Keine Festsetzungsverjährung durch Abgabe einer unzureichenden strafbefreienden Selbstanzeige

Keine Festsetzungsverjährung durch Abgabe einer unzureichenden strafbefreienden Selbstanzeige
12.07.2013264 Mal gelesen
Eine unvollständige strafbefreiende Selbstanzeige setzt den Lauf der einjährigen Festsetzungsfrist für die Steuer noch nicht in Gang, der Steuerpflichtige muss nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts zuvor seine Angaben hinsichtlich Steuerart und Veranlagungszeitraum konkretisiert haben.

In einer im Jahre 1988 beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 1987 gaben  Eheleute ihre Einnahmen aus Kapitalvermögen mit 2.618,- DM an. Die Veranlagung zur Einkommensteuer 1987 erfolgte mit Einkommensteuerbescheid 1987 vom 12. Dezember 1998 insoweit erklärungsgemäß. Der Ehemann der Eheleute war indes im September 1987 verstorben.

Mit Schreiben vom 9. November 1998 teilte der Prozessbevollmächtigte der Witwe dem Finanzamt mit, dass die Eheleute  bei ihrer Erklärung für 1987 nicht sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hätten. Er sei beauftragt worden, die erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen zu ermitteln und nach zu erklären. Er benötige dazu eine Frist bis zum 31.Dezember 1998. Dieses Schreiben leitete das Finanzamt an das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen  weiter.

Am 23. Dezember 1998 übersandte der Prozessbevollmächtigte dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen eine Zusammenstellung der von den Eheleuten erzielten Kapitaleinkünfte sowie des steuerpflichtigen Vermögens. Für das Jahr 1987 ergaben sich danach Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 70.800,- DM.

Nach Beantwortung einer Rückfrage im Oktober 1999  änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 1987 mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 und setzte die Einkommensteuer 1987 unter Berücksichtigung der nacherklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen herauf.

Die Witwe meint, am 13. Dezember 1999 hätte kein Bescheid mehr ergehen können, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Durch das Schreiben vom 9. November 1998, das eine Selbstanzeige darstelle, sei der Ablauf der Festsetzungsfrist für ein Jahr gehemmt worden, sodass der Änderungsbescheid für die Einkommensteuer 1987 spätestens am 9. November 1999 hätt ergehen können.

Dies wollte das Finanzamt so nicht einsehen. Die Witwe erhob daher Klage.

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht.

Die Festsetzungsfrist beginnt, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird; die Festsetzungsfrist beträgt im Fall der Steuerhinterziehung zehn Jahre. Danach begann im Streitfall die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1987 am 31.12.1988.

Ohne Ablaufhemmung hätte die Festsetzungsfrist mithin am 31.12.1998 geendet.

Die Festsetzungsfrist verlängerte sich im Streitfall über den 31.12.1998 hinaus, weil die Witwe vor Ablauf der Festsetzungsfrist strafbefreiende Selbstanzeige erstattet hat. Das Schreiben vom 9. November 1998 ist indes noch nicht als eine solche zu werten, sondern erst das Schreiben vom 23. Dezember 1998.

Eine Selbstanzeige im Sinne des Gesetzes liege nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige der Finanzbehörde die fehlerhaften Angaben nach Art und Umfang offenbart. Das Finanzamt muss durch die Selbstanzeige in die Lage versetzt werden, ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären.

Nach Auffassung des Gerichts gehört es zu den Mindestanforderungen an eine Selbstanzeige, dass der Steuerpflichtige Steuerart und Veranlagungszeitraum benennt und die äußeren Umrisse des Sachverhaltes derart schildert, dass erkennbar wird, was Gegenstand der Selbstanzeige sein soll.

Aus dem Schreiben vom 9. November 1998 lässt sich nicht erkennen, dass auch für das Streitjahr 1987 die Höhe der tatsächlich erzielten Kapitaleinkünfte nacherklärt werden sollte. Damit könne das Schreiben nicht als Selbstanzeige angesehen werden.

Da erst das Schreiben vom 23. Dezember 1998 und nicht schon das Schreiben vom 9. November 1998 als Selbstanzeige  zu werten ist, so wurde der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zum 23. Dezember 1999 gehemmt.

Der Änderungsbescheid vom 13. Dezember 1999 ist damit in noch nicht festsetzungsverjährter Zeit ergangen.

 

(Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 10.11.2003; 1 K 10277/00)

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