Der Beginn der Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen wird durch ein eingeleitetes Strafverfahren auch im Falle der strafbefreienden Selbstanzeige gehemmt

Der Beginn der Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen wird durch ein eingeleitetes Strafverfahren auch im Falle der strafbefreienden Selbstanzeige gehemmt
09.07.2013561 Mal gelesen
Ein eingeleitetes Strafverfahren hemmte den Beginn der Festsetzungsfrist für die Hinterziehungszinsen bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss. Der Anlaufhemmung durch ein eingeleitetes Strafverfahren steht nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht entgegen, dass dessen Einleitung auf

eine strafbefreiende Selbstanzeige des Steuerpflichtigen beruht.

Ein Steuerpflichtiger hatte am 14. September 1998 Selbstanzeige wegen hinterzogener Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1996 erstattet. Die Selbstanzeige wurde vom Finanzamt an die Steuerfahndung und von dieser an die zuständige Straf- und Bußgeldsachenstelle weitergeleitet. Mit Ermittlungsauftrag vom 30. September 1998 begann die Steuerfahndung die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Selbstanzeige zu prüfen. Die Straf- und Bußgeldstelle verfügte am 13. Oktober 1998 die Einleitung eines Strafverfahrens wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung ab 1987.

Die Straf- und Bußgeldstelle stellte am 24. März 1999 das Verfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung ein, weil eine wirksame Selbstanzeige vorliege und die Beträge entrichtet worden seien.

Mit Bescheid vom 31. März 2000 setzte das Finanzamt Hinterziehungszinsen in Höhe von 33.332 DM fest.

Der Steuerpflichtige erhob gegen den Zinsbescheid Einspruch, weil die Festsetzungsfrist abgelaufen sei.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, weil die Festsetzungsfrist erst mit Abschluss des Strafverfahrens, also mit Ablauf des Jahres 1999 zu laufen begonnen habe.

Der Steuerpflichtige meint, es  habe es sich um eine bloße Scheinermittlung gehandelt, weil aufgrund der zweifelsfrei wirksamen Selbstanzeige eine Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ausgeschlossen gewesen sei.

Das Finanzamt wies die Klage des Steuerpflichtigen ab.

Nach dem Gesetz beginne die einjährige Zinsfestsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist.

Gegen den Steuerpflichtigen wurde nach seiner Selbstanzeige ein Strafverfahren eingeleitet. Das eingeleitete Strafverfahren hemmte den Anlauf der Festsetzungsfrist bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss mit Einstellungsbeschluss vom 24. März 1999. Die einjährige Festsetzungsfrist lief daher erst zum 31. Dezember 2000 ab.

Der Anlaufhemmung durch ein eingeleitetes Strafverfahren steht nicht entgegen, dass die Einleitung auf einer Selbstanzeige beruhte. Die förmliche Verfügung über die Einleitung eines Strafverfahrens war ebenso eine das Strafverfahren einleitende Maßnahme wie die mit Ermittlungsauftrag vom 30. September 1998 begonnen Prüfungshandlungen der Steuerfahndung, auch wenn das eingeleitete Strafverfahren auf die Prüfung der Wirksamkeit der Selbstanzeige beschränkt blieb.

Die Prüfungshandlungen der Steuerfahndung waren keine bloßen Scheinermittlungen. Sie hat die Wirksamkeit der Selbstanzeige tatsächlich geprüft. Die Ermittlungen waren auf die materielle Prüfung der Wirksamkeit der Selbstanzeige gerichtet und daher Maßnahmen, die geeignet und notwendig waren, gegen den Steuerpflichtigen strafrechtlich vorzugehen.

Die Anlaufhemmung wird im vorliegenden Fall nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Finanzbehörde ein Strafverfahren nicht hätte einleiten dürfen. Die Einleitung eines Strafverfahrens im Anschluss an eine Selbstanzeige ist nicht  wegen eines Verfahrenshindernisses rechtswidrig.

Die Selbstanzeige ist zwar ein persönlicher Strafaufhebungsgrund. Der zu einem Verfahrenshindernis führende Strafaufhebungsgrund tritt aber erst dann ein, wenn die Selbstanzeige wirksam ist und die hinterzogenen Steuern binnen einer angemessenen Frist nachgezahlt werden. Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens noch nicht vor.

Die Festsetzungsfrist für die Hinterziehungszinsen war mithin mit Erlass des Bescheids noch nicht abgelaufen.

(Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2005; 1 K 354/03)

 

Benötigen Sie hierzu oder zu anderen steuerrechtlichen Themen weitere Informationen? Kommen Sie auf uns zu. Wir beraten Sie gerne. Bei allen Fragen im Steuerrecht, berät und vertritt Sie die Himmelsbach & Sauer GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft  umfassend und kompetent.

Unsere Kontaktdaten:

Himmelsbach & Sauer GmbH
Rechtsanwaltsgesellschaft

Einsteinallee 3
77933 Lahr / Schwarzwald

Telefon: 07821/95494-0
Telefax: 07821/95494-888

E-Mail: kanzlei@himmelsbach-sauer.de

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage