Beweisverwertungsverbot bei unterlassener Belehrung

Strafrecht und Justizvollzug
07.01.20101609 Mal gelesen
Das OLG Hamm hat am 07.05.2009 entschieden, dass die Angaben eines Beschuldigten unverwertbar sind, wenn der Beschuldigte zunächst nicht nach § 136 StPO belehrt wird und der Angeklagte der Verwertung in der Hauptverhandlung widerspricht (OLG Hamm 3 Ss 85/08).
 
In diesem Fall verursachte der Betroffene infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit einen Verkehrsunfall. Danach verließ er sein Fahrzeug und die Unfallstelle ohne die Feststellung seiner Unfallbeteiligung zu ermöglichen, obwohl er den Unfall bemerkt hatte. Einige Zeit später suchte die Polizei den Angeklagten durch die Halterdaten und der Hilfe eines Zeugen auf und befragte den Angeklagten zum Unfallgeschehen. Dieser gab an, das Fahrzeug gefahren und einen Unfall gehabt zu haben. Erst hiernach belehrten die Polizeibeamten den Angeklagten über seine Rechte als Beschuldigter. Seine bisherigen Angaben sind unverwertbar. Darüber wurde er jedoch auch nicht belehrt. In der Hauptverhandlung machte der Angeklagte keine Angaben mehr.
 
Bei Übergang in den "Status des Beschuldigten" gemäß § 136 Abs. 1 StPO, § 46 OWiG muss er als solcher belehrt werden. Unterbleibt dies, kann ein Beweisverwertungsverbot für die danach gemachten Angaben bestehen. Die zuvor getätigten Angaben "als Zeuge" sind in jedem Fall unverwertbar!
Angaben, die der Angeklagte in der förmlichen Beschuldigtenvernehmung gemacht hat, können also unverwertbar sein, wenn der Belehrungsverstoß bei der ersten Vernehmung in der förmlichen Beschuldigtenvernehmung noch fortwirkte, wenn also die zweite Aussage letztlich "aufgrund" des Verfahrensverstoßes bei der ersten Aussage erlangt worden wäre. Dies trifft zu, wenn der Angeklagte wegen der fehlenden Kenntnis von der Unverwertbarkeit seiner früheren Aussagen davon ausgeht, ein Schweigen sei sinnlos, weil er davon ausging, eine frühere, unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Selbstbelastung nicht mehr aus der Welt schaffen zu können.
 
 
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
 
Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.