Arbeitslosenversicherung - Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe - Vergleich im Kündigungsschutzprozess führt nicht automatisch zur Sperrzeit!

Staat und Verwaltung
10.08.20092484 Mal gelesen

Wer Arbeitslosengeld beantragt, muss eine Fülle von Pflichten beachten, deren Verletzung gravierende Strafen nach sich ziehen können. So soll z.B. mit der gesetzlichen Drohung einer Sperrzeit dem vorsätzlichen Herbeiführen eines Versicherungsfalles durch den Arbeitnehmer entgegengewirkt werden. Die Sperrzeit bewirkt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit ruht, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Das Arbeitslosengeld wird für die Dauer der Sperrzeit nicht gezahlt. Außerdem mindert sich bei einer Sperrzeit auch die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und zwar im Regelfall um die Anzahl von Tagen der Sperrzeit. Ein Grund, der die Verhängung einer Sperrzeit rechtfertigt, ist die Arbeitsaufgabe. Dieser Grund liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

 
Der Versicherte darf also ohne wichtigen Grund nicht von sich aus das Beschäftigungsverhältnis auflösen, ohne eine Sperrzeit zu riskieren. Ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses (u.U. sogar auf Anraten des Gerichts) mit seinem Arbeitgeber einen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schließt. Allerdings muss in diesen Fällen geprüft werden, ob dem Arbeitnehmer nicht ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zur Seite steht. Dies hat das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 17. Oktober 2007 (B 11a AL 51/06 R) entschieden. Danach führt ein Vergleich im Kündigungsschutzprozess nicht automatisch zur Sperrzeit! In dem entschiedenen Fall war dem langjährig beschäftigten Kläger von seinem Arbeitgeber außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt worden. Dagegen hatte er Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erhoben. Dort wurde ein Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis auf die Kündigung des Arbeitgebers endete und dieser sich zur Zahlung einer Abfindung von 95.000 DM netto verpflichtete. Die Arbeitsagentur bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Das Landessozialgericht hatte zunächst die Arbeitsagentur zur Zahlung von weiterem Arbeitslosengeld mit der Begründung verurteilt, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne der Sperrzeitregelungen gelöst, da die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber im Rahmen des eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens und zudem auf Vorschlag des Arbeitsgerichts getroffen worden sei.
 
Das Bundessozialgericht hob diese Entscheidung auf und verwies sie an das LSG zurück. Der Kläger habe zwar durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich sein Beschäftigungsverhältnis "gelöst." Jedoch könne ihm für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts zur Seite stehen. Denn es kann einem Arbeitnehmer regelmäßig nicht zum Nachteil gereichen, wenn er gegen die Kündigung vorgeht und sodann im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klage zurücknimmt oder einen Vergleich schließt. Ein gerichtlicher Vergleich, der die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt, löst daher grundsätzlich keine Sperrzeit aus.
 
Allerdings müssten die Umstände des Zustandekommens des gerichtlichen Vergleichs genau geprüft werden, wenn Anhaltspunkte für Umgehungsgeschäfte vorliegen. Diese Prüfung habe das Landessozialgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht getan. Diese Prüfung sei im Rahmen der Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen.

Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2007 (B 11a AL 51/06 R)

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