Berechtigtes Sich-Entfernen vom Unfallort zum Zwecke der Versorgung eigener Verletzungen

Strafrecht und Justizvollzug
11.06.2015162 Mal gelesen
Mit seinem Beschluss vom 27. August 2014 hat der BGH entschieden, dass sich auch ein Unfallverursacher berechtigt vom Unfallort entfernen kann, sofern er dies tut, um eigene Verletzungen zu versorgen. Der BGH hat insofern der Revision des Betroffenen teilweise statt gegeben.

Das Landgericht Magdeburg hatte den Betroffenen zuvor mit Urteil vom 6. Februar 2014 wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Der Betroffene hatte einen Verkehrsunfall verursacht. Daraufhin war er - einem plötzlichen Fluchtimpuls folgend - zu dem Auto eines Bekannten gelaufen, welches die Unfallstelle passierte. Beim Einsteigen bemerkte der Betroffene, dass die Fingerkuppe seines rechten Mittelfingers abgeknickt war und stark blutete. Daraufhin wurde der Betroffene von seinem Bekannten ins ein Krankenhaus gefahren und dort versorgt. Nach der Behandlung im Krankenhaus, 40 Minuten nach dem Unfallgeschehen, meldete sich der Betroffene bei der Polizei, wobei er angab, er sei Fahrer und Unfallverursacher.

 

Die Revision des Betroffenen hatte insofern Erfolg, als sie sich auf die Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort bezog sowie - in Bezug hierauf - eine Gesamtstrafe gebildet wurde. Das Landgericht Magdeburg hatte nicht erörtert, inwiefern die eigene Verletzung des Betroffenen ein gerechtfertigtes oder entschuldigtes Entfernen vom Unfallort gem. § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB darstellen könnte. Eine solche hätte jedoch erfolgen müssen, da ein berechtigtes Entfernen vorliegen kann, wenn sich ein Betroffener zumindest auch entfernt, um eigene Verletzungen zu versorgen. Die Sache wurde an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.

Bezüglich des berechtigten Entfernens bei eigenen Verletzungen bestätigt der BGH auch die vorherige oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung.

 

Vgl. BGH 4 StR 259/15 vom 27. August 2014

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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.