Rechtsanwalt Michael Weber-Blank erwirkt Grundsatzentscheidung vor dem OLG Celle (Urteil v. 7. 4. 2010 - StO 1/10) - Auch Steuerberater dürfen zusammen mit Gewerbetreibenden auf einer Internetplattform werben, keine Strafbarkeit für den Steuerberater

Steuern und Steuerstrafrecht
22.09.2010 1368 Mal gelesen
Die Entscheidung ist im berufsrechtlichen Verfahren ergangen. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft hatte gemäß § 116 StberG eine Anschuldigungsschrift beim zuständigen Landgericht eingereicht, nachdem die zuständige Steuerberaterkammer die Werbung des Steuerberaters in der hier zu beurteilenden Form für standeswidrig hielt. Die Kammer verlangte die Beendigung der Werbetätigkeit in dieser Form und drohte ansonsten die Entziehung der Zulassung an. Das in erster Instanz zuständige Landgericht gab der Auffassung der Steuerberaterkammer Recht und verurteilte den Steuerberater zu einer Geldbuße von € 3.000,-. Das OLG Celle hob die Entscheidung des Landgerichts auf und sprach den Steuerberater frei.

Bisher wenig Diskussion zu der Frage der Werbung von Berufsträgern auf Internetplattformen

Ob ein gemeinsamer Internetauftritt von Steuerberatern mit Gewerbetreibenden in einem Internetportal bereits eine unzulässige Kooperation oder sogar eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit darstellt, war bisher nicht entschieden. Der Text des § 56 Abs. 5 StBerG scheint zunächst klar, alleine die Definition der Tatbestandsmerkmale bereitet Schwierigkeiten. Der BGH erachtete allerdings schon in der Vergangenheit nicht jede Form der Zusammenarbeit eines Steuerberaters mit einem Gewerbetreibenden als eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit (BGH NJW-RR 1997, 761f.). Unklar war, ob der BGH den in seiner Entscheidung benutzten Begriff der "Kooperation" umgangssprachlich benutzt hat oder i. S. des § 56Abs. 5 StBerG. Das OLG stellt nun richtigerweise fest, dass die Nutzung eines gemeinsamen Internetauftritts von einer Steuerberatungsgesellschaft und einer gewerbetreibenden Firma i. S. des § 57 Abs. 4 Nr.1 StBerG für sich genommen noch keine Kooperation i. S. des § 56 Abs. 5 StBerG darstellt. Nach der gebotenen Wortauslegung des § 56 Abs. 5 StBerG ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der "Kooperation" nicht "jedwede Zusammenarbeit" er- fassen wollte. Eine Einzelfallbetrachtung der Art der Zusammenarbeit ist erforderlich. Die Kriterien für  eine solche Prüfung sind bisher im Zusammenhang mit dem Internetauftritt von Steuerberatern wenig diskutiert.

Es darf keine Beeinflussung des Berufsträgers durch den Gewerbetreibenden vorliegen

Das OLG Celle hat in seiner Bewertung des Falls zu Recht darauf abgestellt, ob eine Beeinflussung des Berufsträgers durch die gewerblichen Vertragspartner im Rahmen des gewählten gemeinsamen Internetauftritts gegeben war. Es gab jedoch nur eine gemeinsam genutzte Internetseite, keine weitere Verbindung oder Abhängigkeit irgendeiner Art. Diese Internetseite hatte nur den Zweck, die jeweils zu differenzierenden Leistungen und Produkte anzubieten. Im Impressum war klar getrennt worden zwischen den einzelnen Zuständigkeiten der Vertragspartner. Für jeden Nutzer der Internetseite war zu erkennen, dass die Steuerbera­tungsgesellschaft und der Gewer­betreibende eigene voneinander getrennte Bereiche hatten. Diese Form der Werbung war unter die vom BGH statuierte Werbemög­lichkeit zu fassen.

Es gilt die Schranke des Art. 12 GG zu beachten

Klargestellt hat das Gericht, nach vollkommener Auslassung dieses Gesichtspunkts durch das Landgericht, dass nicht der Steuer­berater rechtfertigen muss, wa­rum er diese Form der Zusammen­arbeit wählt, sondern umgekehrt jede Einschränkung von berufli­cher Tätigkeit sich an Art. 12 GG zu orientieren hat. Die schon in der Vorinstanz durch die Verteidigung vorgetragene Darlegung der man­gelnden Gefahr für das Gemein­wohl durch diese Art von Zusam­menarbeit wurde nun ebenfalls bestätigt.

Nicht jede gemeinsame Werbung ist auch gleichzeitig gewerblich

In der gemeinsamen Nutzung des Werbeauftritts im Internet sei auch keine berufsrechtlich unzu­lässige gewerbliche Tätigkeit des Steuerberaters zu sehen. Es exis­tiere keine vertragliche Bindung bzw. Einflussnahmemöglichkeit unter den Vertragspartnern und diese ordnen sich zudem erkenn­bar unterschiedlicher rechtlicher Verantwortung zu. Es verblieb durch diese strikte Regelung bei der notwendigen unabhängigen, eigenverantwortlichen und auch verschwiegenen Berufsausübung. Die von der Vorinstanz aufgestell­te Behauptung, es gäbe aber einen Rechtsschein des gemeinsamen Auftritts und der reiche für ein Werbeverbot in dieser Form, hat das Gericht nicht gelten lassen. Dem OLG ist auch darin zuzustim­men, dass die eigentliche Wer­bung auf der Internetseite eine zulässige Werbung des Steuerbe­raters darstellte. Nach § 57a StBerG ist dem Steuerberater Wer­bung erlaubt, soweit sie in Form und Inhalt über die berufliche Tä­tigkeit sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auf­trags im Einzelfall gerichtet ist. Für die Betrachtung der zulässigen Werbung muss die verfassungs­rechtlich garantierte Werbemög­lichkeit berücksichtigt werden, die allenfalls Schranken unterliegen kann. Eine solche Einschränkung wäre das Verbot der berufswid­rigen Werbung. Ein solches Verbot käme aber nur in Betracht, wenn durch die Werbung die Aufgaben­erfüllung des Steuerberaters i. S.von § 57 Abs.1 StBerG gefährdet sei. Die Werbung als solche selbst, stellt eben noch keine Berufs­pflichtverletzung für einen Steu­erberaterdar(OVG Lüneburg, Urteil v. 8. 12.2005, 8 LB 50/03, NJW 2006, 3799).

Die Zusammenarbeit mit Gewerbetreibenden ist zulässig

Werbung hat das Ziel, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistung zu gewinnen. Die Vorinstanz hat alleine in der Tat­sache, dass die Steuerberatungs­gesellschaft gemeinsam auf einer Internetplattform mit einem Ge­werbetreibenden auftritt, eine un­zulässige gewerbliche Tätigkeit gesehen. Insbesondere die Begriff­lichkeit des "unbefangenen Inter­netnutzers", dem die Vorinstanz im vorliegenden Fall noch eine mangelnde Unterscheidung zwi­schen Steuerberatung und Gewer­be bescheinigte, hat das OLG alle zu Recht abgelehnt. Den "unbe­fangenen Internetnutzer" gibt es nicht. Unabhängig von Defini­tionsproblemen eines solchen Be­griffs ist der Wert für die hier zu beantwortende Rechtsfrage ohne­hin zweifelhaft.

Eine gemeinsame Nutzung einer Internetseite zwecks Wer­bung zwischen einer Steuerbera­tungsgesellschaft und einem ge­werbetreibenden Geschäftspart­ner ist weder eine unzulässige Ko­operation noch ein unzulässiger gewerblicher Auftritt. Erforderlich ist aber eine nach außen deutlich erkennbare Zuständigkeitstren­nung der einzelnen Bereiche. Und eine Einflussnahme des Gewerbe­treibenden auf den Bereich der Steuerberatung muss ausge­schlossen sein. Auch der Anschein einer solchen Einflussnahme ist zu verhindern.

Die Entscheidung des OLG ist richtungsweisend, da erstmals un­ter Berücksichtigung verfassungs­rechtlicher Grundsätze auf die Ver­änderung des Alltags im Span­nungsverhältnis des Berufsrechts von Steuerberatern sowie dem Internet als Medium der Zukunft eingegangen wird. In diesem Zu­sammenhang ist wichtig, dass dem Auftreten von Freiberuflern in der Öffentlichkeit nicht "der Weg des Alltäglichen" versperrt bleibt.

Die Zeiten ändern sich  - die Werbung von Steuerberatern auch

Moderne Zeiten erfordern moderne Werbemöglichkeiten. Diese Entscheidung hat dankens­werter Weise den Weg dahin er­öffnet. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die vom OLG zugelassene und von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision annimmt. (WB)

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