Prozesstaktik im Strafverfahren: Der bedingte Beweisantrag

Strafprozessrecht
30.06.20065197 Mal gelesen

Im Rahmen der Prozesstaktik im Strafverfahren kann die Verteidigung einen bedingten Beweisantrag in Betracht ziehen. Für den Fall, dass der Beweisantrag unter die Bedingung einer bestimmten Prozesslage gestellt wird, hat der BGH hat dies ausdrücklich für zulässig erachtet. So kann beispielsweise die Glaubwürdigkeit eines Zeugen (BGH NStZ, 89, 191) oder die Unglaubwürdigkeit eines Zeugen als Bedingung gesetzt werden (Vgl. Meyer-Goßner, § 244 Rdnr. 22 m.w.N.). Als Bedingungen kommen ferner in Betracht die Vereidigung eines bestimmten Zeugen oder dass bestimmte Umstände (beispielsweise) unerheblich, erwiesen oder offenkundig sind.
Die Art und Weise der Entscheidung kann dem Verteidiger wichtige Rückschlüsse zur Prozeßeinschätzung offenbaren. Soweit das Gericht dem Beweisantrag nachgeht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass es vom Eintritt der Bedingung ausgeht (so auch Michalke, in: Formularhandbuch für den Strafverteidiger, VII.D.15). Im Umkehrschluss ist zu beachten, dass der Verteidiger im entgegengesetzten Fall überlegen muss, ob weitere Beweisanträge zu stellen sind. Das Gericht hat jedoch nach BGH StV 1990, 149 f.  erst dann in den Urteilsgründen eine Ablehnung bekanntzugeben, wenn über den Eintritt der Bedingung "nur im Zusammenhang mit der Urteilsberatung" entschieden werden kann. Dem kann unter Umständen durch die Verknüpfung des Beweisbegehrens mit einer prozessualen Bedingung begegnet werden (beispielweise sei die Vereidigung eines Zeugen genannt).
Ggf. sollte überlegt werden, ob der Antrag nochmals ohne Bedingung gestellt werden sollte. Dies sollte dann jedenfalls vor Abschluß der Beweisaufnahme erfolgen, um dem Angeklagten keine Beweismittel abzuschneiden. Nunmehr hat das Gericht in der Hauptverhandlung eine Entscheidung über den Antrag zu treffen (weitergehend Michalke a.a.O., m.w.N.).
Von dem bedingten Beweisantrag sind zu unterscheiden die Hilfsbeweisanträge und die Eventualbeweisanträge. Der Hilfsbeweisantrag wird von der Entscheidung über einen verfahrensabschließenden Hauptantrag abhängig gestellt. Bei dem Eventualbeweisantrag handelt es sich um eine Kombination von bedingtem Beweisantrag und Hilfsbeweisantrag (Vgl. Meyer-Goßner m.w.N.).
Der Verteidiger sollte stets darüber nachdenken, ob es sinnvoller sein kann, "lediglich" eine Beweisanregung  zu geben. Dieser Weg kann den Vorteil genießen, dass das Gericht dem tatsächlich folgt und somit eine differenzierte Beweiswertung einfließt. Das Gericht hat dem Antrag im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nach Maßgabe des § 244 II StPO zu begegnen.
Abschließend sei auf die sog. Beweisermittlungsanträge eingegangen. Diese dienen grundsätzlich der Vorbereitung von Beweisanträgen, die der Antragsteller noch nicht stellen kann, da er die Beweistatsache nicht kennt oder schlichtweg das Beweismittel nicht bezeichnen kann.
Die Verteidigung sollte sich über den Zeitpunkt etwaiger Anträge grundlegende Gedanken machen. Ggf. werden während der Hauptverhandlung zunächst weitere Zeugen gehört und der Antrag ist per se nicht mehr erforderlich. Es ist zu beachten, dass Beweisanträge bis spätestens zum Beginn der Urteilsverkündung zulässig sind (Vgl. nur BGH 16, 389 (391)).