Autofahren mit Mama lohnt sich! Keine Geldbuße wegen Handy-Telefonats mangels eindeutiger Beweislage.

Strafrecht und Justizvollzug
25.10.2010346 Mal gelesen

Grundlage der Entscheidung des OLG Karlsruhe waren Widersprüche zwischen den   Aussagen der beifahrenden Mutter der Betroffenen und der belastenden Aussage eines weiteren Zeugen.

 

Die betroffene Fahrzeugführerin wurde im Oktober 2007 wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons bei der Fahrt gem. §§ 22, 23 I a, 49 StVO, 24 StVG vom Amtsgericht zu einer Geldbuße in Höhe von 40 Euro verurteilt. Die Betroffene richtete hiergegen Rechtsmittel ein, mit welchem sie Sachrüge erhob und Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts beantragte. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe beantragte hierauf den Antrag der Betroffenen zu verwerfen und widersprach auch im weiteren einer Einstellung des Verfahrens.

 

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied hingegen für die Einstellung des  Verfahrens, gem.  § 47 Abs. 2 OWiG. Eine Ahndung der Tat unter Berücksichtigung des weiteren Verfahrensverlaufs stehe in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Tat und den damit verbundenen zusätzlichen Belastungen für die Betroffene. Beweisgrundlage hierfür war die Zeugenaussage  eines Gemeindevollzugsbeamten, der angab die Fahrerin deutlich, und mit direkter Sicht auf ihr  Fahrzeug,  dabei beobachtet zu haben, wie sie ihr  Handy beim Fahren  an ihr Ohr gehalten habe.

 

Etwas anders hatte das Geschehen die  Mutter der Fahrerin in Erinnerung, nach deren Aussage, nicht die Tochter, aber sie selbst das Handy während der Fahrt benutzt haben soll. Die Tochter dagegen habe es zwar auch benutzt, allerdings- ordnungsgemäß- erst nach Aussteigen aus dem Fahrzeug.

 

Das OLG Karlsruhe führte dazu in einem Beschluss aus, dass auch wenn das Urteil m  Ordnungswidrigkeitenverfahren an sich keinen gesteigerten Anforderungen unterliege, gerade in Fällen, in denen Aussage gegen Aussage stehe, besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung zu stellen sein, um Unklarheiten und Lücken zu vermeiden. Dabei wurde nach Ansicht des OLG Karlsruhe zwar nach rechtsfehlerfreier Überprüfung eine mögliche Falschbelastung des aussagenden Gemeindevollzugsbeamten vom Amtsgericht verworfen, jedoch nicht genügend auf Kriterien der Nachvollziehbarkeit der Zeugenaussage eingegangen. Was unter einer "direkten Sicht auf ein Fahrzeug" zu verstehen sei, ist dem Übermenschen  mit Sicherheit selbstverständlich, dem normalen Menschen mit weniger übersinnlich ausgeprägter Wahrnehmung jedoch nicht gänzlich so eindeutig. Als Kriterien müssten daher zwecks Eindeutigkeit die konkreten Örtlichkeiten, insbesondere Angaben zur Entfernung zwischen dem Standort des Zeugen und dem Fahrzeug, die Geschwindigkeit sowie die Dauer der Beobachtung maßgebend sein. Zur Beurteilung eines möglichen Wahrnehmungsfehlers müssen im konkreten Fall der Blickwinkel und die zum Tatzeitpunkt vorliegenden Lichtverhältnisse berücksichtigt werden.

 

AZ: 1 Ss 135/08; OLG Karlsruhe

 

Hinweis:
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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505