Arbeitslosenversicherung und Sperrzeit: Darf der Arbeitnehmer bei drohender betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung das Arbeitsverhältnis lösen?

Staat und Verwaltung
10.08.20091912 Mal gelesen
Besorgte Stimmen erwarten im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine Entlassungswelle. Sollten diese Prognosen zutreffen, wird die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld noch weiter zunehmen. Hier gilt es, gewappnet zu sein. Denn das Gesetz legt den Versicherten eine ganze Reihe von Pflichten auf, deren Verletzung gravierende Strafen nach sich ziehen können. Eine davon ist die sog. Sperrzeit. Damit soll dem vorsätzlichen Herbeiführen eines Versicherungsfalles durch den Arbeitnehmer entgegengewirkt werden. Die Sperrzeit bewirkt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit ruht, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Das bedeutet, dass das Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit nicht gezahlt wird. Darüber hinaus mindert sich bei einer Sperrzeit auch die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und zwar im Regelfall um die Anzahl von Tagen der Sperrzeit. Ferner besteht auch kein Sozialversicherungsschutz. In der Kranken- und Pflegeversicherung gibt es allerdings Sonderregelungen. Das Gesetz kennt mehrere Tatbestände, die die Verhängung einer Sperrzeit ermöglichen, z.B. 
  • Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
  • Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen,
  • Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme,
  • Sperrzeit bei Meldeversäumnis,
  • Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung
Der wichtigste Grund dürfte die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sein. Er liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Streitfrage ist immer wieder, wann ein wichtiger Grund vorliegt. Das Bundessozialgericht erkennt z.B. unter bestimmten Voraussetzungen den Fall an, dass eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung droht. Für diese Konstellation hat das BSG in einem Urteil vom 17. Oktober 2002 Regeln aufgestellt und diese in einer Entscheidung vom 02.09.2004 (B 7 AL 18/04 R) bestätigt:
 
  • Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.
  • Solche besonderen Umstände können zB dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer
    •  eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt zumindest droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und
    • er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben. 
  • In Einzelfällen kann auf Grund sonstiger Umstände, etwa des Verhaltens des Arbeitgebers, ein wichtiger Grund auch bei einer (drohenden oder feststehenden, aber noch nicht erfolgten) rechtswidrigen Kündigung vorliegen.
  • Lassen sich nach Erschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen diejenigen Tatsachen nicht aufklären, aus denen sich der wichtige Grund ergibt, sind die allgemeinen Grundsätze über die objektive Beweislast heranzuziehen. Danach trifft grundsätzlich - Ausnahme: Verletzung der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen - die Arbeitsagentur die Beweislast dafür, dass ein dem Eintritt der Sperrzeit entgegenstehender wichtiger Grund nicht vorliegt.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.  Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers .