Bisher wenig Diskussion zu der Frage der Werbung von Berufsträgern auf Internetplattformen
Ob ein gemeinsamer Internetauftritt von Steuerberatern mit Gewerbetreibenden in einem Internetportal bereits eine unzulässige Kooperation oder sogar eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit darstellt, war bisher nicht entschieden. Der Text des § 56 Abs. 5 StBerG scheint zunächst klar, alleine die Definition der Tatbestandsmerkmale bereitet Schwierigkeiten. Der BGH erachtete allerdings schon in der Vergangenheit nicht jede Form der Zusammenarbeit eines Steuerberaters mit einem Gewerbetreibenden als eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit (BGH NJW-RR 1997, 761f.). Unklar war, ob der BGH den in seiner Entscheidung benutzten Begriff der "Kooperation" umgangssprachlich benutzt hat oder i. S. des § 56Abs. 5 StBerG. Das OLG stellt nun richtigerweise fest, dass die Nutzung eines gemeinsamen Internetauftritts von einer Steuerberatungsgesellschaft und einer gewerbetreibenden Firma i. S. des § 57 Abs. 4 Nr.1 StBerG für sich genommen noch keine Kooperation i. S. des § 56 Abs. 5 StBerG darstellt. Nach der gebotenen Wortauslegung des § 56 Abs. 5 StBerG ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der "Kooperation" nicht "jedwede Zusammenarbeit" er- fassen wollte. Eine Einzelfallbetrachtung der Art der Zusammenarbeit ist erforderlich. Die Kriterien für eine solche Prüfung sind bisher im Zusammenhang mit dem Internetauftritt von Steuerberatern wenig diskutiert.
Es darf keine Beeinflussung des Berufsträgers durch den Gewerbetreibenden vorliegen
Das OLG Celle hat in seiner Bewertung des Falls zu Recht darauf abgestellt, ob eine Beeinflussung des Berufsträgers durch die gewerblichen Vertragspartner im Rahmen des gewählten gemeinsamen Internetauftritts gegeben war. Es gab jedoch nur eine gemeinsam genutzte Internetseite, keine weitere Verbindung oder Abhängigkeit irgendeiner Art. Diese Internetseite hatte nur den Zweck, die jeweils zu differenzierenden Leistungen und Produkte anzubieten. Im Impressum war klar getrennt worden zwischen den einzelnen Zuständigkeiten der Vertragspartner. Für jeden Nutzer der Internetseite war zu erkennen, dass die Steuerberatungsgesellschaft und der Gewerbetreibende eigene voneinander getrennte Bereiche hatten. Diese Form der Werbung war unter die vom BGH statuierte Werbemöglichkeit zu fassen.
Es gilt die Schranke des Art. 12 GG zu beachten
Klargestellt hat das Gericht, nach vollkommener Auslassung dieses Gesichtspunkts durch das Landgericht, dass nicht der Steuerberater rechtfertigen muss, warum er diese Form der Zusammenarbeit wählt, sondern umgekehrt jede Einschränkung von beruflicher Tätigkeit sich an Art. 12 GG zu orientieren hat. Die schon in der Vorinstanz durch die Verteidigung vorgetragene Darlegung der mangelnden Gefahr für das Gemeinwohl durch diese Art von Zusammenarbeit wurde nun ebenfalls bestätigt.
Nicht jede gemeinsame Werbung ist auch gleichzeitig gewerblich
In der gemeinsamen Nutzung des Werbeauftritts im Internet sei auch keine berufsrechtlich unzulässige gewerbliche Tätigkeit des Steuerberaters zu sehen. Es existiere keine vertragliche Bindung bzw. Einflussnahmemöglichkeit unter den Vertragspartnern und diese ordnen sich zudem erkennbar unterschiedlicher rechtlicher Verantwortung zu. Es verblieb durch diese strikte Regelung bei der notwendigen unabhängigen, eigenverantwortlichen und auch verschwiegenen Berufsausübung. Die von der Vorinstanz aufgestellte Behauptung, es gäbe aber einen Rechtsschein des gemeinsamen Auftritts und der reiche für ein Werbeverbot in dieser Form, hat das Gericht nicht gelten lassen. Dem OLG ist auch darin zuzustimmen, dass die eigentliche Werbung auf der Internetseite eine zulässige Werbung des Steuerberaters darstellte. Nach § 57a StBerG ist dem Steuerberater Werbung erlaubt, soweit sie in Form und Inhalt über die berufliche Tätigkeit sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Für die Betrachtung der zulässigen Werbung muss die verfassungsrechtlich garantierte Werbemöglichkeit berücksichtigt werden, die allenfalls Schranken unterliegen kann. Eine solche Einschränkung wäre das Verbot der berufswidrigen Werbung. Ein solches Verbot käme aber nur in Betracht, wenn durch die Werbung die Aufgabenerfüllung des Steuerberaters i. S.von § 57 Abs.1 StBerG gefährdet sei. Die Werbung als solche selbst, stellt eben noch keine Berufspflichtverletzung für einen Steuerberaterdar(OVG Lüneburg, Urteil v. 8. 12.2005, 8 LB 50/03, NJW 2006, 3799).
Die Zusammenarbeit mit Gewerbetreibenden ist zulässig
Werbung hat das Ziel, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistung zu gewinnen. Die Vorinstanz hat alleine in der Tatsache, dass die Steuerberatungsgesellschaft gemeinsam auf einer Internetplattform mit einem Gewerbetreibenden auftritt, eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit gesehen. Insbesondere die Begrifflichkeit des "unbefangenen Internetnutzers", dem die Vorinstanz im vorliegenden Fall noch eine mangelnde Unterscheidung zwischen Steuerberatung und Gewerbe bescheinigte, hat das OLG alle zu Recht abgelehnt. Den "unbefangenen Internetnutzer" gibt es nicht. Unabhängig von Definitionsproblemen eines solchen Begriffs ist der Wert für die hier zu beantwortende Rechtsfrage ohnehin zweifelhaft.
Eine gemeinsame Nutzung einer Internetseite zwecks Werbung zwischen einer Steuerberatungsgesellschaft und einem gewerbetreibenden Geschäftspartner ist weder eine unzulässige Kooperation noch ein unzulässiger gewerblicher Auftritt. Erforderlich ist aber eine nach außen deutlich erkennbare Zuständigkeitstrennung der einzelnen Bereiche. Und eine Einflussnahme des Gewerbetreibenden auf den Bereich der Steuerberatung muss ausgeschlossen sein. Auch der Anschein einer solchen Einflussnahme ist zu verhindern.
Die Entscheidung des OLG ist richtungsweisend, da erstmals unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Grundsätze auf die Veränderung des Alltags im Spannungsverhältnis des Berufsrechts von Steuerberatern sowie dem Internet als Medium der Zukunft eingegangen wird. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass dem Auftreten von Freiberuflern in der Öffentlichkeit nicht "der Weg des Alltäglichen" versperrt bleibt.
Die Zeiten ändern sich - die Werbung von Steuerberatern auch
Moderne Zeiten erfordern moderne Werbemöglichkeiten. Diese Entscheidung hat dankenswerter Weise den Weg dahin eröffnet. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die vom OLG zugelassene und von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision annimmt. (WB)