Grenzgänger im deutschen Verbraucherinsolvenzverfahren behält deutschen Pfändungsschutz

Grenzgänger im deutschen Verbraucherinsolvenzverfahren behält deutschen Pfändungsschutz
05.08.2013975 Mal gelesen
Erzielt ein in Deutschland wohnender Schuldner eines Verbraucherinsolvenzverfahrens in Österreich Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit, so bestimmen sich die Pfändungsfreigrenzen seines Einkommens nach Ansicht des Landgerichts Traunstein nicht nach österreichischen, sondern nach deutschem Recht.

Am 19. Januar 2006 stellte der Schuldner einen Eigenantrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und stellte überdies Antrag auf Restschuldbefreiung. Durch Beschluss des Amtsgerichts Traunstein vom 10. Februar 2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Treuhänder bestellt.

Der Treuhänder teilte dem Gericht mit, dass der Schuldner seit dem 1. August 2007 ein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit bei einem Arbeitgeber in Österreich erziele. Er verdiene dort monatlich durchschnittlich 1.677,66 EUR, wobei hiervon noch die in Deutschland zu entrichtende Einkommensteuer in Abzug zu bringen sei.

Hinsichtlich der Frage, wieviel seines monatlichen Einkommens pfändbar, und somit an den Treuhänder abzuführen sei, vertritt der Schuldner in einem Schreiben vom 12. November 2008 an das Gericht die Ansicht, dass deutsches Rechts anzuwenden sei. (Anscheinend sind die deutschen Freigrenzen schuldnerfreundlicher, als die österreichischen). Immerhin wohne er in Deutschland und arbeite nur in Österreich.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2008, entschied das Amtsgericht Traunstein, dass die Berechnung der pfändbaren Beträge des Arbeitseinkommens des Schuldners sich nach österreichischem Recht bestimme, soweit dieser in Österreich arbeite. Würde ein Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens beim österreichischen Arbeitgeber des Schuldners pfänden, wären österreichische Pfändungsschutzvorschriften anwendbar. Das Einkommen sei also nach österreichischen Vorschriften pfändbar und falle in dieser Höhe in die Insolvenzmasse. Ein Insolvenzverfahren sei nicht geeignet, plötzlich eine Änderung der Pfändungsgrenzen herbeizuführen. Bei einer anderen Betrachtungsweise würde der Schuldner im Insolvenzverfahren besser gestellt werden als außerhalb, was aber nicht beabsichtig sei.

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hin, hob das Landgericht diese Entscheidung auf und entschied, dass sich die Frage der Pfändbarkeit nach deutschem Recht bestimme.

Entgegen der vom Amtsgericht Traunstein vertretenen Auffassung bestimme sich die Pfändbarkeit des in Österreich erzielten Arbeitseinkommens des Schuldners nach dem einschlägigen Insolvenzstatut und damit nach deutschem Recht. Nach der EG-Verordnung über Insolvenzverfahren regelt das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung, im vorliegenden Fall also deutsches Recht, unter welchen Voraussetzungen das Insolvenzverfahren eröffnet wird und wie es durchzuführen und zu beenden ist.

Insbesondere regelt es auch, welche Vermögenswerte zur Masse gehören und wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbene Vermögenswerte zu behandeln sind. Die Insolvenzmasse in einem in Deutschland eröffneten Verfahren bestimme sich nach der Insolvenzordnung. Hiernach gehört auch ausländisches Vermögen des Schuldners zur Insolvenzmasse.

Im Übrigen müsse dem Schuldner, der als Grenzgänger zwar nicht in Deutschland arbeitet, aber dort wohnt und seinen Lebensmittelpunkt hat, die Möglichkeit gegeben werden, nach den Bedürfnissen in Deutschland seinen Unterhalt bestreiten zu können. Es könne vor diesem Hintergrund keinen Unterschied machen, ob der in Deutschland lebende Schuldner nun in Deutschland oder in Österreich arbeite. Auch im Falle einer Arbeitslosigkeit des Schuldners wären seine Bedürfnisse nach deutschem Recht zu bestimmen, deren Ausfluss aber gerade auch die deutschen Pfändungsschutzvorschriften sind. Die Anwendung österreichischer Pfändungsgrenzen würde zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führen.

Da somit die Pfändungsgrenzen nicht nach österreichischem Recht zu bestimmen sind, sondern nach deutschem Recht, war der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und dem Antrag des Schuldners stattzugeben.

(Quelle: Landgericht Traunstein, Beschluss vom 03.02.2009; 4 T 263/09

Vorinstanz: Amtsgericht Bayreuth, Beschluss vom 16.01.2009)

  

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