Wenn der Fahnder zweimal klingelt...

Strafrecht und Justizvollzug
23.03.20101265 Mal gelesen
Verhaltenshinweise bei Firmen- und Hausdurchsuchungen

 

Immer wieder und auch immer häufiger geraten neben Privatpersonen auch Unternehmen in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen. Beispiele hierfür finden sich in der jüngeren Vergangenheit viele; Benennungen scheinen an dieser Stelle nicht erforderlich.

Dass die Strafverfolgungsbehörden gegen Unternehmen strafrechtlich ermitteln, erfahren diese regelmäßig nicht über die üblichen Kommunikationswege, sei es mündlich oder schriftlich, sondern vielfach und zudem in frühen Morgenstunden durch einen "Aufmarsch" von Staatsanwälten, Steuerfahndern, Zollfahndern und Polizeibeamten, die sich dann anschicken, Firmengelände, Büros und Privatwohnungen von Führungskräften und MitarbeiterInnen zu durchsuchen. Da Durchsuchungen, einhergehend mit Beschlagnahmen neben Verhaftungen zu den einschneidenden Maßnahmen im Ermittlungsverfahren gehören und hierbei auch nicht unerhebliche Weichenstellungen für das weitere strafrechtliche Verfahren vorgenommen werden, sollen an dieser Stelle einige aus unserer Sicht notwendige Verhaltensregeln im Falle einer Durchsuchung dargestellt werden.

Diese Verhaltensregeln können und sollten, selbstverständlich mit den entsprechenden Nuancen, auch durch Privatpersonen, die von Durchsuchungsmaßnahmen betroffen sind, beispielsweise weil sie in das Visier der Steuerfahndung geraten sind, beachtet werden.

Beim Eintreffen der Strafverfolgungsbehörden soll zunächst mit Nachdruck, aber freundlich, die Identität der Durchsuchenden, insbesondere die des Leiters der Durchsuchungsmaßnahme geklärt werden. Vor allem soll eine Legitimation der Amtsträger nachgefragt werden, um insbesondere Unberechtigten, beispielsweise Medienvertretern, die die Gunst der Stunde nutzen wollen, den Zugang zu verwehren.

Der Durchsuchungsleiter soll gebeten werden, zumindest bis zu dem Eintreffen eines Rechtsanwaltes mit der Durchsuchung abzuwarten, wobei allerdings hierauf kein Anspruch besteht.

Spätestens jetzt, jedoch so zeitig wie möglich, sollen Unternehmensleitung, soweit vorhanden die Rechtsabteilung und vor allem ein Rechtsanwalt verständigt und möglichst hinzugezogen werden. Durch die Strafverfolgungsorgane ist der Kontakt zu einem Rechtsanwalt zu gewähren.

Vor Beginn der Durchsuchungsmaßnahmen ist dem Betroffenen der Durchsuchungsbeschluss auszuhändigen. Sollte ein solcher nicht vorliegen, ist genau nachzufragen und festzuhalten, aus welchen Gründen und mit welchem Ziel die Durchsuchung erfolgt.

Grundsätzlich sollen MitarbeiterInnen angehalten werden nicht mit den Durchsuchungsbeamten zu kommunizieren. Hierfür besteht aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses auch keine Veranlassung. Der Durchsuchungsbeschluss berechtigt lediglich zum Betreten und zur Durchsuchung selbst; ein Recht hierauf gestützt auch Vernehmungen durchzuführen, besteht nicht.

Sollten durch die bei der Durchsuchungsmaßnahme mit anwesende Staatsanwaltschaft und/oder durch Beamte der Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes Vernehmungen angeordnet werden, ist zwingend der Status des zu Vernehmenden zu klären. Soll der Betroffene als Beschuldigter vernommen werden, ist prinzipiell vom Schweigerecht Gebrauch zu machen. Dies darf nicht negativ bewertet werden.

Solle der Betroffene als Zeuge vernommen werden, ist darauf hinzuweisen, dass es keine Verpflichtung gibt, gegenüber Polizeibeamten und Zoll- oder Steuerfahndungsbeamten eine Aussage zu machen. Sollte die Vernehmung durch Beamte der Staatsanwaltschaft oder der Straf- und Bußgeldsachenstelle eines Finanzamtes erfolgen, muss geklärt werden, inwieweit ein Zeugnisverweigerungsrecht oder ein Auskunftsverweigerungsrecht wegen der Gefahr einer Selbstbelastung besteht.

Nicht zuletzt sollen die Durchsuchungsbeamten ständig durch dritte Personen, beispielsweise MitarbeiterInnen oder Rechtsanwälte, bei den Durchsuchungsmaßnahmen beobachtet werden. Es gibt kein Recht auf eine heimliche Durchsuchung. Insbesondere dürfen auch Räumlichkeiten nicht durchsucht werden, die vom Durchsuchungsbeschluss nicht erfasst sind.

Es muss darauf geachtet werden, dass für das Unternehmen oder die Privatperson tätige Dritte, insbesondere Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht von ihrer beruflichen Schweigepflicht entbunden werden. Sofern eine Entbindung nicht vorliegt, dürfen diese Personen auch keine Angaben machen. Eine Entbindung von der Schweigepflicht führt allerdings zum Aufleben der Zeugnispflicht, so dass sich die Angehörigen dieser Berufsgruppen auf ihre berufliche Schweigepflicht dann nicht mehr berufen können und dürfen.

Nach Abschluss der Durchsuchung ist zwingend darauf zu achten, dass ein Verzeichnis aller sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände und Unterlagen übergeben wird. Ein solches Verzeichnis soll ausdrücklich verlangt werden.

Die vorstehenden Hinweise können selbstverständlich nur einen Leitfaden darstellen, da es unmöglich ist, jede Durchsuchungsmaßnahme pauschal zu erfassen. Es bietet sich an, einen Rechtsanwalt zur Durchsuchung hinzuzuziehen, um alle anstehenden Probleme und Fragen sachgerecht klären zu können.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass jegliche Konfrontation mit den Ermittlungsbeamten vermieden werden soll. Die Vernichtung oder das Beiseiteschaffen von Unterlagen oder Daten kann schlimmstenfalls zur Inhaftierung führen, da ein solches Verhalten geeignet ist, den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr zu begründen.

RA, FA StrafR Christian Friedrich