Gewerbeauskunftzentrale (GWE) obsiegt in der Berufung am LG Düsseldorf: Urteil vom 31.07.2013 – 23 S 316/12 U

Wirtschaft und Gewerbe
27.08.2013632 Mal gelesen
Die Gewerbeauskunftzentrale (GWE-GmbH, GWE-Wirtschaftsinformationsges. mbH) hat mittels einer Feststellungsklage vor dem Landgericht Düsseldorf obsiegt. Es wurde jedoch noch nicht einmal eine Rechnung gestellt, sondern sofort geklagt.

Die Begründung des Urteils bestätigt das Bestehen eines zumindest 2-jährigen Vertragsverhältnisses und verneint jegliche Anfechtungsgründe. Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die Klage der GWE-GmbH abgewiesen, da lediglich eine sog. Wissenserklärung über Adressdaten vorgelegen habe, die nicht annahmefähig sei. Die GWE-GmbH hatte dagegen Berufung eingelegt. Das Urteil stellt überhöhte Anforderungen an Anfechtungsgründe und Sorgfaltspflicht des Adressaten und geht auf die obergerichtlichen und höchstrichterlichen aktuellen Urteile nicht ein. Das Gericht sieht die Änderungen im amtlich aufgemachten Angebotsformular als hinreichend an und mißachtet damit, daß es auf den Kernbereich der bestehenden Rechtsverletzungen durch Versenden der amtlich wirkenden Formulare der GWE-GmbH ankommt.

Die standardmäßige Begründung für die Nichtzulassung der Revision: "Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs."

Die Einheitlich der Rechtsprechung erfordert hier gerade eine Entscheidung des BGH. Am 26.07.2012 entschied der BGH, daß eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB) - Urteil vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11 (Vorinstanzen: AG Recklinghausen - Urteil vom 24. Mai 2011 - 13 C 91/11, LG Bochum - Urteil vom 15. November 2011 - 11 S 100/11).

Die GWE-Wirtschaftsinformationsges. mbH, Düsseldorf, versandte über einen Zeitraum von über zwei Jahren Angebotsformulare für Eintragungen in einer Gewerbedatenbank, die die Bestätigung eines behördlichen Eintrages vortäuschten, allerdings eine Abofalle darstellen. Dies waren behördlich aussehende Schreiben mit bereits bestehenden und öffentlich zugänglichen voreingetragenen Daten der Adressaten.

Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) hatte vor dem Landgericht Düsseldorf gegen die GWE-GmbH geklagt. Seitens der GWE-GmbH wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt. Weitere Formularaussendungen waren im Umlauf.

Das Landgericht Düsseldorf (38 O 148/10) hatte sich in diesem Urteil mit dem Formular der Gewerbeauskunft-Zentrale beschäftigt und dabei die bisherige Geschäftspraxis, also die Verwendung des bisher verwendeten Formulars, untersagt.

Am 14.2.2012 kam es vor dem OLG Düsseldorf AZ: I-20 U 100/11 zur mündlichen Berufungsverhandlung. Der Vorsitzende Richter führte hierbei aus, dass das Gericht keine Geschäftsmodelle billigen werde, die auf einen unaufmerksamen Adressaten spekulierten, egal, wie viele Betroffene tatsächlich irregeführt worden seien. Es werde deshalb diejenigen Rechtssätze anwenden, die das OLG Düsseldorf in einem älteren Verfahren und der BGH in seiner letzten einschlägigen Entscheidung, AZ: I ZR 157/10 vom 30.06.2011, aufgestellt habe, auch wenn die zugrundeliegenden Formulare nicht identisch seien. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte das erstinstanzliche Urteil und ließ in diesem Zusammenhang keine Revision zu.

Die GWE GmbH legte Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein. Per Beschluss vom 6. Februar 2013 (I ZR 70/12) hat der Bundesgerichtshof diese Beschwerde zurückgewiesen, sodaß das Urteil rechtskräftig wurde.

Auch wurde der GWE-GmbH durch Urteil des LG Düsseldorf vom 21.12.2012 (Az. 38 O 37/12) auf Antrag bereits untersagt, im Nachgang zur Versendung von Angebotsformularen die Adressaten, die die Formulare unterzeichnet hatten, mit Folgeschreiben wie "Rechnung", "Mahnung" oder "Inkasso" zur Zahlung aufzufordern.

Nach Ansicht des LG Düsseldorf stelle dies eine geschäftlich unlautere Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG und § 4 Nr. 1 UWG dar. Das Geschäftsmodell der GWE-GmbH ziele darauf ab, aus der Täuschung gewonnene Unterschriften dazu zu verwenden, nicht bestehende Forderungen einzutreiben. Die Kammer nennt in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Terminus "Vertragsfalle". Die Mahntätigkeit stelle eine systematische Fortsetzung des früheren Verhaltens, also der Formularaussendung, dar. Durch die Androhung erheblicher Nachteile für den Fall der Weigerung würden Geschäftsleute durch Ausübung von Druck davon abgehalten, ihre Rechte im Hinblick auf das mindestens anfechtbare Zustandekommen eines Vertrages durchzusetzen.

Die Feststellungen von BGH und OLG Düsseldorf sind für die zuständigen Gerichte entscheidungserheblich. Unerheblich dagegen ist, ob es sich um Urteile in Bezug auf das Wettbewerbsrecht handelt. Die Wertung des Formulars als Täuschung im Rechtsverkehr ist rechtseinheitlich zu sehen, eine wettbewerbsrechtliche Täuschung im Rechtsverkehr schlägt nach diesseitiger Sicht auf das Vertragsverhältnis durch.

Mit Beschluss vom 23.04.2013 (38 O 148/10) hat das LG Düsseldorf nämlich gegen dieGWE - Wirtschaftsinformationsges. mbH (GWE-GmbH) ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- EUR verhängt.

Nach den Entscheidungen des LG Düsseldorf (Urteil v. 15.4.2011, 38 O 148/10), des OLG Düsseldorf (Urteil vom 14.2.2012, I-20 U 100/1) sowie des BGH (Beschluss über Nichtzulassungsbeschwerde vom 6.2.2013, I ZR 70/12) versendete die GWE-GmbH Düsseldorf weiterhin leicht abgewandelte Formulare, was den Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) veranlaßte, die Verhängung eines Ordnungsgeldes zu beantragen. Denn diese entsprächen immer noch im wesentlichen den Formularen, die die GWE - GmbH auszusenden zu unterlassen habe. Die GWE änderte den Text in den Formularen geringfügig ab und argumentierte, daß es dadurch nicht gegen den rechtskräftig erwirkten Unterlassungstitel verstoße. Entgegen den Ausführungen der GWE - GmbH begründete das LG Düsseldorf seine Entscheidung damit, daß auch das leicht abgewandelte behördlich aussehende Schreiben den Kernbereich des Verbots verletze:

"Diese Formulare sind zwar nicht völlig identisch mit demjenigen, das als Anlage K 1 vorgelegt und dessen Verwendung im Urteilstenor als zu unterlassen bezeichnet wurde. Die von der Schuldnerin vorgenommenen Änderungen betreffen jedoch nur unwesentliche Details, ohne daß der Gesamteindruck sich ändert. Soweit sich überhaupt Unterschiede ergeben, fallen diese nur bei direktem Vergleich der Formulare auf."

"Da das Formular damit in seinen wesentlichen Elementen der Täuschung darüber, daß es sich um ein werbliches Angebot handelt, erhalten geblieben ist, ist das Verbot in seinem Kernbereich verletzt. Die Verletzungen erfolgten schuldhaft. Es ist offensichtlich, daß die "Änderungen" der Formulargestaltung nicht geeignet sind, aus dem Verbotsbereich herauszuführen."

Sofern Sie ein solches Formular unterschrieben und versandt haben (Rechnung der GWE folgt umgehend), sollten Sie sich sofort anwaltlichen Beistands versichern. Denn diese Gemengelage verdeutlicht, daß in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Vertragsverhältnis zustandegekommen ist. Dies muß durch entsprechende Erklärungen innerhalb bestimmter Fristen beseitigt werden.

Denn auch das Urteil vom LG Düsseldorf, Urt. vom vom 31.07.2013 (AZ: 23 S 316/12 U) ist lediglich eine Einzelfallentscheidung. Hier wurde keine Rechnung gestellt, sondern sofort geklagt. Das Gericht führt aus: "Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien aufgrund des seitens der Beklagten am 11.07.2011 unterzeichneten Angebots der Klägerin ein wirksames Vertragsverhältnis besteht". Ob auch der Zahlungsanspruch besteht, ob also insbesondere § 305 c BGB (überraschende Klausel, siehe oben BGH) einschlägig ist, wurde gerade nicht entschieden. Das Gericht führt aus, daß nicht ersichtlich sei, daß eine Rechnung gestellt wurde.

 

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV

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