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Tierhalterhaftpflichtversicherung

 Normen 

§ 833 BGB

VVG

 Information 

1. Allgemein

Die Tierhalterhaftpflichtversicherung ist die Haftpflichtversicherung des Versicherungsnehmers in der Position des Tierhalters zur grundsätzlichen Übernahme der sich aus der Tierhalterhaftung ergebenden Schäden..

  • Tierhalter ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH (s.u.) grundsätzlich derjenige, der die Bestimmungsmacht über das Tier trägt, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt - d.h. es muss nicht der Eigentümer sein.

  • Daneben ist in den meisten Tierhalterversicherungen auch die gesetzliche Haftpflicht des Tierhüters mitversichert, sofern er nicht gewerbsmäßig tätig ist.

    Die Rechtssprache verbindet mit dem Begriff des (Tier)Hüters die in § 834 BGB enthaltene Definition: Danach ist Tierhüter (bzw. Tieraufseher), wer die "Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt" - also derjenige, dem die selbstständige, allgemeine Gewalt und Aufsicht über das Tier durch eine Vereinbarung übertragen wurde (BGH 25.04.2007 - IV ZR 85/05).

    Dies ist regelmäßig zu bejahen, wenn ein Reiter das Pferd für eine eigenständige Nutzung zum Zwecke eines selbstständigen Ausreitens erhält (OLG Frankfurt am Main 25.02.2009 - 4 U 210/08).

Versichert sind:

  • Personenschäden

  • Sachschäden

  • Vermögensschäden, wenn sie infolge von Personen- oder Sachschäden entstanden sind

2. Pferde

In der Pferdehaftpflichtversicherung sind insbesondere folgende Fallgestaltungen problematisch:

  • Familienangehörige sind von dem Schutzbereich der Versicherung ausgeschlossen. Sollten sie dennoch Umgang mit dem Tier haben, empfiehlt es sich, die Person als mitversicherte Person in den Vertrag mit aufzunehmen.

  • Das versicherte Risiko erfasst nach den Versicherungsbedingungen auch Fremd- und Gastreiter. Dabei handelt es sich um Personen, denen das Pferd aus Gefälligkeit überlassen wird bzw. die es unentgeltlich reiten.

    Reitbeteiligungen, d.h. Personen, die gegen Entgelt das Pferd mit reiten, sind jedoch bei einigen Versicherungen nicht mitversichert! Hier ist der Versicherungsschutz genauestens zu überprüfen. Die Reitbeteiligung ist durch den Pferdebesitzer ggf. zu verpflichten, eine eigene Versicherung abzuschließen.

    • Nach dem Urteil OLG Schleswig 21.06.2007 - 7 U 50/06 ist eine Reitbeteiligung, bei der das Tier für einen Tag pro Woche gegen Entgelt bzw. Stalldienst überlassen wird, als Tierhüterschaft einzuordnen.

    • Der Berechtigte aus einer Reitbeteiligung wird regelmäßig nicht sogleich zum Tierhalter, insbesondere nicht, wenn er das Tier im Gelände nicht allein reiten darf (OLG Frankfurt am Main 25.02.2009 - 4 U 210/08).

    • "Die Vereinbarung einer derartigen "Reitbeteiligung" ändert nichts an der Haltereigenschaft der Beklagten [Anm.: d.h. der Pferdebesitzerin] und begründet ebenso wie der Reitvorgang als solcher keine (Mit-)Haltereigenschaft. (...) Die Haftung der Beklagten ist jedoch aufgrund eines anrechenbaren Mitverschuldens der Geschädigten an dem Reitunfall auf 50 % beschränkt". Das Gericht hat das Mitverschulden der Geschädigten mit ihrer Eigenschaft als Tieraufseherin gemäß § 834 BGB begründet (OLG Nürnberg 29.03.2017 - 4 U 1162/13).

Der folgende Fall zeigt, dass der Versicherungsschutz genau zu überprüfen ist:

Beispiel:

Eltern hatten für ihre Tochter ein Pony gekauft, das von ihr geritten und gepflegt wurde. Der Vater hatte eine Tierhalterhaftpflicht- sowie eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Bei beiden Versicherungen war u.a. seine Tochter mitversicherte Person.

Durch eine Unachtsamkeit der Tochter wurde die Box nicht richtig geschlossen, das Pony entwich und "befreite" zudem noch zwei weitere Pferde des Reitstalles, die einen schweren Verkehrsunfall verursachten:

  • Vom OLG Hamm (23.02.2005 - 20 U 109/04) wurde bestätigt, dass die Tierhalterhaftpflichtversicherung für den Schaden nicht eintrittspflichtig ist:

    Die den Schaden ermöglichende Tochter war nicht Halterin im Sinne der vorgenannten Definition. Sie durfte danach nicht eigenverantwortlich über das Tier bestimmen, sondern war nur weisungsgebundene Nutzerin des Ponys, um das sie sich entsprechend den elterlichen Vorgaben zu kümmern hatte. Das Pony diente danach im Kern erzieherischen Zwecken der Eltern. Nur diese konnten und haben letztlich auch nach eigenem Gutdünken über das Tier befunden.

    Sie war aber auch nicht Tierhüterin: Ihre alleinige Aufgabe war es nur, unter Berücksichtigung der elterlichen Weisungen das im Eigentum ihrer Mutter stehende, in der Stallung des Herrn G untergebrachte und von diesem zu hütende Tier zu bewegen, zu pflegen und - gelegentlich - zu füttern. Sie musste weder auf das Tier aufpassen (im Sinne von: hüten), noch trug sie die Sorge für seine Existenz.

  • Aber auch die dann in Anspruch genommene allgemeine Haftpflichtversicherung war nach der Entscheidung BGH 25.04.2007 - IV ZR 85/05 nicht eintrittspflichtig:

    Wird in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine Privathaftpflichtversicherung Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Tierhalter und Tierhüter ausgeschlossen, so betrifft dieser Risikoausschluss nicht nur Ansprüche aus § 833 BGB, sondern auch Schadensersatzansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen, die aus dem Verhalten des Versicherungsnehmers als Tierhalter erwachsen, speziell aus § 823 BGB.

    Das Aufschieben der Boxentür durch das Pony ist die Verwirklichung einer spezifischen Tiergefahr; es entspricht der tierischen Natur, dass Pferde, sofern ihnen hierzu Möglichkeit gegeben wird, auch einen Stall verlassen, das Weite suchen und dabei den Verkehr auf einer Autostraße erheblich gefährden können. Demnach ist das (Nicht-)Verschließen der Boxentür nach Ausmisten der Box eine geradezu typische Halterhandlung.

 Siehe auch 

Haftpflicht

Kausalität

Schadensersatz

Schadensersatz - psychischer Schaden

Schmerzensgeld

Tierhalterhaftung

Tierhalterhaftung - Nutztier

Verschuldenshaftung