Clerical Medical: Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit der Lex Konzept Rente

Wirtschaft und Gewerbe
30.08.2012549 Mal gelesen
Für Lex Konzept Rente-Anleger, die ihren Versicherungsvertrag bereits gekündigt haben, können aus den BGH-Entscheidungen höhere Auszahlungsbeträge resultieren.

Für mehr als zehntausend Anleger, die in Versicherungspolicen der britischen Gesellschaft Clerical Medical Investment Group Ltd. (CMI) mit den Bezeichnungen Wealthmaster Noble investiert haben, haben die langersehnten Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Juli 2012  (IV ZR 122/11, IV ZR 151/11, IV ZR 164/11, IV ZR 271/10, IV ZR 286/10) verschiedene rechtliche Möglichkeiten eröffnet. Dies gilt auch für die Anleger, die in die "Lex Konzept Rente" investiert haben.

  • Der BGH sprach geschädigten Anlegern dabei zum einen Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit fehlerhafter Beratung im Vorfeld der Beteiligung an dem Modell "EuroPlan" zu, einem in den wesentlichen Strukturprinzipien mit der "Lex Konzept Rente" identischen "Rentenmodell".
  • Zum anderen stellte er die Verpflichtung von CMI fest, regelmäßige Auszahlungen, die in so genannten "Entnahmeplänen", wie sie auch bei der "Lex Konzept Rente" regelmäßig vereinbart wurden,  versprochen und in den Versicherungspolicen vorbehaltlos festgeschrieben sind, unabhängig von den dem Versicherungsvertrag zugeordneten Anteilseinheiten an einem Anlagepool für den gesamten in der Police genannten Zeitraum zu leisten, sofern der Vermittler im Beratungsgespräch nicht mit der erforderlichen Klarheit einen derartigen Vorbehalt erläutert hat.
  • Darüber hinaus erklärte der BGH die von CMI bei der vorzeitigen Vertragskündigung praktizierte Marktpreisanpassung für unzulässig.

Was bedeutet dies konkret für "Lex Konzept Rente"-Anleger?

  • 1.         Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit der "Lex Konzept Rente"

Anleger, die sich an der "Lex Konzept Rente" beteiligt haben, wurden durch die Vermittler mit - überhöhten - Renditeerwartungen von mindestens 8,5% p.a., die die Darlehenszinsen decken würden, geworben. Die "Lex Konzept Rente" wurde dabei ausdrücklich als zusätzliche private Altersvorsorge empfohlen. Über das von CMI praktizierte "Glättungsverfahren" und die poolübergreifende Reservebildung wurden sie nicht aufgeklärt.

Der BGH bejahte sowohl Aufklärungspflichtverletzungen durch die Vermittler, als auch eine Haftung und Schadenersatzpflicht von CMI. CMI hat ihre Lebensversicherung "Wealthmaster Noble" unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem im Rahmen eines so genannten Strukturvertriebs über rechtlich selbständige Vermittler, die ihrerseits Untervermittler eingesetzt haben, veräußert, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es also diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten, den Lex Konzept Rente-Anlegern ihre Angebote nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. Deshalb muss sich CMI ein etwaiges Aufklärungsverschulden des jeweiligen Vermittlers zurechnen lassen und ist entsprechend zum Schadenersatz verpflichtet.

  • Eine Verletzung von Aufklärungspflichten sieht der BGH zunächst darin, dass CMI ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Renditeerwartung gegeben hat. Bei Vertragsabschluss wurde gegenüber dem Anleger der Eindruck erweckt, dass die Prognose einer Durchschnittsrendite von 8,5% realistisch ist. Tatsächlich hat CMI aber nur die Prognose einer Wertentwicklung von 6% als gerechtfertigt angesehen.
  • Einen weiteren Aufklärungsfehler sieht der BGH in einer unzureichenden Information über die Verwaltung der Versicherungsbeiträge. Insbesondere sei über das von CMI betriebene "Glättungsverfahren" nur unzureichend informiert worden. Dass Clerical Medical unter Berücksichtigung der Vergangenheitsrenditen und einer Prognose der zukünftigen Wertentwicklung entscheidet, in welcher Höhe die Gesamtrendite in Reserven fließt, dass also die Anleger gegebenenfalls nur zu einem geringen Anteil hieran beteiligt werden, ist ein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand, der regelmäßig in den Beratungen nicht erwähnt wurde. Auch in den von CMI verwandten Policenbedingungen findet sich nach den Feststellungen des BGH keine Erläuterung des Glättungsverfahrens.
  • Auch über den Umstand, dass CMI eine über die verschiedenen von ihr verwalteten Pools, die unterschiedlichen Versicherungsverträgen zugeteilt sind hinweggehende, poolübergreifende Reservenbildung betreibt, wurden die Anleger regelmäßig nicht aufgeklärt. Der BGH hält auch diesen Umstand für aufklärungspflichtig. Wurde der Anleger über den Umstand, dass die mit seiner Einmalzahlung erwirtschaftete Rendite auch zur Gewährleistung von Garantieansprüchen der Anleger anderer Pools verwendet werden kann, nicht aufgeklärt, stellt dies eine Aufklärungspflichtverletzung von CMI dar.

Infolgedessen stehen den Anlegern der "Lex Konzept Rente" nach der Rechtsprechung des BGH Schadenersatzansprüche gegen CMI zu. Sie sind so zu stellen, als hätten sie sich an dem Modell nicht beteiligt.

Verjährung droht: Die Schadenersatzansprüche der Anleger im Zusammenhang mit fehlerhafter Beratung im Vorfeld der Beteiligung an der "Lex Konzept Rente" unterliegen der absoluten Verjährung von 10 Jahren. Die Verjährung läuft taggenau und beginnt mit dem Zeitpunkt der letzten Beratung vor der Zeichnung des Modells.
Beispiel: Beratung 15. August 2002 - Verjährung 15. August 2012.
Nach Ablauf der Verjährungsfrist können Schadenersatzansprüche nicht mehr durchgesetzt werden.

  • 2.         Erfüllung der Verpflichtungen aus dem "Entnahmeplan"

Anleger der "Lex Konzept Rente" haben bei CMI einen Lebensversicherungsvertrag "Wealthmaster Noble" abgeschlossen, bei dem im Versicherungsschein der Höhe nach benannte vierteljährliche Auszahlungen ("Entnahmen") für eine bestimmte Dauer - oftmals 30 - 40 Jahre) festgelegt sind.

CMI bestreitet, zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von Anteilen verpflichtet zu sein. Nach Ansicht des Versicherers müsse er nur so lange Auszahlungen vornehmen, wie auch ausreichende Anteile des Versicherungsnehmers an dem dem Vertrag zu Grunde liegenden "Pool" vorhanden sind. Sind diese Anteile aufgebraucht, müsse CMI keine weiteren Zahlungen leisten.

Der BGH hat sich klar auf die Seite der CMI-Kunden gestellt und die auch von den Anwälten von Nittel | Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht vertretene Rechtsauffassung in vollem Umfang bestätigt. Sowohl im Versicherungsantrag als auch im Versicherungsschein sind in den allermeisten Fällen die Auszahlungen hinsichtlich Betrag und Auszahlungszeiträumen aufgeführt, ohne dass sie dort an weitere Voraussetzungen, insbesondere das Bestehen eines genügenden Versicherungswerts im Zeitpunkt der vorgesehenen Auszahlung, geknüpft sind. Ein über diese Auszahlungen hinaus gehender eventueller Mehrertrag aus der Lebensversicherung sollte den zusätzlichen Gewinn des Klägers darstellen. Nur dieser war betragsmäßig noch nicht festgelegt. Die dem Versicherungsantrag entsprechende Wiedergabe der Auszahlungsbeträge im Versicherungsschein kann daher aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) nicht anders verstanden werden, als dass diese Beträge zu den angegebenen Zahlungsterminen geleistet werden sollen und es sich damit um einen Bestandteil der vom Versicherer zugesagten Versicherungsleistung handelt.

"Lex Konzept Rente"-Anleger, die bei CMI eine Versicherungspolice vom Typ "Wealthmaster Noble" mit regelmäßigen Auszahlungen (Entnahmeplan) abgeschlossen haben, können daher von CMI verlangen, dass sie die im Versicherungsschein genannten regelmäßigen Auszahlungen über die gesamte dort genannte Zeit erhalten.

  • 3.         Unzulässige Vertragsklauseln - "Lex Konzept Rente"-Anleger, die ihren CMI-Vertrag gekündigt haben, haben zu geringe Auszahlungsbeträge erhalten.

Auch für "Lex Konzept Rente"-Anleger, die ihren Versicherungsvertrag bei CMI zwischenzeitlich gekündigt haben, ergeben sich nach den Entscheidungen des BGH weitere Ansprüche gegen den britischen Versicherer. Grundlage ist eine fehlerhafte Berechnung des Auszahlungsbetrages, bei der CMI zu ihren Gunsten unzulässige Vertragsklauseln zu Grunde gelegt hat. Denn der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die von CMI praktizierte poolübergreifende Reservenbildung und die Marktpreisanpassung unzulässig sind.

  • Poolübergreifende Reservenbildung: Jedem Versicherungsvertrag werden Anteile an einem "Pool" zugeordnet. Die mit den Geldern des Pools erwirtschafteten Erträge fließen zu einem Teil in die für den Versicherungsvertrag deklarierten Wertzuwächse. Ein anderer Teil fließt in einen allgemeinen Reservetopf, aus dem CMI fällige Garantieverpflichtungen bedient. Aus den Gewinnen, die mit den Geldern eines Pools erwirtschaftet werden, werden Auszahlungen an andere Pools subventioniert. Die Policenbedingungen, die Vertragsbestandteil geworden sind, enthalten hierzu nach der Feststellung des BGH keine Erläuterungen. Dies hat nach unserem Verständnis zur Folge, dass CMI rückwirkend die aus den Geldern des jeweiligen Pools erwirtschafteten Erträge diesen zuschreiben muss, also faktisch der Reserve dieses einen Pools zuführen muss.
  • Marktpreisanpassungen: Die Regelungen zur Marktpreisanpassung in den Policenbedingungen sind, wie der BGH festgestellt hat, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. CMI durfte also bei der Ermittlung des Auszahlungsbetrages bei der vorzeitigen Kündigung eines Versicherungsvertrages keine Marktpreisanpassungen vornehmen.

In der Folge der BGH-Urteile muss CMI den Auszahlungsbetrag gekündigter Versicherungsverträge "Wealthmaster Noble" neu berechnen. Dabei muss sie die aus den Anlagen des dem Versicherungsvertrag zugeordnetem Pool erwirtschafteten Erträge ausschließlich dem Pool als Reserven zuweisen und darf keine Marktpreisanpassungen vornehmen. Für die "Lex Konzept Rente"-Anleger, die ihren Versicherungsvertrag bereits gekündigt haben, können daraus höhere Auszahlungsbeträge resultieren.

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