daß der Rechtsstreit von den Parteien nicht betrieben wird. Diese Bestimmung ist dagegen nicht anzuwenden, wenn das Gericht den Stillstand des Prozesses herbeigeführt hat; das ist der Fall, wenn die Verfahrensleitung ausschließlich beim Gericht lag, dieses aber nicht für den Fortgang des Prozesses gesorgt hat. Zweck des § 211 Abs. 2 BGB ist nämlich, eine Umgehung des § 225 BGB zu verhindern, wonach die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden darf. Die unter § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB fallenden Sachverhalte werden dadurch gekennzeichnet, daß die Parteien ohne triftigen Grund untätig bleiben; allerdings ist im Interesse der Rechtssicherheit auf die nach außen erkennbaren Umstände des Verfahrensstillstands im Verantwortungsbereich der Parteien abzustellen, nicht auf innerlich gebliebene Beweggründe oder auf eine Umgehungsabsicht (BGH, Urt. v. 17. Oktober 1975 - I ZR 3/75, VersR 1976, 36 f; v. 19. September 1978 - VI ZR 141/77, aaO.; v. 21. Februar 1983 - VII ZR 4/82, NJW 1983, 2496 f; v. 20. Oktober 1987 - VI ZR 104/87, NJW-RR 1988, 279; v. 13. April 1994 - VIII ZR 50/93, NJW-RR 1994, 889 [BGH 13.04.1994 - VIII ZR 50/93]).
Die Revision rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Verjährungsunterbrechung mit der Verweisung des Rechtsstreits am 10. April 1991 beendet worden sei.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings - entgegen der Ansicht der Revision - im Ergebnis zutreffend darauf abgestellt, daß nach § 697 Abs. 3 ZPO in der Fassung des Art. 1 Nr. 54 des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 2847) - § 697 Abs. 3 ZPO n.F. - bei nicht rechtzeitigem Eingang der Anspruchsbegründung Termin zur mündlichen Verhandlung nur auf Antrag des Beklagten bestimmt wird und daß hier ein solcher Antrag fehlt. Nach dieser Vorschrift gehört der Fortgang des Verfahrens zum Verantwortungsbereich der Parteien; dagegen hatte nach § 697 Abs. 2 ZPO a.F. der Vorsitzende nach Abgabe der Streitsache aus dem Mahnverfahren Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, wenn die Anspruchsbegründung eingegangen war, spätestens nach Ablauf der dem Antragsteller gesetzten Frist von zwei Wochen zur Begründung seines Anspruchs, so daß danach das Gericht den Rechtsstreit fortzuführen hatte. Die Neuregelung gilt auch im vorliegenden Fall, da sie am 1. April 1991 in Kraft getreten ist (Art. 11 Abs. 5 des Vereinfachungsgesetzes). Die Überleitungsvorschrift des Art. 10 Abs. 4 dieses Gesetzes greift nicht ein; nach dieser Vorschrift gelten für das Mahnverfahren und die Abgabe an das für das streitige Verfahren zuständige Gericht die bisherigen Vorschriften, wenn der Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids vor dem Inkrafttreten der Änderung eingereicht worden ist. Das Mahnverfahren als besondere Prozeßart war bereits beendet und in das Streitverfahren übergegangen, als die Beklagte Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhob und die Sache sodann im Januar 1991 gemäß § 696 Abs. 1 ZPO abgegeben wurde (vgl. BGHZ 103, 20, 27; BGH, Urt. v. 12. März 1992 - VII ZR 207/91, NJW-RR 1992, 1021, 1022). Aus der Begründung des Vereinfachungsgesetzes ergibt sich nichts anderes (BTDrucks. 11/3621 S. 66 - "zu Artikel 9 - Überleitungsvorschriften" -). Danach soll die Übergangsvorschrift einerseits gewährleisten, daß sich die Gerichte in der Gestaltung des Prozeßablaufs und die Parteien in ihrer Prozeßführung der geänderten Rechtslage anpassen können; andererseits soll bewirkt werden, daß die mit dem Gesetz verbundene Entlastung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eintreten kann, und zwar auch in Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängig sind. Diesen letztgenannten Gesichtspunkt hat der Gesetzgeber bei der hier vorliegenden Fallgestaltung bevorzugt.
b) Die Revision macht jedoch zu Recht geltend, die Verjährungsunterbrechung gemäß § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB habe erst mit der gerichtlichen Verfügung vom 24. April 1991 geendet.
Der Rechtsstreit geriet in Stillstand, weil die Parteien ihn nicht betrieben, nachdem die Fortführung des Verfahrens am 1. April 1991 in ihren Verantwortungsbereich übergegangen war. Die letzte Prozeßhandlung des Gerichts im Sinne des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB war - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht die Verweisung am 10. April 1991, sondern die Aufforderung vom 24. April 1991 an den Kläger, seinen Anspruch zu begründen. Beide Maßnahmen konnten das Verfahren fördern. Es ist anerkannt, daß im Sinne des § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB der Rechtsstreit durch eine Prozeßhandlung weiterbetrieben wird, die dazu bestimmt und geeignet ist, das stillstehende Verfahren wieder in Gang zu bringen; unerheblich ist, ob diese Handlung im Einzelfall zum Erfolg führt (BGHZ 52, 47, 51; 73, 8, 10 f; BGH, Urt. v. 20. Oktober 1987 - VI ZR 104/87, NJW-RR 1988, 279 f; v. 19. Januar 1994 - XII ZR 190/92, NJW-RR 1994, 514, 515 [BGH 19.01.1994 - XII ZR 190/92], jeweils m.w.N.). Dementsprechend endet die Verjährungsunterbrechung gemäß § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht vor der maßgeblichen letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts, die das Verfahren fortführen soll und kann (vgl. RGZ 77, 324, 331 f; BGH, Urt. v. 29. Januar 1981 - III ZR 168/79, NJW 1981, 1550, 1551 [BGH 03.12.1980 - VIII ZR 300/79]; OLG Nürnberg OLGZ 1966, 388, 390; BGB-RGRK/Johannsen, 12. Aufl. § 211 Rdnr. 11; Soergel/Walter, BGB 12. Aufl. § 211 Rdnr. 12; MünchKomm/v. Feldmann, BGB 3. Aufl. § 211 Rdnr. 9). Letzte Prozeßhandlung in diesem Sinne war hier diejenige vom 24. April 1991, weil sie in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit jener vom 10. April 1991 stand; nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Heidelberg durfte dieses eine Verfahrensförderung anstreben, indem es den Kläger zur Begründung seines Anspruchs aufforderte. Die Gefahr einer Umgehung des § 225 BGB, die eine Anknüpfung bereits an die Verweisung vom 10. April 1991 gebieten könnte, bestand nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20. Oktober 1987 - VI ZR 104/87, aaO.). Eine solche Gefahr kann bestehen, wenn Prozeßhandlungen im Sinne des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB in erheblichen Zeitabständen vorgenommen werden; würde dann die letzte Prozeßhandlung, die möglicherweise erst am Vortag des Fristablaufs erfolgt ist, als maßgeblich für das Unterbrechungsende angesehen, so könnte die Verjährung entgegen § 225 BGB beliebig erschwert werden. So liegt der Fall hier nicht.
Es kann dahinstehen, ob die maßgebliche Prozeßhandlung die Verjährungsunterbrechung beendet hat mit der richterlichen Verfügung vom 24. April 1991, ihrer Ausführung am 25. April 1991 oder mit ihrem Zugang, der nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Klagevortrag am 26. April 1991 erfolgt ist (vgl. dazu RGZ 77, 324, 329; BGHZ 88, 174, 175; BGH, Urt. v. 29. Januar 1981 - III ZR 168/79, aaO.; v. 20. Oktober 1983 - I ZR 86/82, NJW 1984, 2102, 2103 f; OLG München NJW-RR 1988, 896 [OLG München 18.01.1988 - 28 U 4843/87]). Selbst wenn auf den Zeitpunkt der Verfügung oder ihrer Ausführung abzustellen wäre, so hätte der Kläger die neue Verjährung mit seiner am 26. April 1993 - einem Montag - eingegangenen Anspruchsbegründung unterbrochen (§§ 193, 211 Abs. 2 Satz 2, 217 HS 2 BGB).
B. Das angefochtene Urteil ist aus einem anderen Grunde im Ergebnis insoweit richtig, als die geltend gemachten Gebührenforderungen in Höhe von insgesamt 42.570 DM nebst Mehrwertsteuer schon nach dem Vorbringen des Klägers nicht gerechtfertigt sind (§ 563 ZPO). Dies betrifft die Ansprüche auf eine Verkehrsanwaltsgebühr und einen Gebührenzuschlag von 200 % in der Angelegenheit "A. I" sowie auf Erstattung der Fahrtkosten in der Sache "E. I". Die Beklagte hat den Kläger in den Vorinstanzen darauf hingewiesen, daß er diese Forderungen nicht schlüssig dargelegt habe (GA I 139/147, 231, II 115). Diesen Hinweis brauchte das Gericht gegenüber dem rechtskundigen Kläger nicht zu wiederholen (vgl. BGH, Urt. v. 4. Juli 1989 - XI ZR 45/88, BGHR ZPO § 139 Abs. 1 - Anwaltsprozeß 3 m.w.N.). Die Erklärungen des Klägers in der Revisionsverhandlung haben den Mangel nicht behoben.
Der Kläger legt seinen Gebührenforderungen die im Rechtsstreit vorgelegte - undatierte - Abrechnung zugrunde (GA I 93). An seine abweichenden früheren Gebührenrechnungen (GA I 97, 99, 155) ist der Kläger nicht gebunden (vgl. BGH, Urt. v. 4. Dezember 1986 - III ZR 51/85, NJW 1987, 3203 [BGH 04.12.1986 - III ZR 51/85]; v. 24. November 1994 - IX ZR 222/93, ZIP 1995, 118, 120).
I. In der Angelegenheit "A. I" stehen dem Kläger eine Verkehrsanwaltsgebühr in Höhe von 4.650 DM und ein "200 %-Zuschlag" von 37.200 DM auf die Gesamtgebühren - jeweils nebst 14 % Mehrwertsteuer - nicht zu.
Dazu hat der Kläger in den Vorinstanzen behauptet, die Beklagte habe ihn beauftragt, in Verbindung mit ihren Anwälten in Schottland dort bei einem Händler Maschinen und Ersatzteile im Werte von 714.191,26 DM sicherzustellen und zurückzuführen. Unter seiner Mitwirkung sei der Händler veranlaßt worden, der Beklagten zwei Bagger nebst den Ersatzteilen freizugeben, und sei ein Auseinandersetzungsvertrag am 16. Mai 1986 vorbereitet worden, der später zustande gekommen sei (GA I 41, 67, 167, 177, II 71 ff).
Danach handelt es sich um eine Auslandssache; ihrer Abrechnung durfte der Kläger die Vorschriften der BRAGO in sinngemäßer Anwendung zugrunde legen (§ 2 BRAGO; vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO 12. Aufl. § 2 Rdnr. 7).
1. Nach § 52 BRAGO erhält der Rechtsanwalt, der lediglich den Verkehr der Partei mit dem Prozeßbevollmächtigten führt, hierfür eine Gebühr in Höhe der dem Prozeßbevollmächtigten zustehenden Prozeßgebühr. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, daß der Auftrag und seine entsprechende Tätigkeit darauf gerichtet gewesen seien, eine Information der Beklagten an schottische Prozeßbevollmächtigte für eine Prozeßführung weiterzuleiten (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert aaO. § 52 Rdnr. 3, 5, 21). Nach seinem Vorbringen hatte der Kläger Maschinen und Ersatzteile sicherzustellen und zurückzuführen.
Auch seine Erklärung in der Revisionsverhandlung, er habe zur Erledigung seiner Aufgabe in Schottland Rechtsanwälte im eigenen Namen beauftragt, um sicherzugehen, daß sein Vorgehen mit dem dortigen Recht im Einklang stehe, und habe diesen Anwälten 5000 Pfund gezahlt, rechtfertigt keine Verkehrsanwaltsgebühr.
2. Einen Anspruch auf den Gebührenzuschlag hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
a) Nach § 3 BRAGO kann der Rechtsanwalt aus einer Vereinbarung eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur fordern, wenn die Erklärung des Auftraggebers in einer besonderen Urkunde abgegeben wurde. Der Kläger hat nicht behauptet, daß eine solche Honorarvereinbarung bis zur Erledigung des Auftrags zustande gekommen sei. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 26. März 1987 (GA I 101/103), auf das dieser in seiner Abrechnung Bezug genommen hat; dies hat der Kläger in seinem Antwortschreiben vom 30. März 1987 eingeräumt (GA I 151/153).
Für einen Anspruch auf eine "Erfolgsprovision" gemäß der ursprünglichen Rechnung des Klägers vom 9. März 1987 (GA I 99) fehlt schon eine Vereinbarung der Parteien.
b) Selbst wenn es gemäß dem - von der Beklagten bestrittenen (GA II 115) - Klagevortrag (GA I 69, II 73 ff) üblich gewesen sein sollte, daß die Beklagte an den Kläger das Zwei- bis Dreifache der gesetzlichen Vergütung zahlte, so fehlt eine formgerechte Verpflichtung der Beklagten im Sinne des § 3 BRAGO.
c) Der Kläger hat nach eigenem Vorbringen auch keine anwaltsfremde Tätigkeit ausgeübt, für die § 3 BRAGO nicht gilt (vgl. BGH, Urt. v. 22. Dezember 1966 - VII ZR 195/64, NJW 1967, 876; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert aaO. § 3 Rdnr. 1). Der Kläger hat zwar behauptet, ursprünglich habe er den Schwerpunkt seiner Arbeit in einer Tätigkeit als Unternehmensberater gesehen (GA I 73). Er hat aber eingeräumt, daß er tatsächlich der Beklagten auftragsgemäß rechtlichen Beistand geleistet hat (GA I 167).
II. In der Angelegenheit "E. I" hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der geltend gemachten Fahrtkosten von 720,00 DM nebst 14 % Mehrwertsteuer nicht schlüssig dargelegt (§§ 25 Abs. 2, 28 BRAGO).
Unstreitig war Auftraggeberin in dieser Angelegenheit C. E. (GA I 53, 147). Dieser hat der Kläger auch seine ursprüngliche Rechnung vom 10. August 1986 erteilt (GA I 155).
Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 240 StGB zu, den der Kläger geltend macht mit der Begründung, der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten habe der Auftraggeberin - seiner Cousine, die wirtschaftlich von ihm abhängig sei - untersagt, die Fahrtkosten zu bezahlen (GA I 61). Der Kläger hat nicht dargelegt, daß - gemäß § 31 BGB analog, § 831 BGB - der Geschäftsführer dies in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen getan und dabei rechtswidrig mit einem empfindlichen Übel gedroht habe.
Die Ansicht des Klägers, eine Schuldübernahme der Beklagten ergebe sich daraus, daß der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin die Rechnung des Klägers der Auftraggeberin abgenommen habe (GA I 193), ist unzutreffend.
III. Sollten die übrigen Ansprüche nicht verjährt sein, so erfordert die Beurteilung ihrer Begründetheit tatsächliche Feststellungen. Insoweit ist dem Kläger noch mit Rücksicht auf §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO Gelegenheit zu geben, sein Vorbringen zu ergänzen und Beweis anzutreten. Klarzustellen ist insbesondere folgendes: Die Höhe einer Vergleichsgebühr in der Angelegenheit "A. I" richtet sich allein nach dem Vergleichsgegenstand (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert aaO. § 23 Rdnr. 41, 50); nach dem eigenen Vorbringen des Klägers scheint sich ein Vergleich nur auf einen Teil der Gesamtforderung der Beklagten erstreckt zu haben (GA 45 f, 73 f). Außerdem ist dem Klagevortrag zur Angelegenheit "A. II" bisher nicht hinreichend klar zu entnehmen, daß dem Kläger im Hinblick auf § 13 Abs. 1, 2 Satz 1, Abs. 5 BRAGO eine Vergütung - über Gebühren in der Angelegenheit "A. I" hinaus - zustehen kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. November 1994 - IX ZR 222/93, ZIP 1995, 118, 122; v. 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431).
C. Danach ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
Sollte sich ergeben, daß die Verjährung der geltend gemachten Gebührenansprüche - gemäß dem Vorbringen der Beklagten - mit dem Schluß des Jahres 1986 begonnen hat, so wird zunächst zu prüfen sein, ob die Verjährung durch die Schreiben der Beklagten vom 26. März 1987 und ihres Anwalts vom 22. Februar 1988 (GA I 101, 105) gemäß § 208 BGB unterbrochen wurde (vgl. dazu BGH, Urt. v. 20. November 1962 - VI ZR 6/62, VersR 1963, 187, 188; v. 5. Dezember 1980 - I ZR 179/78, NJW 1981, 1955). Ist dies nicht der Fall, so wird festzustellen sein, ob eine Verjährungsunterbrechung gemäß § 693 Abs. 2 ZPO eingetreten ist (vgl. dazu BGHZ 86, 314, 322 ff [BGH 29.11.1982 - VIII ZR 178/81]; BGH, Urt. v. 29. September 1983 - VII ZR 31/83, NJW 1984, 242 f [BGH 29.09.1983 - VII ZR 31/83], v. 1. Dezember 1993 - XII ZR 177/92, WM 1994, 439, 440 f).