Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 26.04.2012 (2 C 4/11) beschäftigte sich ein früherer Fachbeitrag mit dem Ablauf des Verfahrens, den einschlägigen Ansprüchen, den Einreden der Entreicherung und Verjährung sowie mit der zwingend erforderlichen Billigkeitsentscheidung der Behörde. Ein anderer Beitrag befasste sich insbesondere mit der angemessenen Höhe des Billigkeitsabschlags. Nachfolgend werden weitere aktuelle Urteile verschiedener Verwaltungsgerichte zu Detailfragen im Zusammenhang mit der Rückforderung überzahlter Dienstbezüge dargestellt:
1. Billigkeitsentscheidung trotz verschärfter Haftung des fahrlässigen Beamten
Sieht das einschlägige Recht - wie z.B. in § 12 Abs. 2 S. 3 BBesG - eine Billigkeitsentscheidung vor, darf diese auch nicht entfallen, wenn die zurückfordernde Behörde von einer verschärften Haftung des Beamten ausgeht. Zwar kann ein Beamter, der die grundlose Überzahlung erkannt hat oder hätte erkennen müssen, nicht die Einrede der Entreicherung geltend machen. Dies lässt die Billigkeitsentscheidung der Behörde jedoch nicht entfallen, da der verschärft haftende Beamte insoweit nicht doppelt belastet werden dürfe,
vgl. VG Köln, Urt. v. 03.02.2016, 23 K 3330/14.
2. Fehler bei der Neuordnung des Besoldungssystems
Geht die Überzahlung auf einen Fehler bei der Neuordnung des Besoldungssystems zurück, da der Beamte fehlerhaft einer Besoldungsstufe zugeordnet wurde, die er tatsächlich noch nicht erreicht hatte, ist der entsprechende Mangel für den betroffenen Beamten regelmäßig nicht offensichtlich.
Insbesondere nach der Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG zur altersdiskriminierenden Besoldung der Beamtenschaft durch den Bund und einige Länder, wurden zahlreiche Besoldungsgesetze überarbeitet und systematisch neu geordnet. Da es sich bei der Überleitung der alten Rechtslage auf die neuen Besoldungssysteme zum Teil um äußerste komplizierte Vorgänge handelt, die nur nach Heranziehung ergänzender Informationen verständlich werden, scheidet eine verschärfte Haftung des betroffenen Beamten regelmäßig aus,
vgl. VG München, Urt. v. 30.09.2015, M 21 K 14.3173.
3. Fortzahlung nach sofort vollziehbarer Entlassung aus dem Dienst
Wird die Überzahlung dadurch verursacht, dass die auszahlende Behörde nicht erkennt, dass eine Rechtsbehelf gegen eine Verfügung zur Entlassung eines Beamten aus dem Dienstverhältnis im Einzelfall keine aufschiebende Wirkung hat, ist der Grund der Überzahlung der überwiegenden behördlichen Verantwortung zuzuordnen. Es ist nicht Sache des betroffenen Beamten, die Behörde auf die sofortige Vollziehbarkeit und die Möglichkeit zur Einbehaltung der Bezüge hinzuweisen.
Ist die getroffene Billigkeitsentscheidung vor dem oben dargestellten Hintergrund fehlerhaft, führt dies zur Aufhebung des Rückforderungsbescheides insgesamt,
VG Minden, Urt. v. 06.07.2015, 4 K 4019/13.
4. Fazit
Die dargestellte Rechtsprechung bestätigt, dass bei der Rückforderung überzahlter Bezüge stets die Umstände des Einzelfalles in den Blick zu nehmen. Da das Vorgehen der Behörde für den betroffenen Beamten in vielen Fällen nicht ohne Weiteres einsehbar ist, kann sich in zweifelhaften Fällen die genaue Kontrolle der Ursachenzusammenhänge lohnen.
Dieser Beitrag ist nicht geeignet, eine Beratung im Einzelfall zu ersetzen. Die Prüfung der Erfolgsaussichten der erforderlichen Rechtsbehelfe entzieht sich einer pauschalierten Betrachtung.
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