Bedürftigkeit
1 Allgemein
Mit dem Ausdruck der "Bedürftigkeit" werden im juristischen Sprachgebrauch Voraussetzungen zur Festlegung einer bestimmten Rechtsfolge festgelegt.
2 Leistungsgewährung
Das Vorliegen einer Bedürftigkeit ist in verschiedenen Rechtsgebieten die Voraussetzung für eine Leistungsgewährung. Beispiele:
- 1.
Für den Bezug von Sozialleistungen ist es Voraussetzung, dass der Antragsteller
keine eigenen Mittel (Vermögen) zur Überwindung der Notlage einsetzen kann,
er nicht durch eigene Anstrengungen (Arbeit) die Notlage überwinden kann
und
andere Personen / Leistungsträger nicht vorrangig in Anspruch zu nehmen sind.
Je nach Art der Sozialleistung werden an die konkreten Voraussetzungen der Bedürftigkeit verschiedene Anforderungen gestellt.
- 2.
Bedürftigkeit ist daneben die Voraussetzung einer Unterhaltsleistung. Weitere Ausführungen sind in folgenden Stichworten zu finden:
- 3.
Auch die Gewährung der Prozesskostenhilfe und der Beratungshilfe erfordern das Vorliegen einer Bedürftigkeit, die durch eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nachzuweisen ist (BGH 29.07.2021 - IX ZB 30/21).
3 Betreuung
Die Bestellung eines Betreuers erfordert u.a. eine Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen (BGH 30.06.2021 - XII ZB 73/21).
4 Schenkung
Bei einer Schenkung kann der Schenker bei einer späteren Bedürftigkeit die Herausgabe des Geschenks verlangen: § 528 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt, dass der Schenker die Herausgabe des Geschenks fordern kann, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten.
Beispiel:
Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines Rechts an einem Grundstück geltend, kann der Beschenkte seiner auf Zahlung entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet (BGH 17.12.2009 - Xa ZR 6/09).
5 Formvorschriften
Bestimmte Rechtsgeschäfte unterliegen einer Formbedürftigkeit.
Beispiel:
"Der treuhänderische Auftrag, im eigenen Namen für Rechnung des Auftraggebers ein Grundstück zu erwerben bzw. zu halten, ist im Hinblick auf die Verpflichtung des Beauftragten zur Weiterübertragung des Grundstücks auf den Auftraggeber formbedürftig, wenn der Beauftragte im Zeitpunkt der Treuhandabrede bereits Eigentümer des Grundstücks ist oder er ein diesbezügliches Anwartschaftsrecht erlangt hat (BGH 25.06.2021 - V ZR 218/19).