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Betreuung - Bestellung des Betreuers

 Normen 

§§ 814 BGB ff.

§§ 271 - 311 FamFG

BtOG

BT-Drs. 19/24445 (zu der am 01.01.2023 in Kraft getretenen Reform des Betreuungsrechts)

 Information 

1. Person des Betreuers

1.1 Allgemein

Rechtsgrundlage der Betreuerbestellung ist § 1897 BGB.

Bei der Person des Betreuers sollte es sich um eine natürliche Person handeln, die geeignet ist, die durch die Betreuung entstehenden Aufgaben zu erfüllen. Wünsche des zu Betreuenden sollen berücksichtigt werden. Für das Gericht verbindlich sind grundsätzlich die in einer zuvor erstellten Betreuungsverfügung geäußerte Auswahl des Betreuers bzw. die Nennung von Personen, die keinesfalls als Betreuer bestellt werden sollen.

Dabei ist der Aufgabenkreis für den ein Betreuungsbedarf besteht, aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann (BGH 23.01.2019 - XII ZB 397/18).

Zuständig ist die Betreuungsbehörde.

Der Betreuervorschlag der Betreuungsbehörde erfolgt seit dem 01.01.2023 nicht mehr nur auf Aufforderung durch das Betreuungsgericht, sondern obligatorisch gemeinsam mit dem Sozialbericht nach § 11 Abs. 1 S. 2 BtOG. Dabei schlägt die Betreuungsbehörde nur dann einen Betreuer vor, wenn sie im Rahmen des Sozialberichts die Erforderlichkeit einer Betreuung bejaht oder jedenfalls nicht von vornherein ausschließt. Die im Rahmen des Betreuervorschlags vorab gebotene Prüfung der Eignung des Betreuers für den konkreten Einzelfall soll die Prüfung des Gerichts nach § 1816 Absatz 1 BGB nicht ersetzen. Es macht aber wenig Sinn, einen Betreuer vorzuschlagen, der offensichtlich ungeeignet ist. Das Gericht soll in die Lage versetzt werden, seine Prüfung der Eignung des Betreuers zielgerichtet und eingegrenzt auf jedenfalls potentiell geeignete Betreuer vorzunehmen. Die Betreuungsbehörde hat bei ihrem Vorschlag daher auch die Wünsche des Betroffenen hinsichtlich der Person des Betreuers (positive wie negative Wünsche) soweit möglich zu ermitteln und dazu Stellung zu nehmen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Behörde einen Vorschlag erarbeitet, ein anderslautender Wunsch des Betroffenen aber erst später ermittelt oder sogar übergangen wird. Daneben besteht weiterhin die Möglichkeit eines anlassbezogenen Betreuervorschlags, also auf Aufforderung des Gerichts außerhalb eines Sozialberichts, zum Beispiel im Rahmen einer Entscheidung über einen Betreuerwechsel.

Dies geht einher mit der Rechtsprechung:

Das Betreuungsgericht hat einem Vorschlag des Betroffenen, eine Person zum Betreuer zu bestellen, zu entsprechen, sofern die Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft (BGH 14.08.2013 - XII ZB 206/13). Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (BGH 07.08.2013 - XII ZB 131/13).

Nicht zum Betreuer bestellt werden können Personen, die zu der Anstalt, dem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in der der zu Betreuende untergebracht ist, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder einer engen Beziehung stehen. Mitglieder von Betreuungsvereinen oder einer in Betreuungsangelegenheiten zuständigen Behörde dürfen nur mit Zustimmung des Vereins bzw. der Behörde bestellt werden.

Nach der Entscheidung BGH 15.12.2010 - XII ZB 165/10 hindert eine von dem Betroffenen bereits früher erteilte Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachterteilung keine Bedenken bestehen.

Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 BRAO verstoßen würde, kann nicht zum Betreuer bestellt werden (BGH 18.11.2015 - XII ZB 106/15).

Zu der Beantragung eines Betreuerwechsels durch nahe Angehörige siehe den Beitrag "Beschwerde - Freiwillige Gerichtsbarkeit".

Betreuungsorganisationsgesetz:

Seit dem 01.01.2023 ist das Betreuungsorganisationsgesetz ersetzt. In dieses Gesetz sind all diejenigen Regelungen enthalten, die die Rechtsstellung und Aufgaben der Betreuungsbehörden, der Betreuungsvereine und der rechtlichen Betreuer als wesentliche im Betreuungsrecht tätige Akteure näher ausgestalten.

1.2 Ehrenamtliche Betreuung

§ 19 Abs. 1 BtOG enthält eine Begriffsbestimmung in Abgrenzung zum beruflichen Betreuer: Die ehrenamtliche Betreuung soll ausschließlich durch natürliche Personen und außerhalb einer beruflichen Tätigkeit geführt werden.

Es ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19 24445) notwendig, zwischen Betreuern mit einem persönlichen Näheverhältnis zum Betroffenen und ehrenamtlichen Betreuern, die außerhalb eines persönlichen Näheverhältnisses bestellt werden, zu differenzieren, weil diesen Betreuungsarten unterschiedliche Qualitäten innewohnen, die in unterschiedliche Anforderungen und Voraussetzungen zur Wahrnehmung des Betreueramts münden. Diese Differenzierung bildet Satz 2 ab und stellt zudem klar, dass selbstverständlich auch ein Familienangehöriger, der eine Betreuung für seinen Angehörigen übernimmt, ein Ehrenamt ausübt und als ehrenamtlicher Betreuer Zugang zu sämtlichen Unterstützungsangeboten, insbesondere denen der Betreuungsvereine, hat. Jedoch gehören zur Gruppe der Betreuer mit einem persönlichen Näheverhältnis nicht nur Personen, die in einem Verwandtschafts-oder Angehörigenverhältnis zum Betreuten stehen. Das persönliche Näheverhältnis bezieht auch solche ehrenamtlichen Betreuer mit ein, die das Näheverhältnis durch eine Freundschaft oder längere Bekanntschaft, zum Beispiel als Lebensgefährten, Nachbarn etc., aufgebaut haben

1.3 Berufliche Betreuung

In § 19 Abs. 2 BtOG werden berufliche Betreuer als natürliche Personen definiert, die als Selbstständige oder Mitarbeiter eines Betreuungsvereins rechtliche Betreuungen führen und nach den Vorschriften des BtOG registriert sind oder als vorläufig registriert gelten.

Rechtsanwälte, die rechtliche Betreuungen führen, können also nur dann als berufliche Betreuer tätig sein, wenn sie durch die Betreuungsbehörde registriert sind.

Nicht unter die Definition fallen hingegen Mitarbeiter von Betreuungsbehörden. Diese sind ein Betreuertyp sui generis; eine Einbeziehung in das Registrierungsverfahren erscheint wegen des Fachkräftegebots in § 3 BtOG und der ohnehin nicht vorgesehenen Vergütung nach dem VBVG nicht erforderlich.

Die Registrierung einer Person als beruflicher Betreuer schließt es im Übrigen nicht aus, dass diese im Einzelfall eine Betreuung ehrenamtlich führt (zum Beispiel für einen Familienangehörigen), wenn dies im Sinne der Begriffsbestimmung in § 19 Absatz 1 BtOG außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit geschieht. Auf diese Betreuungsführung finden dann die Vorschriften über Vergütung und Aufwendungsersatz des ehrenamtlichen Betreuers gemäß §§ 1876 ff. BGB Anwendung.

2. Persönliche Anhörung des Betreuten vor Gericht

Das Gericht hat gemäß § 278 FamFG den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen (BGH 02.07.2014 - XII ZB 120/14).

3. Kontrollbetreuung

Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser sogenannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksamen erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen.

Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung aber, dass ein durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerter Verdacht besteht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Allein die Tatsache, dass der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten nicht mehr kontrollieren kann, ist nicht ausreichend, denn gerade für diesen Fall wurde die Vorsorgevollmacht erstellt (BGH 30.03.2011 - XII ZB 537/10).

Ein Verdacht kann vorliegen, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (BGH 09.09.2015 - XII ZB 125/15).

4. Unbetreubarkeit

Der BGH hat anerkannt, dass bei dem Betreuten eine "Unbetreubarkeit" vorliegen kann, aber er hat hohe Voraussetzungen aufgestellt (BGH 23.01.2019 - XII ZB 397/18):

"Davon kann im Einzelfall ausgegangen werden, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine "Unbetreubarkeit" vorliegt. (...) Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist allerdings Zurückhaltung geboten, zumal die fehlende Bereitschaft, vertrauensvoll mit dem Betreuer zusammenzuarbeiten, Ausdruck der Erkrankung des Betroffenen sein kann. Gerade in diesem Fall kommt die Aufhebung einer Betreuung nur dann in Betracht, wenn es gegenüber den sich für den Betroffenen aus der Krankheit oder Behinderung ergebenden Nachteilen unverhältnismäßig erscheint, die Betreuung aufrechtzuerhalten. Besteht objektiv ein Betreuungsbedarf, ist daher bei fehlender Kooperationsbereitschaft des Betroffenen entscheidend, ob durch die Betreuung eine Verbesserung der Situation des Betroffenen erreicht werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit ein Betreuer durch rechtliche Entscheidungen einen für den Betroffenen positiven Einfluss nehmen könnte (...). Es ist die Aufgabe des Betreuungsgerichts, auch bei schwierigen Betroffenenpersönlichkeiten durch den die Betreuung anordnenden Beschluss geeignete Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche rechtliche Betreuung zu schaffen. Deshalb muss das Betreuungsgericht bei der Betreuerauswahl Bedacht darauf nehmen, dass für Betroffene mit schwieriger Persönlichkeit ein Betreuer bestellt wird, der dieser Herausforderung mit Sachkunde und Erfahrung begegnen kann. Gegebenenfalls ist auch ein Betreuerwechsel erforderlich, um eine Person zu bestellen, die Zugang zum Betroffenen findet."

 Siehe auch 

Betreuer - Vergütung

Betreuung

Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme

Knittel: Betreuungsrecht. Kommentar; Loseblattwerk oder als Online-Produkt

Müller/Renner: Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis,6. Auflage 2022