Beweisverwertungsverbot nach Blutentnahme nur selten anzunehmen

Strafrecht und Justizvollzug
25.05.20091142 Mal gelesen
In Münster hatte ein Mann nachmittags mit deutlich mehr als 3,5 Promille eine Autofahrt unternommen. Bei dem Versuch nach links in eine Straße abzubiegen war er zunächst auf den Gehweg geraten und fuhr dann auf ein stehendes Taxi auf, in dem sich der Taxifahrer und ein Fahrgast befanden. Anschließend für er noch ein Stück weiter und beendete die Fahrt an der hinteren Stoßstange eines halb auf dem Gehweg geparkten PKW. An beiden angerempelten Fahrzeugen entstand ein Schaden von insgesamt 2.280 Euro. Eine später angeordnete Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 3,55 Promille.
 
Das Amtsgericht Münster verurteilte den Trunkenheitsfahrer wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Außerdem entzog es die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist von noch 5 Monaten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis (beim Urteil war die Fahrerlaubnis bereits seit 8 Monaten vorläufig entzogen).
 
Gegen das Urteil wandte sich der Angeklagte mit der Sprungrevision. Sein Verteidiger argumentierte, die Verurteilung sei nicht rechtens. Die Entnahme einer Blutprobe sei ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der ohne richterliche Anordnung nicht gestattet sei. Der Polizeibeamte habe nicht die Kompetenz, eine Eilandordnung zur Blutentnahme unter Umgehung des Richtervorbehaltes zu treffen. Das Amtsgericht habe daher übersehen, dass das Ergebnis der Blutprobe einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Das Ergebnis des Blutalkoholgutachtens von 3,55 Promille hätte daher nicht zum Beweis der Fahruntüchtigkeit des Angeklagten herangezogen werden dürfen.
 
Dieser Argumentation erteilte der Senat eine klare Absage.
 
Die Richter des OLG argumentierten, dass  es der Polizei nicht schlichtweg verboten, sondern in Eilfällen grundsätzlich gestattet sei, eine Blutentnahme anzuordnen. Zudem wäre ein richterlicher Anordnungsbeschluss an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowieso erteilt worden. Daher liege zwar im Ergebnis ein Verfahrensverstoß vor, der aber nicht so schwerwiegend sei, dass sich hieraus ein Beweisverwertungsverbot ergäbe. Anders wäre die Situation nur zu beurteilen, wenn in der Nichteinholung der richterlichen Zustimmung eine schwerwiegende Rechtsverletzung zu sehen wäre. Davon wäre aber nur bei einer bewussten Umgehung des Richtervorbehaltes, bei Willkür oder bei grober Fehlbeurteilung durch die Beamten auszugehen. Für ein derartiges Verhalten lagen aber vorliegend keine Anhaltspunkte vor.
 
Der Beschluss des OLG Hamm fügt sich in die Reihe der Mehrzahl an obergerichtlichen Entscheidungen, die ein Beweisverwertungsverbot nur in Fällen offensichtlich willkürlich unterbliebener Einholung eines richterlichen Beschlusses für begründet halten.
 
Die inzwischen zur Frage des Beweisverwertungsverbotes nach Blutentnahme ohne richterliche Anordnung ergangenen Entscheidungen der Obergerichte zeigen, dass nur in seltenen Fällen gute Erfolgsaussichten für eine entsprechende Argumentation der Verteidigung bestehen. Dennoch sollte diese Frage nie außer acht gelassen werden, da nach der obergerichtlichen Rechtsprechung  zumindest bei willkürlicher Umgehen des Richtervorbehaltes von einem Verwertungsverbot auszugehen ist. Durch Befragung des Beamten sollte herausgearbeitet werden, ob sich dieser des Richtervorbehalts überhaupt bewusst gewesen ist. Wird dabei ersichtlich, dass sich die Polizei überhaupt keine Gedanken zum Richtervorbehalt gemacht hat, ist das Argument "Willkür" nicht Fehl am Platze. Auch eine grobe Fehlbeurteilung der rechtlichen Lage durch den Beamten kann argumentativ gut vertreten werden, da die rechtliche Diskussion über die Voraussetzungen des Richtervorbehaltes anlässlich aktueller Gerichtsentscheidungen inzwischen mit ziemlicher Sicherheit auch bei den Polizeidienststellen angekommen sein dürfte, so  dass dort von einer Sensibilisierung für das Thema auszugehen ist.
 
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Der Beitrag nimmt Bezug auf OLG Hamm, Beschluss vom 2.12.2008, Az.: 4 Ss 466/08 
 
Der Verfasser, Christian Demuth, Düsseldorf ist als Rechtsanwalt regional und überregional nahezu ausschließlich auf den Gebieten des Verkehrsstrafrechts, einschließlich des Ordnungswidrigkeiten und Fahrerlaubnisrechts, tätig. Weitere Infos: www.cd-verkehrsrecht.de