Absehen vom Fahrverbot wegen unübersichtlicher Beschilderung

Strafrecht und Justizvollzug
22.11.20091097 Mal gelesen
Wenn die Radarfalle im Schilderwald steht kann dies dazu führen, dass ertappte Verkehrssünder ihren Führerschein behalten dürfen.
 
Das geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Stollberg vom 27.4.2009 hervor. Obwohl der zuständigen Verkehrsbehörde nachweislich bekannt war, dass die Beschilderung vor der Messung äußerst unübersichtlich war, hat sie dort weiter eine "Radarfalle" betrieben.
 
Ein Autofahrer, der in diese Radarfalle getappt war, wollte sich das nicht gefallen lassen und legte gegen den Bußgeldbescheid, in dem auch ein Fahrverbot angeordnet worden war, Einspruch ein. Mit Erfolg.
 
Der Amtsrichter entschied, dass unter den vorliegenden Umständen die Verhängung eines Fahrverbotes nicht gerechtfertigt sei. Wenn sich die Behörde weigere, durch eine verbesserte Beschilderung für Rechtsklarheit zu sorgen, dürfe dies nicht zu Lasten des Betroffenen gehen.
 
Das Amtsgericht hat sich damit indirekt auf die Rechtsfigur des sog. "Augenblicksversagen" berufen. Diese besagt, dass dem Betroffenen keine grobe Pflichtwidrigkeit bei Begehung des Verkehrsverstoßes angelastet werden darf, wenn der Verstoß nicht auf einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers beruht, sondern auf eine augenblickliche Unaufmerksamkeit zurückzuführen ist, die jedem Kraftfahrer unterlaufen kann. Mit der Einschränkung, dass die augenblickliche Unaufmerksamkeit nicht ihrerseits auf grob pflichtwidrigem Verhalten beruht.
 
In diesem Fall hatte der unübersichtliche Schilderwald dazu geführt, dass der Betroffene die geschwindigkeitsbegrenzende Anordnung durch das entsprechende Verkehrsschild nicht richtig wahrgenommen hatte, weil er sie nicht erkennen konnte.
 
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Der Beitrag bezieht sich auf ein Urteil des AG Stollberg 27.4.09, Az.: 2 OWi 550 Js 10913/08
Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, ist auf Verkehrsstraf- und Bußgeldrecht spezialisiert. Weitere Infos: www.cd-recht.de