Außergerichtliche Mahnung und gerichtliches Mahnverfahren

anwalt24 Fachartikel
09.01.2012942 Mal gelesen
Gläubiger einer Forderung stehen oftmals vor der Frage, wie ihre Forderung geltend zu machen ist, wenn der Schuldner nicht freiwillig leistet.

Zunächst bieten sich hierfür zwei Schritte an:

  • in einem ersten Schritt eine außergerichtliche Mahnung, die zumeist durch den Forderungsgläubiger oder einen Rechtsanwalt erfolgt,
  • in einem zweiten Schritt die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens.

 

I.    Außergerichtliche Mahnung

Der Schuldner einer Forderung kommt durch eine Mahnung des Gläubigers in Verzug, wenn er das Unterbleiben der Leistung zu vertreten hat.

Verzug tritt auch ohne Mahnung ein, wenn

 

  • für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
  • der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat, eine angemessene Zeit für die Leistung bestimmt ist, und diese Zeit sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
  • der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, oder
  • aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

Der Schuldner einer Geldforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; Schuldner, die Verbraucher sind, müssen allerdings auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen werden.

Eine der Folgen des Verzugs ist, dass eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen ist.

Der Verzugszinssatz beträgt für Geldforderungen

  • für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz,
  • bei Rechtsgeschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen und auch einen weiteren Schadens geltend machen.

II.    Gerichtliches Mahnverfahren

Wegen eines Anspruchs, der auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro gerichtet, kann auf Antrag ein gerichtliches Mahnverfahren durchgeführt werden.

Dieses ist sinnvoll, wenn der Schuldner trotz Verzugs noch nicht leistet.

Das Mahnverfahren findet nicht statt, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist.

Das Mahnverfahren wird von den Amtsgerichten durchgeführt.

Ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Die Landesregierungen haben jedoch durch Rechtsverordnung Mahnverfahren einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zugewiesen, in Nordrhein-Westfalen etwa den Amtsgerichten Hagen und Euskirchen.

Mahnantrag
Der Antrag muss auf den Erlass eines Mahnbescheids gerichtet sein und enthalten:

  • die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
  • die Bezeichnung des Gerichts, bei dem der Antrag gestellt wird;
  • die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung;
  • die Erklärung, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung erbracht ist;
  • die Bezeichnung des Gerichts, das für ein streitiges Verfahren zuständig ist.

Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides kann im Wesentlichen wie folgt gestellt werden:

  • in schriftlicher Form unter Verwendung von Vordrucken (nicht mehr zulässig für Rechtsanwälte und registrierte Inkassodienstleister)
  • als Online-Mahnantrag durch Ausfüllen eines interaktiven Antragsformulars im Internet und unter Übersendung eines hierbei erzeugten Barcodeantrags
  • als Online-Mahnantrag durch Ausfüllen eines interaktiven Antragsformulars im Internet und unter Verwendung der qualifizierten digitalen Signatur
  • per Dateiübertragung über eine zugelassene Kommunikations- oder Übertragungssoftware unter Verwendung der qualifizierten digitalen Signatur

Mahnbescheid
Der Mahnbescheid enthält:

  • die oben genannten Erfordernisse des Antrags;
  • den Hinweis, dass das Gericht nicht geprüft hat, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch zusteht;
  • die Aufforderung, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung des Mahnbescheids, soweit der geltend gemachte Anspruch als begründet angesehen wird, die behauptete Schuld nebst Zinsen und Kosten zu begleichen oder bei Gericht Widerspruch einzulegen;
  • den Hinweis, dass ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid ergehen kann, aus dem der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben kann, falls der Antragsgegner nicht fristgerecht Widerspruch erhoben hat;
  • für den Fall, dass Formulare eingeführt sind, den Hinweis, dass der Widerspruch mit einem Formular der beigefügten Art erhoben werden soll;
  • für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird.

Der Mahnbescheid wird dem Antragsgegner zugestellt.

Widerspruch gegen den Mahnbescheid
Der Antragsgegner kann dann gegen den Anspruch ganz oder teilweise beim Mahngericht schriftlich Widerspruch erheben, solange der Vollstreckungsbescheid nicht verfügt ist.

Das Gericht hat den Antragsteller von dem Widerspruch und dem Zeitpunkt seiner Erhebung zu benachrichtigen.

Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Mahngericht den Rechtsstreit grundsätzlich an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid bezeichnet worden ist. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden.

Nach der Abgabe des Rechtsstreits findet ein ordentliches Gerichtsverfahren statt.

Vollstreckungsbescheid
Wird kein rechtzeitiger Widerspruch erhoben, erlässt das Gericht auf Antrag auf der Grundlage des Mahnbescheids einen Vollstreckungsbescheid.

Aus dem Vollstreckungsbescheid kann der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben.

Der Antragsgegner kann gegen den Vollstreckungsbescheid noch Einspruch einlegen.

In diesem Fall gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid bezeichnet worden ist. Dort wird dann ein ordentliches Gerichtsverfahren durchgeführt.