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Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.10.1971, Az.: II ZR 90/68

Wirksamkeit der Fusion einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft für das Westvermögen der beiden verschmolzenen Gesellschaften; Rechtliche Existenz und Parteifähigkeit einer deutschen Gebietskörperschaft außerhalb des Bundesgebiets; Aufspaltung der Gesellschaft gegen die Gesellschafter mit Rücksicht auf ihr Westvermögen durch infolge von Enteignungsmaßnahmen erlangte gesellschaftsunternehmensbeherrschende Position der öffentlichen Hand der Sowjetischen Besatzungszone (SZB); Heilung des Vertretungsmangels durch Genehmigung eines für eine Aktiengesellschaft von einem Vetreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Fusionsvertrags; Nichtigkeit oder lediglich territorial begrenzte Wirksamkeit der Unternehmensfusion; Territoriale Reichweite hoheitlicher Enteignungsmaßnahmen; Grundsatz der Nichtanwendung ausländischen öffentlichen Rechts

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
21.10.1971
Aktenzeichen
II ZR 90/68
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1971, 11748
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Celle - 18.03.1968
LG Hannover - 19.10.1966

Prozessführer

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...

Prozessgegner

1. ...

2. ...

3. ...

Amtlicher Leitsatz

Eine deutsche Gebietskörperschaft außerhalb des Bundesgebiets und des Landes Berlin gilt in einem Rechtsstreit, in dem über ihr Westvermögen gestritten wird, ohne Rücksicht auf ihr rechtliches Schicksal nach dem 8. Mai 1945 als unter dem alten Namen existent und parteifähig.

Hat ein Vertreter ohne Vertretungsmacht für eine Aktiengesellschaft einen Vertrag abgeschlossen, so kann diesen nur der Vorstand, nicht der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung, nach außen wirksam genehmigen.

  1. a)

    Eine Gesellschaft mit Sitz in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone kann durch dortige Enteignungsmaßnahmen gegen ihre Gesellschafter mit Rücksicht auf Gesellschaftsvermögen im Bundesgebiet in dem Zeitpunkt gespalten worden sein, in dem sich die öffentliche Hand so viele Mitgliedschaftsrechte zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Zwecken angeeignet hatte, daß sie das Gesellschaftsunternehmen Vermögens- und verwaltungsmäßig ähnlich wie bei einer Enteignung der Gesellschaft beherrschte.

  2. b)

    Die behördliche Einsetzung von Sequestern oder Gesellschaftsorganen hat, wenn sie nicht nur eine Fürsorgemaßnahme ist, nur eine territorial begrenzte Wirkung, so daß Verfügungen über Vermögen in einem anderen Hoheitsgebiet grundsätzlich unwirksam sind; nie führt aber im allgemeinen noch nicht zu einer Spaltung des Gesellschaftsvermögens oder der Gesellschaft selbst. Das gleiche gilt für eine Vermögensbeschlagnahme, die erst die Vorstufe einer Enteignung bildet.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 1971
unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Stimpel und
der Bundesrichter Liesecke, Dr. Schulze, Fleck und Dr. Kellermann
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. März 1968 und der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 19. Oktober 1966, soweit sie die am Revisionsverfahren beteiligten Parteien betreffen, wie folgt geändert:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und Anschlußberufung wird festgestellt, daß

  1. 1.

    Die Provinzialsächsische E.-V.-AG - P. - im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit den Beteiligungen weiterbesteht, wie sie vor dem 10. Dezember 1946 bestanden haben, und

  2. 2.

    der Hauptversammlungsbeschluß der PREVAG vom 10. Dezember 1946 zu Punkt 1 (Kapitalerhöhung auf 71 Mio. RM) und Punkt 2 (Ermächtigung des Vorstands zu weiterer Kapitalerhöhung um 18 Mio. RM) sowie

  3. 3.

    der Beschluß des Vorstands der PREVAG vom 14. Mai 1947 (Durchführung der genehmigten Kapitalerhöhung in Höhe von 6.056.000 RM) hinsichtlich des in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Gesellschaftsvermögens nicht wirksam geworden sind.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden, soweit über sie nicht schon zu Lasten der in den Vorinstanzen beteiligten Landkreise entschieden ist, im Verhältnis zwischen den Klägern und den Beklagten zu 1 bis 3 gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob eine am 6. März 1946 in H. an der S. vereinbarte Verschmelzung der L. GmbH in H. (im folgenden: LE-Alt) mit der E. S. AG in H. (in folgenden: ESAG) sowie spätere Kapitalerhöhungen unter Beteiligung weiterer Gesellschafter für das Westvermögen der beiden verschmolzenen Gesellschaften wirksam geworden sind.

2

Die LE-Alt versorgte als Stromverteilungsunternehmen die ländlichen Gebiete der Provinz S. und einige angrenzende Gebiete mit Elektrizität, die sie im wesentlichen von der ESAG bezog. Drei ihrer Betriebsstellen, deretwegen im wesentlichen dieser Rechtsstreit geführt wird, F., R. und Sch., liegen im heutigen Bundesgebiet. Am Stammkapital der LE-Alt in Höhe von 12 Mio. RM waren bei Kriegsende zehn ländliche Elektrizitätsgenossenschaften (die Kläger zu 1 a bis j) mit insgesamt 8.840.000 RM, der Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der Provinz S. und der angrenzenden Staaten e.V. (Kläger zu 1 k) mit 104.000 RM, der Re. mit 56.000 RM und der Pr. verband für die Provinz S. (Kläger zu 2) mit 3 Mio. RM beteiligt.

3

Die ESAG hatte zu dieser Zeit ein Grundkapital von 22 Mio. RM. Darin teilten sich die LE-Alt mit 108.000 RM, die Deutsche C. G.-Gesellschaft in D. (im folgenden: DCGG - Beklagte zu 2) mit 10.120.000 RM, die El. AG in B. (im folgenden: EWAG - Beklagte zu 3), eine Tochtergesellschaft der reichseigenen VIAG, mit 5.556.000 RM, der P. für die Provinz S. (Kläger zu 2) mit 5.556.000 RM und das Land Anhalt mit 660.000 RM. Auch die ESAG hatte im heutigen Bundesgebiet geringfügiges Vermögen.

4

Als Ergebnis von Besprechungen, die seit August 1945 geführt wurden, kamen am 6. März 1946 in H. ein Verschmelzungsvertrag zwischen der LE-Alt als übertragender und der ESAG als übernehmender Gesellschaft sowie ein Konsortialvertrag zwischen der Provinz S., der DCGG, der EWAG, den landwirtschaftlichen Genossenschaften und dem Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften zustande. Die Verschmelzung wurde am selben Tag in einer Hauptversammlung der ESAG und am 16. Mai 1946 in einer Gesellschafterversammlung der LE-Alt beschlossen.; bei der ESAG wurde sie am 23. April 1946 und bei der LE-Alb am 1. August 1946 in das Handelsregister eingetragen. Sie wurde in der Weise durchgeführt, daß die ESAG ihr Grundkapital zunächst auf 18 Mio. RM herabsetzte und dann auf 36 Mio. RM erhöhte. Davon wurden je 9 Mio. RM der Provinz S., der DCGG, der EWAG und der landwirtschaftlichen Gruppe zugeteilt. Die Gesellschaft erhielt nunmehr den Namen "P. E.-V-AG" (PREVAG, am 25. Februar 1948 geändert in "PREVAG En. S. AG"); das ist die Beklagte zu 1. In dem Konsortialvertrag verpflichteten sich unter anderem die Mitglieder der landwirtschaftlichen Gruppe und die DCGG, ihr Stimmrecht bei der PREVAG stets in Übereinstimmung mit den Vertretern der Provinz Sachsen auszuüben und ihre Vertreter im Aufsichtsrat entsprechend anzuweisen. Da die DCGG später ihre in der Provinz S. gelegenen Elektrizitätsversorgungsbetriebe und -beteiligungen einbringen sollte, verpflichteten sich die Vertragschließenden ferner, für die hierzu notwendigen Maßnahmen, insbesondere für Kapitalerhöhungen, zu stimmen.

5

Am 10. Dezember 1946 kam es dann zur Gründung der sog. großen PREVAG. Die DCGG und eine ihrer Tochtergesellschaften, die Al. G.-Aktiengesellschaft D. (AGAG) brachten Betriebe und Beteiligungen an Versorgungsbetrieben gegen PREVAG-Aktien ein. Die Hauptversammlung der PREVAG beschloß eine Kapitalerhöhung auf 71 Mio. RM und ermächtigte den Vorstand, das Kapital gegen Sacheinlagen um weitere 18 Mio. RM zu erhöhen. Die Kapitalerhöhung wurde am 8. April 1947 in das Handelsregister eingetragen. Die Beteiligungen waren nunmehr folgende:

DCGG42.908.000 RM
AGAG1.092.000 RM
Land S.-A.9.000.000 RM
(früher Provinz S.) EVAG9.000.000 RM
L. Gruppe9.000.000 RM.
6

Gestützt auf die ihm erteilte Ermächtigung der Vorstand der PREVAG am 14. Mai 1947, das Grundkapital um weitere 6.056.000 RM erhöhen. Im Zusammenhang damit kamen als neue Aktionäre drei Landkreise hinzu, die in den Vorinstanzen mit verklagt waren, am Revisionsverfahren aber nicht mehr beteiligt sind.

7

Am 14. Oktober 1948 gründeten die PREVAG und eines ihner Vorstandsmitglieder die "L.- GmbH" in H. (im folgenden: LE-Neu), der nie am 22. Dezember 1948 ihre in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Betribsstellen F., R. und Sch. verkaufte. In Dezember 1953 verlegte die LE-Neu ihren Sitz nach F., wo sie schon vorher eine Zweigstelle errichtet hatte.

8

Die PREVAG wurde nach Überführung ihres Vermögens in "Volkseigentum" am 26. Februar 1949 im Handelsregister in H. gelöscht. Für sie ist in der Bundesrepublik Deutschland ein Notvorstand bestellt werden.

9

Die früheren Gesellschafter der LE-Alt halten deren Verschmelzung mit der ESAG jedenfalls hinsichtlich des Westvermögens für unwirksam und haben demgemäß die Fortsetzung der Gesellschaft im Bundesgebiet, die Änderung ihres Namens in "Alte H. L. GmbH" und die Verlegung ihres Sitzes nach Ha. beschlossen. Dort ist die Gesellschaft - es ist die Klägerin zu 4 - am 24. September 1963 in das Handelsregister eingetragen worden.

10

Die Kläger haben mit Feststellungsanträgen für das Bundesgebiet in erster Linie das Nichtbestehen einer "PREVAG", die Unwirksamkeit der Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG und den Portbestand der LE-Alt, hilfsweise die Unwirksamkeit der Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 10. Dezember 1946 und vom 14. Mai 1947 geltend gemacht. Sie haben dies vor allem damit begründet, daß die Enteignung der Energieversorgungs- und -verteilungsunternehmen von vornherein das Ziel der Behörden in der damaligen sowjetischen Besatzungszone (im folgenden: SBZ) gewesen sei und diesem Ziel auch die erzwungene Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG gedient habe. Die beiden Gesellschaften seien schon vor der Fusion Opfer von Enteignungsmaßnahmen oder enteignungsgleichen Eingriffen gewesen, die in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden könnten. Deshalb gehöre das im Bundesgebiet belegene Vermögen der beiden vorschmolzenen Gesellschaften diesen als im Westen weiter bestehenden "Spaltgesellschaften". Weder die Verschmelzung noch die späteren Kapitalerhöhungen, denen weitere Enteignungsmaßnahmen vorausgegangen seien, hätten sich auf dieses Vermögen auswirken können.

11

Die Beklagten haben mit ihrem Klagabweisungsantrag erwidert, sowohl die Verschmelzung als auch die beiden Kapitalerhöhungen seien in Verfolgung alter Pläne zustande gekommen, um die Energiewirtschaft in dem betreffenden Gebiet ohne behördlichen Zwang zusammenzufassen. Die hierbei maßgeblich Beteiligten hätten aus sachlicher Überzeugung und nicht als Urheber, Werkzeuge oder Opfer einer von Anfang an geplanten Enteignung gehandelt. Im Wege der Widerklage haben die Beklagten beantragt, das Grundkapital der PREVAG in Höhe von 77.056.000 RM mit den Beteiligungen aufgrund der Kapitalerhöhung vom 14. Mai 1947, hilfsweise in Höhe von 71.000.000 RM mit den Beteiligungen aufgrund des Kapitalerhöhungsbeschlusses vom 10. Dezember 1946 festzustellen.

12

Das Landgericht hat den Hauptanträgen der Kläger stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Beklagten haben Berufung eingelegt. Die Kläger haben nunmehr, teilweise im Wege der Anschlußberufung, beantragt,

  1. I.

    festzustellen, daß

    1. 1.

      die Beklagte zu 1 unter der Firma PREVAG im Bundesgebiet nicht existiert und daher die Klüger und die Beklagten zu 2 und 3 nicht an ihr beteiligt sind, vielmehr beteiligt sind

      1. a)

        an der im Bundesgebiet weiterbestehenden ESAG die Kläger zu 2 bis 4 und die Beklagte zu 2,

      2. b)

        an der im Bundesgebiet weiterbestehenden Klägerin zu 4 (LE-Alt) die Kläger zu 1 und 2 und der Re., jeweils nach den Stand vor der Fusion,

    2. 2.

      die Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG vom 6. März 1946 im Bundesgebiet unwirksam ist und daher den Beklagten zu 1 bis 3 keine Rechte an dem im Bundesgebiet befindlichen Vermögen der Klägerin zu 4, der Beklagten zu 1 keine Rechte an dem dort befindlichen Vermögen der ESAG zustehen;

  2. II.

    hilfsweise unter Abweisung der Widerklage festzustellen,

    daß infolge Spaltung die Firma der Beklagten zu 1 im Bundesgebiet als PREVAG Pr. E.-Versorgungs-AG mit den vor dem Kapitalerhöhungs- und Ermächtigungsbeschluß vom 10. Dezember 1946 bestehenden Beteiligungen weiterbesteht und daß dieser Beschluß

    und ferner der Beschluß der PREVAG vom 14. Mai 1947 (weitere Kapitalerhöhung) hinsichtlich des im Bundesgebiet gelegenen Vermögens unwirksam sind.

13

Das Oberlandesgericht hat (ausgehend von der Unwirksamkeit nur des Beschlusses vom 14. Mai 1947) auf die Klage der Kläger zu 1, 3 und 4 und die Widerklage festgestellt, daß das Grundkapital der PREVAG 77 Mio. RM beträgt und daran die Kläger zu 1 a bis k (landwirtschaftliche Gruppe), die Beklagten zu 2 und 3 (DCGG und AGAG) und das Land S.-A. so, wie es sich nach der Kapitalerhöhung vom 10. Dezember 1946 ergibt, beteiligt sind. In übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.

14

Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Beklagten bitten, verfolgen die Kläger ihre Feststellungsanträge, soweit sie abgewiesen wurden, weiter.

Entscheidungsgründe

15

A.

Parteifähigkeit und Prozeßvertretung

16

Die Parteifähigkeit der einzelnen Prozeßbeteiligten (§ 50 ZPO) ist von Amts wegen zu prüfen.

17

I.

Kläger zu 2 ist der "P. für die Provinz S. zu M.", vertreten durch den Bundesminister des Innern. Bei ihm handelt es sich um eine Gebietskörperschaft, die ohne Rücksicht auf die noch zu erörternden Zweifel an ihrem Fortbestand seit 1945 (vgl. B I 2 a) aa) für diesen Rechtsstreit als parteifähig zu betrachten ist. Nach § 27 Abs. 3 des Rechtsträger-Abwicklungsgesetzes (RTAG) vom 6. September 1965 (BGBl. I 1065) sind die im Geltungsbereich des Gesetzes belegenen Vermögensgegenstände die am 8. Mai 1945 deutschen Gebietskörperschaften außerhalb des Bundesgebiets und des Landes Berlin zustanden, zur Sicherstellung und Erhaltung ihres Bestandes in die treuhänderische Verwaltung des Bundes übergegangen. Damit behandelt der Bundesgesetzgeber insoweit, als es sich um die Verwaltung von Westvermögen handelt, dessen alte Rechtsträger nach dem Stande vom 8. Kai 1945 und mit dem damaligen Namen vorläufig als fortbestehend, ohne sich mit dem späteren Schicksal dieser Rechtsträger zu befassen; die endgültige Klärung der Rechtsverhältnisse an den Vermögen sollte der Wiedervereinigung Deutschlands oder einem künftigen Friedensvertrag vorbehalten bleiben (Féaux de la Croix, WM 1967, 1262, 1266 ff; vgl. ferner Begr. zu § 27 RTAG, BTDs IV/822 Nr. 64, vgl. auch Nr. 61; Schriftl. Bericht des RA, BTDs IV/3585 S. 2). Hieraus folgt, daß der Provinzialverband für Verwaltungszwecke des Bundes und deshalb auch für diesen Prozeß, in dem um Anteile an Gesellschaften mit heutigem Sitz im Bundesgebiet gestritten wird, ungeachtet aller Änderungen nach dem 8. Mai 1945 als unter der alten Bezeichnung noch existent und parteifähig gilt.

18

II.

Als Klägerin zu 4 tritt die "Alte H. L. GmbH in Ha." auf, die geltend macht, die ehemals in H. ansässige LE-Alt im Bundesgebiet fortzuführen. Geht man mit dem Berufungsgericht davon aus, daß entgegen dem Klagevorbringen die Verschmelzung der LS-Alt mit der ESAG im Jahre 1946 auch für das Bundesgebiet als wirksam anzuerkennen ist, so ist die LE-Alt mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister endgültig und vollständig erloschen und konnte demgemäß auch durch eine Sitzverlegung in das Bundesgebiet nicht wieder aufleben (§ 240 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 249 Abs. 2 AktG 1937).

19

Jedoch gilt für Ansprüche, die sich aus der Verschmelzung für die übertragende Gesellschaft ergehen, diese Gesellschaft als fortbestehend und damit als parteifähig (§ 243 Abs. 2, § 249 Abs. 5 Satz 3 AktG 1937 = § 349 Abs. 2, § 355 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965). Darunter fällt auch eine Klage, mit der die übertragende Gesellschaft, wie hier, unter anderem die Nichtigkeit des Verschmelzungsvertrags im ganzen oder zumindest dessen nur territorial begrenzte Wirksamkeit gegen die übernehmende Gesellschaft geltend macht (Schilling in Großkomm. AktG 2. Aufl. § 246 Anm. 11; Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl. § 352 Rn. 5). Allerdings schreibt das Gesetz für die in § 243 Abs. 1 und 2 AktG 1937 (= § 349 Abs. 1 und 2 AktG 1965) genannten Ansprüche vor, daß sie nur durch einen besonderen Vertreter erhoben werden können (§ 244 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 5 Satz 3 AktG 1937, § 350 Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965). Hierdurch soll eine Häufung gleichartiger Prozesse vermieden und eine einheitliche Entscheidung gewährleistet werden (Baumbach/Hueck a.a.O. § 350 Rn. 1). Dieser Gesichtspunkt scheidet aber aus, wenn sich, wie im vorliegenden Fall, die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft unter der alten Satzung wieder zusammengefunden haben, um durch ein neu bestelltes Vertretungsorgan die (völlige oder mindestens teilweise) Unwirksamkeit der Verschmelzung und damit den Fortbestand der Gesellschaft für das Westvermögen in teils unmittelbarer, teils entsprechender Anwendung der §§ 249 Abs. 2, 243 Abs. 2 AktG 1937 geltend zu machen. Hier besteht weder ein Bedürfnis für die Bestellung eines besonderen Vertreters noch die Gefahr, daß über gleichartige Ansprüche uneinheitlich entschieden werden könnte. Die Klägerin zu 4 ist daher nicht nur als parteifähig zu behandeln, sondern auch durch ihre Geschäftsführer ordnungsmäßig vertreten.

20

B.

Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG

21

I.

Die Entscheidung über den Hauptantrag der Kläger, der sich gegen die Verschmelzung von 1946 richtet, hängt sachlich zunächst davon ab, ob die Verschmelzung, unabhängig von der Frage ihrer Wirksamkeit für das Westvermögen, dem geltenden Recht entsprach.

22

1.

Das Zustandekommen einer Fusion kann daran scheitern, daß der Verschmelzungsvertrag nichtig ist (RGZ 124, 279, 290; Schilling a.a.O. § 246 Anm. 10, 11; Baumbach/Hueck a.a.O. § 352 Rn. 5, 7 m.w.N.). Hierzu haben die Kläger vor allem geltend gemacht, die beteiligten Gesellschaften seien bei Abschluß dieses Vertrags nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen.

23

a)

Die ESAG war laut notarieller Niederschrift vom 6. März 1946 durch den Direktor Dipl. Ing. Gi., der vom Präsidenten der Provinz S. zum kommissarischen Vorstandsmitglied berufen worden war, und den Abteilungsdirektor Br. vertreten. Nach ihrer Satzung genügte die Vertretung durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen (vgl. § 71 Abs. 3 AktG 1937).

24

aa)

Das Berufungsgericht läßt offen, ob die Bestellung Gi. wirksam war, und meint, ein etwaiger Mangel der Vertretungsmacht sei durch die nachträgliche Genehmigung seiner Tätigkeit durch den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der ESAG geheilt worden. Das ist zwar rechtlich nicht haltbar, weil Aufsichtsrat oder Hauptversammlung die ESAG bei Abschluß des Fusionsvertrages nicht vertreten und demgemäß auch den ohne Vertretungsmacht für sie abgeschlossenen Vertrag nach außen hin nicht wirksam genehmigen konnten.

25

Der vom Berufungsgericht unterstellte Mangel der Vertretung ist aber auf andere Weise geheilt worden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Aufsichtsrat der ESAG, gegen dessen ordnungsmäßige Bestellung und Beschlußfähigkeit die Kläger keine konkreten Tatsachen anführen konnten, Gi. Bestellung zum ordentlichen Vorstandsmitglied noch am 6. März 1946, unmittelbar nach der Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags, bestätigt. Gi. ist in der Hauptversammlung der ESAG vom selben Tag, in der die Verschmelzung beschlossen wurde, für die Gesellschaft aufgetreten, hat die Versammlungsniederschrift mit unterzeichnet und auch in der Folgezeit bei der Durchführung der Fusion mitgewirkt. Damit hat er seine namens der ESAG abgegebene Vertragserklärung vom 6. März 1946 als ordentliches Vorstandsmitglied eindeutig aufrechterhalten. Hierin lag eine Genehmigung nach § 182 Abs. 1 BGB.

26

bb)

Br. war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Vertragsabschluß Prokurist der ESAG. Gegen seine Mitwirkung beim Abschluß des Fusionsvertrags bestehen nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts keine Bedenken, weil sich bei der "unechten" Gesamtvertretung nach § 71 Abs. 3 AktG 1937 (= § 78 Abs. 3 AktG 1965) die Vertretungsmacht des mitwirkenden Prokuristen nicht nach den §§ 48 ff HGB, sondern nach der des ordentlichen Vertretungsorgans, hier also des Vorstands, richtet (BGHZ 13, 61, 64) [BGH 31.03.1954 - II ZR 57/53].

27

cc)

Unter dem Gesichtspunkt der ordnungsmäßigen Vertretung ist daher der Verbragsabschluß für die ESAG im Ergebnis nicht zu beanstanden.

28

b)

Für die LE-Alt sind die Direktoren Dipl.-Ing. T. und W. aufgetreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurde sie durch die als "Vorstand" bezeichneten Geschäftsführer vertreten, und zwar, wenn mehrere bestellt waren, durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen. Das Berufungsgericht läßt auch hier dahingestellt sein, ob Th. und W. eine entsprechende Vertretungsmacht schon vor Vertragsabschluß besessen haben, und sieht ihre Erklärungen für die Gesellschaft jedenfalls deshalb als verbindlich an, weil die Gesellschafterversammlung der LE-Alt am 16. Mai 1946 die Fusion gebilligt und auch der Aufsichtsrat zugestimmt habe. Hiergegen bestehen die gleichen Bedenken, wie sie bei der ESAG erörtert wurden; gesetzliches Vertretungsorgan einer GmbH sind weder die Gesellschafterversammlung noch ein Aufsichtsrat, sondern die Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbHG).

29

Im Ergebnis war jedoch die Vertretung auch hier wirksam.

30

aa)

Wie das Berufungsgericht nämlich in anderem Zusammenhang feststellt (BU 39/40), war Theis bereits am 15. Juni 1945 durch die damals noch in Halle amtierende amerikanische Besatzungsbehörde als Geschäftsführer der LE-Alt eingesetzt worden, um dieses wichtige Versorgungsunternehmen wieder funktionsfähig zu machen; am 4. Oktober 1945 wurde er in dieser Eigenschaft in das Handelsregister eingetragen. Das Berufungsgericht hält diese Bestellung als Notmaßnahme für wirksam, weil sich die Besatzungsmacht dabei im Rahmen ihrer Aufgabe gehalten habe, im besetzten Gebiet vorläufig für Ordnung und den Fortgang des zivilen Lebens zu sorgen. Hiergegen ist rechtlich nichts einzuwenden (vgl. BGHZ 8, 348, 363) [BGH 28.01.1953 - II ZR 265/51].

31

bb)

Der zweite Vertreter der LE-Alt, Weiner, wurde unstreitig in der Gesellschafterversammlung vom 16. Mai 1946 zum Geschäftsführer bestellt oder als solcher bestätigt. Das Berufungsgericht nimmt mangels gegenteiliger substantiierter Behauptungen der Kläger an, daß der nach der Satzung hierfür zuständige Aufsichtsrat ordnungsgemäß einen gleichlautenden Beschluß gefaßt hat. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumal Weiner am 22. Juni 1946 als Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen wurde. Da ferner am 1. August 1946 die Verschmelzung bei der LE-Alt in das Handelsregister eingetragen worden ist und hierzu nach § 239 Abs. 1, § 249 Abs. 2 AktG 1937 eine Anmeldung durch die Geschäftsführer unerläßlich war, ist ein etwaiger Vertretungsmangel spätestens in diesem Zeitpunkt ebenfalls durch Genehmigung gemäß § 182 Abs. 1 BGB geheilt worden.

32

c)

Die Nichtigkeit des Verschmelzungsvertrags unter dem Gesichtspunkt unzureichender Vertretung ist demnach nicht dargetan.

33

2.

Eine Verschmelzung wird ferner nicht wirksam, wenn der Verschmelzungsbeschluß auch nur einer der beteiligten Gesellschaften nichtig ist (Schilling a.a.O. § 246 Anm. 10).

34

a)

Die Hauptversammlung der ESAG vom 6. März 1946, in der die Verschmelzung beschlossen wurde, war nach der Versammlungsniederschrift nicht vorschriftsmäßig einberufen worden. Jedoch war das gesamte Aktienkapital vertreten, und die anwesenden Aktionärsvertreter erklärten sich ausdrücklich mit der Abhaltung der Versammlung einverstanden. Es handelte sich also um eine sog. Vollversammlung, bei der Einberufungsmängel nicht mehr nachträglich gerügt werden können (§ 195 Nr. 1, § 198 Nr. 1 und 2 AktG 1937). Das Berufungsgericht führt aus, alle Aktionäre seien in der Versammlung ordnungsgemäß vertreten gewesen. Das ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

35

aa)

Der Provinzialverband für die Provinz Sachsen war durch Verordnung vom 18. September 1945 (VOBl. f.d. Prov. Sachsen 1945 Nr. 2 S. 10) unter Übergang aller Rechte und Pflichten in die neu gegründete Provinz S. überführt worden, die später in "Land S.-A." umbenannt wurde (SMAD-Befehl Nr. 180 v. 21.7.1947 und Ges. v. 6.10.1947 - GBl. Sachsen-Anhalt I 127 u. 158). Demgemäß trat in der Hauptversammlung vom 6. März 1946 nicht mehr der Provinzialverband, sondern die Provinz S. als Aktionärin auf. Das Berufungsgericht erblickt in der Übertragung der Funktionen und des Vermögens des Provinzialverbandes auf die Provinz S. einen öffentlich-rechtlichen Organisationsvorgang, der grundsätzlich auch in der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen sei. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

36

In dem hier maßgebenden Zeitpunkt übten der Kontrollrat für Deutschland als ganzes und die einzelnen Zonenbefehlshaber jeweils für den Bereich ihrer Besatzungszone die oberste Gesetzgebungs- und Regierungsgewalt aus. Maßnahmen, die sie oder von ihnen ermächtigte deutsche Stellen in ihrem Zuständigkeitsbereich insbesondere auf öffentlich-rechtlichem Gebiet getroffen haben, sind grundsätzlich als wirksam anzuerkennen (OGHZ 1, 87, 92). Das gilt auch für die Auflösung, Umbildung oder Neubildung von Gebietskörperschaften und Verwaltungseinheiten in allen vier Besatzungszonen einschließlich eines damit verbundenen Funktions- und Vermögensübergangs. Hierfür ist es gleichgültig, ob man solche staatsrechtlichen Veränderungen lediglich als Fortsetzung der alten Rechtspersönlichkeit in neuer Gestalt begreift oder sie mit dem Begriff der Rechtsnachfolge oder anderen rechtlichen Konstruktionen zu erfassen sucht, und ob Schulden übernommen wurden oder nicht. Die heute in der DDR vertretene These von der Nichtidentität der alten und der neuen öffentlichen Rechtsträger ist daher für die Frage, ob die Provinz S. die zuvor dem Provinzialverband zustehenden Aktionärsrechte in ihrem Gebiet wirksam wahrgenommen hat, ohne Belang (vgl. Féaux de la Croix, WM 1967, 1262 ff, 1268 ff gegen Drobnig, ROW 1963, 95 ff). Ebenso kommt es nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts in diesem Zusammenhang nicht auf das Rechtsträger-Abwicklungsgesetz an, das in § 27 Abs. 3 lediglich die Verwaltung des Westvermögens von Ost-Gebietskörperschaften "für wen es angeht" vorläufig regelt (Féaux de la Croix a.a.O., 1267), aber nichts mit der Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit territorialer und organisatorischer Änderungen im Gebiet der sowjetischen Besatzungszone zu tun hat.

37

Mit dem Vorbringen, durch die Eingliederung des Provinzialverbandes in die Provinz S. unter Einschluß aller Vermögensrechte habe der deutsche Verordnungsgeber gegen Befehle der sowjetischen Besatzungsmacht verstoßen, kann die Revision nicht gehört werden. Das Berufungsgericht ist von der Rechtsgültigkeit dieser Maßnahme nach sowjetzonalem Recht ausgegangen. Hieran ist das Revisionsgericht nach § 549 Abs. 1 ZPO gebunden (OGHZ 1, 87 und 386, 389; BGH IzRspr 1958-1959 Nr. 1 b, insoweit in IM ZPO § 286 (C) Nr. 42 a nicht abgedr.).

38

bb)

Was zum Übergang der Rechte und Funktionen des Provinzialverbandes auf die Provinz S. gesagt ist, gilt entsprechend für das Land A.. Dieses war schon 1945 auf Grund eines Befehls der sowjetischen Besatzungsmacht (unstreitiger Tatbestand BU 5) durch Verordnung des Präsidiums der Provinz S. vom 23. Juli 1945 (VOBl. f.d. Prov. Sachsen 1945 Nr. 1 S. 22) mit den bisherigen, durch Teilung der preußischen Provinz S. entstandenen Provinzen Ha.-Me. und Ma. (vgl. Erl. v. 1.4.1944 - RGBl. I 110) zur Provinz S. vereinigt worden. Damit erledigt sich der Hinweis der Revision auf spätere Eingliederungsbestimmungen, die erst nach dem Fusionsbeschluß vom 6. März 1946 in Kraft getreten sein sollen.

39

cc)

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur ordnungsmäßigen Vertretung der DCGG und der EWAG in der Hauptversammlung vom 6. März 1946 sind ebenfalls rechtlich fehlerfrei.

40

dd)

Zur Vertretung der LE-Alt in dieser Versammlung meint das Berufungsgericht schließlich, ein etwaiger Mangel der Vertretungsmacht des für sie auftretenden Direktors T. sei auch hier geheilt worden. Dabei ist es nicht darauf eingegangen, daß im Schrifttum die Meinung vertreten wird, bei der Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft sei (anders als bei der GmbH, vgl. BGH NJW 1969, 841, 845 [BGH 09.12.1968 - II ZR 57/67] zu III 1) eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig und deshalb keine Heilung möglich (Schmidt in Großkomm. AktG 2. Aufl. § 114 Anm. 22; Baumbach/Hueck a.a.O. § 134 Rn. 16). Darauf kommt es indessen nicht an, weil Theis, wie oben zu 1 b aa) ausgeführt wurde, schon am 6. März 1946 als wirksam bestelltes Vertretungsorgan für die LE-Alt handeln konnte.

41

b)

Zur Gesellschafterversammlung der LE-Alt vom 16. Mai 1946, in der die Verschmelzung ebenfalls einstimmig beschlossen wurde, führt das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei aus, ein Einberufungsmangel sei nicht ersichtlich. Wenn dem so ist, dann kommt es auf die weiteren, von der Revision zur Nachprüfung gestellten Ausführungen des Berufungsgerichts über die ordnungsmäßige Vertretung der einzelnen Gesellschafter nicht mehr an. Denn da eine Vollversammlung (§ 51 Abs. 3 GmbHG) hier nicht erforderlich war und der in das Handelsregister eingetragene Verschmelzungsbeschluß gemäß § 249 Abs. 3 AktG 1937 gerichtlich oder notariell beurkundet gewesen sein muß, hätte ein Vertretungsmangel nach den sinngemäß anwendbaren aktienrechtlichen Vorschriften nur durch eine Anfechtungsklage geltend gemacht werden können, die hier nicht erhoben ist (vgl. § 246, § 197 Abs. 1, § 199 Abs. 1 AktG 1937; BGHZ 14, 25, 36 [BGH 09.06.1954 - II ZR 70/53];  51, 209, 212) [BGH 09.12.1968 - II ZR 57/67].

42

II.

Zur Frage, ob die Verschmelzung mit Rücksicht auf das Westvermögen der Genehmigung nach den Militärregierungsgesetzen Nr. 52 und Nr. 53 bedurfte, führt das Berufungsgericht zutreffend aus, diese Frage sei vom Gericht nicht mehr zu prüfen, wenn die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Stelle entschieden habe, daß eine Genehmigung nicht erforderlich sei (BGHZ 1, 294, 300 ff) [BGH 15.03.1951 - IV ZR 9/50]. Ein solches "Negativattest" erblickt es in einer Mitteilung der La. Ni. vom 17. Oktober 1955 an das Amtsgericht F. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies richtig ist. Die Revision, die das bezweifelt, übersieht jedenfalls, daß die La. unter dem 20. Mai 1964 der Beklagten zu 2, die sich zuvor wegen der aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten über die Genehmigungsbedürftigkeit der Verschmelzung schriftlich an sie gewandt hatte, eine Abschrift ihrer Stellungnahme vom 17. Oktober 1955 übersandt und dabei noch einmal ausdrücklich bestätigt hat, daß der Fusionsvertrag vom 6. März 1946 einschließlich seiner Auswirkungen auf westdeutsche Betriebsstellen der LE-Alt keiner besonderen Genehmigung gemäß MRG Nr. 52 (brit. Passung) und Nr. 53 bedurfte. Auf den Wunsch der Klägerin zu 4 nach Überprüfung ergänzte die Landeszentralbank unter dem 31. August 1964 dieses von ihr ausdrücklich als "Negativbescheid", bezeichnete Schreiben noch durch eine ausführliche Begründung (Bl. 197 d.A. 16 T 12/63 LG Hannover = 18 HRB 5731 AG Hannover). Nach dieser Stellungnahme der zur Prüfung der Genehmigungsfrage berufenen Behörde haben die Kläger kein schutzwertes Interesse mehr daran, eine Verletzung der ausschließlich öffentlichen Belangen dienenden Genehmigungsvorschriften geltend zu machen (BGHZ 1, 294, 302) [BGH 15.03.1951 - IV ZR 9/50].

43

III.

Auch wenn die Verschmelzung für das Gebiet der SBZ rechtsgültig war, könnte ihr doch die Wirksamkeit für das Westvermögen unter dem Gesichtspunkt zu versagen sein, daß hoheitliche Eingriffe in Privatrechte, insbesondere Enteignungsmaßnahmen, grundsätzlich nicht über das eigene Hoheitsgebiet hinaus wirken (sog. Territorialprinzip).

44

1.

Dazu ist folgendes vorauszuschicken:

45

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnten Enteignungsmaßnahmen in der SBZ das im Bundesgebiet belegene Vermögen nicht erfassen. Eine in der SBZ enteignete Gesellschaft besteht daher in der Bundesrepublik Deutschland weiter, sofern sie hier Vermögen hat (so in jüngster Zeit Urt. d. Sen. v. 22.2.1971 - WM 1971, 723).

46

b)

Das Vermögen einer juristischen Person und diese selbst können sich auch dadurch spalten, daß alle oder fast alle Mitgliedschaftsrechte an ihr enteignet werden (BGHZ 56, 66, 69 [BGH 31.03.1971 - VIII ZR 40/69];  33, 195 [BGH 06.09.1960 - VII ZR 136/59];  32, 256, 261 [BGH 05.05.1960 - VII ZR 92/58]; BGH WM 1961, 423). Ist dies z.B. bei einer Gesellschaft mit Sitz in der SBZ geschehen, so gehört das im Bundesgebiet belegene Gesellschaftsvermögen nunmehr einer sogenannten Spaltgesellschaft, die sich von der an ihrem Sitz formal bestehen gebliebenen Gesellschaft rechtlich unterscheidet und aus deren bisherigen Mitgliedern gebildet wird.

47

c)

Als Enteignung in diesem Sinne kommen auch hoheitliche oder nur formal in ein privatrechtliches Gewand gekleidete Akte oder rein tatsächliche Eingriffe in Betracht, die zwar nicht als Enteignung bezeichnet, aber, insgesamt gesehen, nach Tendenz und Wirkung einer solchen gleichzuachten sind (vgl. BGHZ 20, 4, 10 [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54] - erstes PREVAG-Urteil des Senats; BGH WM 1961, 423; WM 1964, 734, 738 zu III 3 b aa, insoweit in BGHZ 42, 1 [BGH 18.12.1963 - Ib ZR 88/62] nicht abgedr.; NJW 1960, 189 zu II 1, insoweit in BGHZ 31, 168 nicht abgedr.). So kann die behördliche Einsetzung von Sequestern, Verwaltern oder Gesellschaftsorganen nach Zweck, Ausmaß, tatsächlicher Wirkung und Dauerhaftigkeit des Eingriffs bereits wie eine Enteignung zu werten sein (Beemelmans, Die gespaltene Gesellschaft, 1963 S. 90); sie muß es aber nicht. Ist in ihr noch keine verkappte oder sonstwie faktisch vollendete Vermögensentziehung zu sehen, sondern nur eine vorläufige Maßnahme, so wird im allgemeinen lediglich diese Maßnahme, sofern sie nicht überhaupt nur in Fürsorgeabsicht getroffen wird, eine territorial begrenzte Wirkung haben, so daß etwa Verfügungen des von der Behörde Beauftragten über Vermögen in einem anderen Hoheitsgebiet unwirksam sind oder jedenfalls der besonderen Anerkennung durch den dortigen Hoheitsträger bedürfen (vgl. BGHZ 17, 209, 212 [BGH 10.05.1955 - I ZR 120/53];  25, 134, 150 [BGH 11.07.1957 - II ZR 318/55]; BGH LM AktG § 75 Nr. 11; aber auch LM MRG 52 Art. II Nr. 9 = WM 1959, 668). Sie führt aber noch nicht zu einer Spaltung des Gesellschaftsvermögens oder der Gesellschaft selbst.

48

d)

Wer, wie die Kläger, eine Enteignung oder einen ähnlichen behördlichen Zwangseingriff behauptet, um daraus eine territoriale Aufspaltung von Gesellschaften oder ihres Vermögens herzuleiten, trägt hierfür die volle Beweislast. Das gilt entgegen den Ausführungen der Revision auch für Vorgänge, die sich in den Jahren 1945 bis 1947 im Gebiet der SBZ abgespielt haben. Die dortige Entwicklung war in jenen Jahren so undurchsichtig, uneinheitlich und auf Grund vielfältiger, zum Teil gegensätzlicher Einflüsse auch widersprüchlich, daß es insoweit nicht möglich ist, Lücken in der Beweisführung durch allgemeine Erfahrungssätze auszufüllen. So geht es namentlich nicht an, den an der Bildung der PREVAG unmittelbar oder mittelbar beteiligten Privatpersonen allein schon wegen der politischen Verhältnisse in der SBZ jede wirtschaftliche Handlungsfreiheit abzusprechen. Es gibt keinen für jeden Einzelfall gültigen Erfahrungssatz, wie sich ein allgemeiner politischer Druck in einer bestimmten Lage auswirkt. Ebenso scheidet ein Anscheinsbeweis aus, wenn es etwa um die Frage geht, ob eine bestimmte Maßnahme auf eine Enteignung abzielte (BGH LM ZPO § 286 (C) Nr. 42 a = IzRspr 1958-1959 Nr. 1 b).

49

2.

Unter diesen Gesichtspunkten kommt es in erster Linie auf die Verhältnisse bei der LE-Alt an, die durch den Verschmelzungsvertrag auch ihr im heutigen Bundesgebiet gelegenes Vermögen gemäß § 233 Nr. 1, § 240 Abs. 3 Satz 1 AktG 1937 in die PREVAG einbringen sollte. Die Wirksamkeit dieser Verfügung über Westvermögen wäre zu verneinen, wenn (a) die Vertretungsmacht der für die LE-Alt handelnden Organe allein auf Enteignungsmaßnahmen oder ähnlichen Zwangseingriffen der Zonenbehörden beruht und deshalb an den Grenzen der SBZ halt gemacht hätte. Ebenfalls hätte die Verschmelzung das Westvermögen der LE-Alt nicht erfassen können, wenn (b) die LE-Alt bereits vorher durch behördliche Zwangsmaßnahmen gegen ihre Gesellschafter gespalten gewesen wäre. Beide Möglichkeiten scheiden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus.

50

a)

Die LE-Alt selbst war, wie das Berufungsgericht rechtlich einwandfrei feststellt, niemals Objekt einer Enteignung. Bei der Einsetzung des Geschäftsführers Theis durch die Besatzungsmacht handelte es sich, wie ausgeführt (oben zu I 1 b aa), nicht um eine Zwangsmaßnahme zur Wahrung politischer oder sonstiger hoheitlicher Belange, sondern um die (nicht auf eine bestimmte Vermögensmasse bezogene) Vorsorge für die Leitung und Vertretung eines praktisch handlungsunfähig gewordenen Unternehmens, die - ähnlich wie etwa die Bestellung eines Notvorstands gemäß § 29 BGB - fremde Hoheitsrechte auch insoweit nicht antasten konnte, als Vermögensteile dieses Unternehmens in einem anderen Besatzungsgebiet lagen (vgl. Soergel/Kegel, BGB 10. Aufl. vor Art. 7 EGBGB Rn. 520, 568).

51

b)

Bei der Prüfung, inwieweit die LE-Alt durch Enteignungsmaßnahmen gegen ihre einzelnen Mitglieder selber betroffen worden ist, lehnt das Berufungsgericht die namentlich von Seidl-Hohenveldern (JbIntR 1956, 263, 264, 267) vertretene "extreme Spaltungstheorie" (Mann, RabelsZ 1962/63, 1, 39 ff) ab, wonach die Spaltung der juristischen Person und ihres Vermögens schon dann eintreten soll, wenn auch nur eines ihrer Mitglieder enteignet wird. Dem ist zuzustimmen.

52

Der entscheidende Gesichtspunkt, unter dem auswärtige Enteignungsmaßnahmen zu beurteilen sind, ist der, daß solche hoheitlichen Zwangseingriffe nicht über die Grenzen hinweg wirken können (BGH WM 1966, 221, 223). Das ist ein Ausdruck des allgemeineren Grundsatzes der Nichtanwendung ausländischen öffentlichen Rechts, soweit es Staats- oder wirtschaftspolitischen Zielen dient (BGHZ 31, 367, 370 ff) [BGH 17.12.1959 - VII ZR 198/58]. Wenn in Fortführung dieser Gedanken in der Enteignung aller oder nahezu aller Mitgliedschaftsrechte heute zugleich ein territorial zu begrenzender Zugriff auf das Gesellschaftsunternehmen selbst gesehen wird, so beruht dies vor allem auf der Erfahrung, daß einige Staaten verstärkt dazu übergegangen waren, Gesellschaftsvermögen auf dem Umweg über die Konfiskation der Anteilsrechte an sich zu ziehen, ohne die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft anzutasten (Seidl-Hohenveldern, WM 1967/770, 772; Raape, IPR 5. Aufl. § 67 IV), Da dies auf den Versuch hinauslief, mit Hilfe der gedanklichen Lokalisierung von Anteilsrechten am Sitz der Gesellschaft (vgl. dazu BGHZ, 25, 134, 148) die Wirkungen der Enteignung über das eigene Hoheitsgebiet hinaus zu erstrecken, erschien es geboten, im Widerstreit zwischen der juristischen Konstruktion und einer wirklichkeitsbezogenen Anwendung des Territorialprinzips diesem den Vorrang zu geben (BGHZ 32, 256, 261 [BGH 05.05.1960 - VII ZR 92/58]; Kuhn, WM 1956, 2, 8 ff; Schulte, NJW 1966, 521, 524; vgl. auch BGHZ 20, 4, 12 ff) [BGH 30.01.1956 - II ZR 168/54].

53

Hierfür besteht aber nur dort ein hinreichender Grund, wo Mitgliedschaftsrechte in solchem Umfang enteignet werden, daß dies im wirtschaftlichen Erfolg einer Enteignung der Gesellschaft selbst gleichkommt und deshalb zumindest objektiv nur als Mittel oder Umweg zu diesem Ziel erscheint (Kuhn, WM 1956, 2, 8, 10). Werden dagegen nur einzelne Anteile enteignet, so braucht darin ein anderer Staat noch keinen seine Territorialhoheit berührenden Zugriff auf Vermögenswerte in seinem Gebiet zu sehen; denn diese gehören nicht den betroffenen Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft, die als privatwirtschaftliches Unternehmen im wesentlichen erhalten geblieben ist. Die Wahrung der Gebietshoheit erfordert es in einem solchen Pall nicht, den von der Enteignung verschont gebliebenen Gesellschaftern möglicherweise gegen ihren Willen und ihr Interesse eine Spaltung des Unternehmens und damit auch ihrer Anteile aufzunötigen, die eine unwirtschaftliche Zerschlagung von Werten bedeuten kann (Stöcker, WM, 1964, 530, 538 und 1965, 442, 444; Mann, RabelsZ. 1962/63, 1, 43, 44). Ob einer enteigneten Minderheit, wie das Berufungsgericht meint, auf diesem Weg ohnehin nicht geholfen werden könnte, kann offen bleiben (vgl. dazu Beemelmans, Gespaltene Gesellschaft, 81, 83 und WM 1966, 670, 674).

54

Hat sich der Träger öffentlicher Gewalt freilich so viele Mitgliedschaftsrechte zu wirtachafts- und gesellschaftspolitischen Zwecken angeeignet, daß er - gegebenenfalls unter Einschluß solcher Anteile, die er schon früher besessen hat (vgl. BGH WM 1961, 423) - Vermögens- und verwaltungsmäßig das Gesellschaftsunternehmen ähnlich wie bei einer Enteignung der Gesellschaft beherrscht, so ist dies unter dem Gesichtspunkt der territorialen Begrenzung hoheitlicher Maßnahmen einem Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen gleichzusetzen, der nicht in ein fremdes Gebiet hinüberwirken kann.

55

Eine solche läge war jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der LE-Alt im Zeitpunkt der Fusion nicht gegeben.

56

aa)

Der Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften wurde noch am 6. März 1946 durch das sogenannte Organisationsbüro verwaltet. Die Organisationsbüros waren auf Grund des SMAD-Befehls Nr. 146 vom 20. November 1945 errichtet und "mit der Leitung der landwirtschaftlichen Genossenschaften und ihrer Voreinigungen bis zur Wahl der neuen Verwaltungsorgane" (vgl. Nr. 6 a des Befehls) beauftragt worden. Das Berufungsgericht entnimmt dem Wortlaut der Eingangsformel und den einzelnen Bestimmungen des Befehls, daß er der Wiederbelebung der Genossenschaften und der Wiederherstellung ihrer Funktionsfähigkeit gedient und deshalb als "konservierende" Maßnahme vorübergehender Art keinen Enteignungscharakter gehabt habe. Was die Revision hierzu vorbringt, betrifft die Auslegung oder Anwendung nicht revisiblen Rechts und ist daher nach § 549 Abs. 1 ZPO unbeachtlich.

57

bb)

Die einzelnen landwirtschaftlichen Genossenschaften standen auf Grund des SMAD-Befehls Nr. 146 zunächst ebenfalls unter der Leitung von Organisationsbüros.

58

Später wurden bei ihnen unstreitig (BU 7) allgemein neue Organe gewählt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts geschah dies allerdings in Einzelfällen nur in der Form, daß die neuen Organe sich vorstellten. Auch konnten bei den Überlandzentralen Sa., We. und De., deren Genossen zum Teil jenseits der Zonengrenze wohnten, diese der Zahl nach nicht feststellbaren Genossen an den Versammlungen nicht teilnehmen. Das Berufungsgericht unterstellt, daß diese durch den Zwang der Verhältnisse bedingte Lage einer Enteignung gleichkommen könnte (so OLG Bremen, IzRspr 1954-1957 II Nr. 207 für den Fall, daß unter Ausschaltung der westdeutschen Genossen die Struktur der Genossenschaft grundlegend geändert wird), meint aber, dieser nur für drei Mitgliedsgenossenschaften hinreichend sicher feststellbare Zustand habe noch nicht zur Spaltung der LE-Alt führen können.

59

Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision mit tatsächlichen Darlegungen, ohne jedoch einen Rechtsverstoß aufzeigen zu können. Es bestehen keine Anzeichen für ihre Annahme, das Berufungsgericht habe den von ihr angeführten Prozeßstoff übersehen. Wie bereits bemerkt (oben zu 1 d), konnten die Kläger den fehlenden Nachweis, daß noch andere als die drei genannten Genossenschaften im Zeitpunkt der Fusion konkreten enteignungsgleichen Eingriffen ausgesetzt waren, nicht durch allgemeine Ausführungen über die damaligen politischen Verhältnisse oder gar die spätere Entwicklung in der SBZ ersetzen. Soweit die Revision auf die Bodenreform-Verordnung vom 1. September 1945. (VOBl. f.d. Prov. Sachsen Nr. 1 S. 28), durch die unter anderem "der gesamte feudaljunkerliche Boden und Grundbesitz über 100 ha" enteignet wurde, verweist, fehlen schon für die Tatsacheninstanzen nähere Darlegungen über die Anzahl oder den Anteil von Mitgliedern, die bei den einzelnen Genossenschaften tatsächlich von der Enteignung betroffen waren. Es liefe auf eine uferlose Ausweitung der sogen. Spaltungstheorie hinaus, wollte man annehmen, schon die Enteignung einzelner Genossen könne zu einer Spaltung der Genossenschaft und diese wiederum zur Spaltung einer Gesellschaft führen, an der die Genossenschaft als Mitglied beteiligt ist.

60

Ohne Erfolg beruft sich die Revision schließlich auf eine Bekanntmachung des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 16. September 1946 (GBl. Sachsen-Anhalt 1947 II 44), wonach in das Handelsregister bei der Firma "L., Ü. Li., GmbH" folgendes eingetragen worden war: "Der Präsident der Provinz S., Hauptabteilung Wirtschaft, in H., hat laut Anordnung vom 25. März 1946 Nr. 259 das Unternehmen in die alleinige und tatsächliche Verfügungsgewalt der Provinz S. übernommen." Sollte sich diese Bekanntmachung auf eine Zweigniederlassung der in H. ansässigen LE-Alt bezogen haben (um die Klägerin zu 1 h) scheint es sich nach der Rechtsform nicht zu handeln), so brauchte das Berufungsgericht aus ihr jedenfalls noch nicht auf eine endgültige Enteignung, geschweige denn auf eine solche des Gesamtunternehmens, für den Zeitpunkt seiner Verschmelzung mit der ESAG zu schließen. Das gilt auch, soweit sich im vorgetragenen Prozeßstoff sonstige Hinweise auf örtlich beschränkte Maßnahmen wie die Beschlagnahme oder zeitweilige Sequestrierung einzelner Betriebsstätten der LE-Alt finden mögen.

61

cc)

Durfte das Berufungsgericht hiernach mangels ausreichend substantiierten Vertrags der Kläger davon ausgehen, es stehe nicht fest, daß mehr als drei von den insgesamt zehn Genossenschaften, die fast 75 % der Geschäftsanteile der LE-Alt innehatten, zur Zeit der Fusion enteignet waren, so kommt eine Spaltung der LE-Alt bis zu ihrer Verschmelzung mit der ESAG nicht in Betracht. Auf die Rechtsänderungen, die bis dahin bei den Geschäftsanteilen des Provinzialverbandes und des Reichsnährstands eingetreten waren, kommt es daher nicht mehr an. Insoweit war die LE-Alt, aus den Gesichtswinkel der Abwehr territorialer Übergriffe betrachtet, das geblieben, was sie schon bei Kriegsende gewesen war: Ein Unternehmen mit etwa 25 % Beteiligung der Öffentlichen Hand.

62

3.

Die ESAG als übernehnende Gesellschaft hat durch die Verschmelzung nicht über ihr Westvermögen verfügt; sie hat vielmehr das Westvermögen der - nicht enteigneten oder gespaltenen - LE-Alt noch hinzugewonnen. Die Wirksamkeit dieser Vermögensübertragung und damit der Verschmelzung konnte weder durch eine Enteignung des Vermögens noch eine solche der Gesellschafter der ESAG beeinträchtigt werden. Eine Enteignung der Gesellschafter hätte aber zur Folge haben können, daß wegen des Westvermögens der ESAG, ungeachtet seiner Geringfügigkeit (BU 5; vgl. BGHZ 29, 320, 323, 324),  [BGH 19.02.1959 - II ZR 22/58]vor dem Wirksamwerden der Fusion eine Spaltgesellschaft mit den bisherigen Aktionären entstanden wäre. In diesem Fall wären die beiden Hauptanträge der Kläger wenigstens insoweit begründet, als sie sich auf den Fortbestand der ESAG im Bundesgebiet beziehen.

63

Jedoch fehlen auch insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Spaltung.

64

a)

Die DCGG war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon vor der Fusion staatlichen Eingriffen ausgesetzt. Der Erlaß des SMAD-Befehls Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 über die "Beschlagnahme und provisorische Übernahme einiger Eigentumskategorien in Deutschland" führte zwar nicht von selbst eine Beschlagnahme des Vermögens herbei, sondern bedurfte der Ausführung im Einzelfall (vgl. hierzu auch Grünewald, Das Eigentum und das Eigentumsrecht in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, 1961, 68; Benkard, DRZ 1947, 356; BGHZ 29, 320, 326) [BGH 19.02.1959 - II ZR 22/58]. Aber durch die Anordnung des Präsidenten der Provinz S. vom 14. Januar 1946 wurde die DCGG in die "unmittelbare und ausschließliche Verfügungsgewalt des Landes S.-A." übernommen und am 14. Februar 1946 ihr bisheriger Vorstand zur treuhänderischen Verwaltung berufen. Der Konzernverkehr nach Westen wurde untersagt. Hierüber mußten zumindest die in der SBZ befindlichen Vorstandsmitglieder Verpflichtungserklärungen abgeben. In diesen Maßnahmen sieht das Berufungsgericht den Beginn einer beabsichtigten Enteignung, aber - wie seine späteren Ausführungen (BU 54) deutlich ergeben - noch keine endgültige Enteignung. Zunächst hätten sie nur zu einer Trennung der Verwaltungen für das Ost- und das Westvermögen geführt; über Westvermögen habe die DCGG bei der Fusion aber gar nicht verfügt.

65

Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand. Eine Vermögensbeschlagnahme, die sich, sei es von vornherein, sei es bei nachträglicher Betrachtung, als Vorstufe einer Enteignung darstellt, führt als bloße Verfügungsbeschränkung noch nicht zu einer Spaltung des Vermögens oder einer Gesellschaft, an welcher der unmittelbar Betroffene beteiligt ist. Sie hat lediglich zur Folge, daß Verfügungen des zwangsweise eingesetzten Vertreters oder Verwalters Vermögen jenseits der Grenzen nicht erfassen können (vgl. oben zu 1 c; BGHZ 17, 209, 212 [BGH 10.05.1955 - I ZR 120/53], ausführlicher abgedr. in NJW 1955, 1151 und IzRspr 1954-1957 II Nr. 215); die Fusion zwischen der LE-Alt und der ESAG betraf aber kein Westvermögen der DCGG. Eine endgültige Vermögensentziehung brauchte das Berufungsgericht in den bis zur Fusion gegen die DCGG verhängten Maßnahmen, bei denen nach dem Vortrag der Kläger (Schriftsatz vom 10.12.1967 S. 11, 12) noch Rücksichten auf ausländisches Kapital mitgespielt haben sollen, nicht zu sehen, mag auch die Vermögenskontrolle in der SBZ jedenfalls gegenüber bestimmten Gruppen von Eigentümern von Anfang an stärker als sonstwo auf eine Enteignung ausgerichtet gewesen sein (OGHZ 2, 1, 8 ff; vgl. auch Grünewald a.a.O., 68, 69, wonach allgemein über das Schicksal der sequestrierten Vermögen im Frühjahr 1946 noch nicht endgültig entschieden war). Hierbei konnte es berücksichtigen, daß der Oberbürgermeister von D. der DCGG noch am 12. August 1946 bescheinigt hat, sie stehe nicht zur Enteignung an.

66

Die Bedenken der Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, die Westverwaltung der DCGG habe die Fusion gebilligt, können hiernach auf sich beruhen.

67

b)

Waren aber weder die DCGG als Hauptaktionärin der ESAG noch die LE-Alt (vorstehend zu 2) enteignet, so entfällt eine Spaltung der ESAG wegen Enteignung aller Gesellschafter oder eines gleichzuachtenden Tatbestands. Auf das Schicksal der übrigen Gesellschafter kommt es insoweit nicht an.

68

4.

Die Revision möchte für den Fall, daß die miteinander verschmolzenen Gesellschaften nicht schon vorher enteignet oder gespalten waren, mindestens die Verschmelzung selbst wie eine für das Bundesgebiet nicht anzuerkennende Enteignung gewertet wissen. Ihr ist einzuräumen, daß auch in einer Verschmelzung ein enteignungsähnlicher und deshalb in seiner Wirksamkeit auf das eigene Gebiet beschränkter Eingriff zu sehen sein kann. Das wird dann der Fall sein, wenn die Verschmelzung unter behördlichen Druck vollzogen wird, dem sich die Betroffenen - in diesem Fall wären das in erster Linie die Organe der LE-Alt gewesen - nach Lage der Dinge nicht entziehen können, und wenn sie außerdem in Ergebnis dazu führt, den Gesellschaftern der verschmolzenen Gesellschaften die private Verfügungsmacht über das Unternehmen so gut wie vollständig zu entziehen.

69

Dazu stellt das Berufungsgericht fest, alle an der Fusion beteiligten Unternehmungen und deren Vertreter hätten ihre Entscheidungen nicht unter dem Druck staatlicher Stellen gegen ihre eigene Überzeugung getroffen. Zwar habe die Verwaltung der Provinz Sachsen die Fusion unter allen Umständen verwirklichen wollen und zielstrebig auf sie hingearbeitet. Gelegentlich sei auch angedeutet worden, daß von Staats wegen eingegriffen werden könne. Das sei aber, soweit ersichtlich, auf die Meinungsbildung der beteiligten Gesellschaften ohne Einfluß gewesen. Denn auch diese seien zur Durchführung der Fusion entschlossen gewesen, für die es durchaus vernünftige Gründe gegeben habe; die Vereinheitlichung und Zusammenfassung der Elektrizitätsversorgungs- und -verteilungsunternehmen sei an sich ein erstrebenswertes Ziel gewesen. Es möge sein, daß auf selten der LE-Alt eine Reihe von Genossen lieber die Selbständigkeit der LE-Alt erhalten gewußt und nur gemeint hätten, sich doch nicht mit Erfolg dagegen sträuben zu können, wenn die staatlichen Stellen den Zusammenschluß betrieben. Sie seien aber nicht mit unzulässigen Methoden beeinflußt worden. Die maßgeblichen Vertreter der LE-Alt und des Genossenschaftsverbandes hätten nicht unter Druck, sondern aus sachlicher Überzeugung gehandelt. Dasselbe gelte für die Vertreter der EWAG. Die DCGG schließlich habe geglaubt, sich durch die Zustimmung zur Fusion einer Enteignung ihrer Vermögenswerte in der SBZ entziehen zu können und auf diese Weise an einer echten gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft beteiligt zu sein. Diese Erwägungen seien gewiß zum großen Teil mit Rücksicht auf die politische Lage in der SBZ angestellt worden. Aber gleichwohl handele es sich um freiwillige, auf der damaligen Einschätzung der Verhältnisse beruhende Entschlüsse, selbst wenn - was sich nicht feststellen lasse - die Behörden der SBZ von vornherein beabsichtigt haben sollten, die Fusion als Durchgangsstation für eine spätere Enteignung der Elektrizitätsvers orgungs- und -verteilungsunternehmen zu benutzen.

70

Diese in der Verantwortung des Tatrichters liegenden Feststellungen muß die Revision hinnehmen. Dabei kann der Vortrag der Kläger über die Verhältnisse in der SBZ weitgehend als richtig unterstellt werden. So kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß in der SBZ von Anfang an Kräfte am Werk waren, die, zunächst noch mehr im Verborgenen, als Endziel die Überführung mindestens aller größeren Wirtschafteunternehmen in "Volkseigentum" anstrebten. Es mag auch sein, daß diese Kreise die Gründung der EREVAG unter Benutzung privatwirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten duldeten oder sogar unterstützten, weil sie auf diese Weise ihrem Ziel einen Schritt näherzukommen meinten. Wenn sie sich schließlich durchgesetzt haben, so rechtfertigt dies nicht, in vereinfachender Rückschau auf das Jahr 1946 damalige bloße Zielvorstellungen, weil sie sich später tatsächlich verwirklicht haben, für vollendete Tatsachen zu nehmen, obwohl die Dinge zu jener Zeit noch im Fluß waren. Ebensowenig geht es an, eine in privatwirtschaftlicher Form durchgeführte Fusion, mit der die unmittelbar Beteiligten, vielleicht in zu optimistischer Einschätzung der Lage, staatlichen Zwangsmaßnahmen gerade zu entgehen hofften, als eine mit ihrer Hilfe schon vollzogene Enteignung zu betrachten.

71

Da es hiernach schon an dem Beweis für die Unfreiwilligkeit der Vermögensverfügungen fehlt, kommt es auf den Machtzuwachs, den dis öffentliche Hand durch die Verschmelzung der beiden Unternehmen und den Konsortialvertrag im Vergleich zu den Verhältnissen bei der LE-Alt erfahren haben mag, nicht an.

72

IV.

Da somit die Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG zur PREVAG auch für das Westvermögen der beiden Gesellschaften wirksam ist, bat das Berufungsgericht die Hauptanträge der Kläger mit Recht abgewiesen.

73

C.

Kapitalerhöhung vom 10. Dezember 1946

74

Die für die Hilfsanträge zunächst maßgebliche Frage, ob die Kapitalerhöhung vom 10. Dezember 1946 und die damit zusammenhängenden Veränderungen in der PREVAG auch hinsichtlich ihres im wesentlichen durch die LE-Alt eingebrachten Westvermögens als rechtswirksam anzuerkennen sind, hat das Berufungsgericht ebenfalls bejaht. Insoweit kommt es darauf an, ob die PREVAG durch zwischenzeitliche Eingriffe in ihr Vermögen oder das ihrer Gesellschafter schon vorher gespalten war oder ob solche Vorgänge jedenfalls in Verbindung mit den Maßnahmen zur Kapitalerhöhung zu einer Spaltung geführt haben.

75

I.

Das Berufungsgericht geht hier von folgendem Sachverhalt aus:

76

1.

Die DCGG war inzwischen das Opfer weiterer auf Enteignung gerichteter Maßnahmen gewesen. Nachdem Ende September 1946 sämtliche Eigenbetriebe und Tochtergesellschaften der DCGG in der Provinz S. Enteignungsbescheide erhalten hatten und der DCGG selbst spätestens am 13. Dezember 1946 ein vom 1. September 1946 datierter Bescheid über die Enteignung ihres Betriebs "mit allen seinen in der Provinz S. gelegenen Betriebsteilen" zugegangen war, gipfelten diese Maßnahmen schließlich in einem weiteren, vom 30. September 1946 datierten und der DCGG am 25. Februar 1947 zugestellten Enteignungsbescheid. Einsprüche der DCGG blieben erfolglos. In der Hauptversammlung der PREVAG vom 10. Dezember 1946 hatte neben den Vertretern der DCGG für deren Aktien vorsorglich auch der Vertreter der Provinz mitgestimmt.

77

2.

Die EWAG unterlag als reichseigenes Unternehmen der Beschlagnahme nach dem SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945. Am 22. März 1947 ging der PREVAG ein vom 30. September 1946 datierter Bescheid zu, wonach die PREVAG-Aktien der EWAG zugunsten der Provinz S. enteignet waren.

78

II.

Das Berufungsgericht meint, diesen Tatsachen nicht entnehmen zu können, daß die DCGG und die EWAG bis zum 10. Dezember 1946 enteignet gewesen seien. Die beiden Gesellschafter hätten noch in freier Entscheidung bei der Kapitalerhöhung mitgewirkt, die schon am 6. März 1946 grundsätzlich beschlossen gewesen sei. Eine Rückwirkung der Enteignungsbescheide sei aus rechtsstaatlichen Gründen nicht anzuerkennen.

79

Ob diese Betrachtungsweise dem Gedanken gerecht wird, daß die Auswirkungen fremder Vermögenseingriffe auf das eigene Hoheitsgebiet abzuwehren sind und dabei die Form oder die rechtliche Einkleidung des Eingriffs nicht den Ausschlag geben (oben zu B III 1 c), kann auf sich beruhen. Auch wenn man hiervon absieht, führen die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtlich zu einem anderen Ergebnis.

80

1.

Die Kapitalerhöhung konnte nach § 156 AktG 1937 erst mit der Eintragung ihrer Durchführung in das Handelsregister wirksam werden, die hier unstreitig am 8. April 1947 erfolgt ist (Schriftsatz der Beklagten vom 19. November 1965 S. 85 mit Anl. 65). In diesem Zeitpunkt waren, wie das Berufungsgericht feststellt, sowohl die DCGG als auch der Aktienbesitz der WAG endgültig enteignet. Damit waren bereits vor der Eintragung 75 % des bisherigen Grundkapitals in öffentlicher Hand.

81

2.

Darüber hinaus hat sich die Provinz Sachsen dadurch, daß sie das Vermögen der DCGG wegnahm, nicht nur deren bisherigen Aktienbesitz angeeignet, sondern auf dem Weg über die Einbringung ebenfalls enteigneter Beteiligungen und Betriebe der DCGG mit Hilfe der Kapitalerhöhung eine zusätzliche Beteiligung an der PREVAG verschafft. Infolgedessen fielen ihr von dem neuen Grundkapital von 71 Mio. RM mehr als 85 % zu, den Aktienbesitz der als Tochtergesellschaft der DCGG gleichfalls enteigneten AGAG (BU 54) nicht mitgerechnet. Als privater Aktionär blieb nur die landwirtschaftliche Gruppe mit 12,676 % zurück, die überdies durch die im wesentlichen fortbestehende Stimmbindung aus dem Konsortialvertrag zugunsten der Provinz erheblich in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt war (Nachtrag vom 10.12.1946 zum Konsortialvertrag unter V). Damit trat ein Zustand ein, bei dem von einem kapital- und einflußmäßig ins Gewicht fallenden Restbestand privater Nutzungs- und Verfügungsmacht nicht mehr gesprochen werden kann und der praktisch auf eine Enteignung des Gesellschaftsunternehmens hinauslief.

82

3.

Demnach sind die Enteignungsmaßnahmen gegen Aktionäre der PREVAG, die auch die Rechte der DCGG auf Zuteilung weiterer Aktien erfaßt haben, in Verbindung mit der ebenfalls wesentlich gerade von der Provinz Sachsen betriebenen Kapitalerhöhung im Ergebnis nichts anderes als eine zwangsweise Umwandlung der PREVAG von einem gemischtwirtschaftlichen in ein staatliches Unternehmen. Das kann wegen seiner enteignungsähnlichen Wirkung auf das Vermögen der PREVAG im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden, weil auch hier der Träger offentlicher-Gewalt so viele Mitgliedschaftrechte mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen an sich gebracht hat, daß er im Ergebnis als alleiniger Herr des Unternehmens selbst dasteht (vgl. zu B III 2 b). Infolgedessen ist die PREVAG als gespalten anzusehen, so daß sich die erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam gewordene Kapitalerhöhung vom 10. Dezember 1946 nicht auf das Westvermögen auswirken konnte.

83

4.

Das Berufungsgericht meint allerdings, hierauf könnten sich die Kläger nicht berufen. Die Enteignung der Rechte der DCGG aus dem Einbringungsvertrag sei nämlich in der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennen. Deshalb könne die DCGG von der im Bundesgebiet weiterbestehenden PREVAG die Einräumung einer diesem Vertrag entsprechenden Rechtsstellung verlangen; ihre Mitaktionäre müßten sich insoweit unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht an ihren im Konsortialvertrag übernommenen Verpflichungen und den darauf beruhenden Kapitalerhöhungsbeschluß festhalten lassen. Diese Auffassung läßt sich jedoch rechtlich nicht halten.

84

Wenn der Konsortialvertrag vom 6. März 1946 vorgesehen hatte, daß die DCGG im Zusammenhang mit einer späteren Kapitalerhöhung ihre im Versorgungsgebiet gelegenen Betriebe und Beteiligungen einbringen sollte, so konnte sich dies angesichts der damaligen Lage nur auf Werte beziehen, die als privatwirtschaftliches Vermögen verfügbar waren und blieben. Eine solche Leistung konnte die DCGG aber infolge der Enteignung ihres Vermögens nicht mehr erbringen. Sie kann daher jedenfalls im Verhältnis zu der durch Spaltung entstandenen "West-PREVAG" und deren Aktionären nicht geltend machen, sie müßten ihrerseits auf Grund der gesellschaftlichen Treuepflicht die Kapitalerhöhung für das Westvermögen als wirksam anerkennen. Denn diesen sind die in der heutigen DDR gelegenen Vermögenswerte, die von der DCGG eingebracht werden sollten, aber noch vor dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung enteignet waren, niemals zugutegekommen.

85

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beklagten noch vorgebracht, die Elektrizitätsversorgung Il.-Bla. in No., die nach § 3 des Vertrags vom 10. Dezember 1946 von der DCGG zusammen mit anderen Betrieben in die PREVAG eingebracht werden sollte, habe in das heutige Bundesgebiet hinübergereicht. Es ist aber in den Tatsacheninstanzen nicht festgestellt, daß die DCGG den Einbringungsvertrag insoweit tatsächlich noch erfüllen konnte und erfüllt hat. Nach dem Vortrag der Kläger (Schriftsatz vom 15. März 1966 S. 9/10) sind der ostzonale Teil der Betriebsanlagen vom Land Th. enteignet und die Westanlagen nach Spaltung des DCGG-Vermögens einem im Westen gebildeten neuen Konzern einverleibt worden. Es kann daher dahingestellt bleiben, wie die Rechtslage wäre, wenn auch die DCGG Westvermögen auf die PREVAG übertragen hätte.

86

D.

Ergebnis

87

Da somit zwar nicht die Verschmelzung der LE-Alt mit der ESAG zur "PREVAG", wohl aber die späteren Rechtsänderungen vom 10. Dezember 1946 und vom 14. Mai 1947 für das im Bundesgebiet belegene Vermögen wirkungslos waren, ist dem Hilfsantrag der Kläger, mit dem sie dies festgestellt haben wollen, in vollem Umfang stattzugeben.

88

Das gilt auch für den Feststellungsantrag des Klägers zu 2, den das Berufungsgericht zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen hat, der Provinzialverband sei nach seiner Eingliederung in die Provinz Sachsen nicht mehr aktiv legitimiert. Wenn der Kläger zu 2 nach § 27 Abs. 3 RTAG für den Zweck der Verwaltung des Westvermögens als noch existent und parteifähig zu behandeln ist (oben zu A I), so muß er auch die Möglichkeit haben, im Rahmen dieser Verwaltungsaufgabe durch die ihn vertretende Bundesbehörde Vermögensrechte unter seinem alten Namen gerichtlich geltend zu machen, gleichviel, welcher Gebietskörperschaft diese Rechte heute materiell zustehen. Denn diese Frage hat der Bundesgesetzgeber bewußt offen gelassen.

89

Dagegen ist die Widerklage, die auch mit ihrem Hilfsantrag von der Wirksamkeit mindestens der Kapitalerhöhung vom 10. Dezember 1946 für das Westvermögen ausgeht, voll abzuweisen.

Stimpel
Liesecke
Dr. Schulze
Fleck
Dr. Kellermann