Beamtenbewerber - Gesundheitliche Eignung - Rechtsprechungsänderung

Staat und Verwaltung
27.01.20152390 Mal gelesen
Jahrzehntelang wurde geurteilt, die gesundheitliche Eignung im Beamtenverhältnis könne nur festgestellt werden, wenn der Eintritt der Dienstunfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Mit Urt. v. 25.07.2013 – 2 C 12.11 hat das BVerwG diese Rspr. aufgegeben.

Das BVerwG hat dem Dienstherrn in jahrzehntelanger Rechtsprechung einen Beurteilungsspielraum bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern zuerkannt. Die Entscheidung ist sowohl erheblich bei der Frage, ob ein Beamtenbewerber die gesundheitliche Eignung für die Ernennung in das Beamtenverhältnis aufweist, ferner für den Probebeamten hinsichtlich der Frage, ob sein Beamtenverhältnis auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit umzuwandeln ist.

Ernennungen in das Beamtenverhältnis sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG). Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist. Daher hat der Dienstherr auch immer eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Ist die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden.

Die eingangs genannte Entscheidung v. 25.07.2013 - 2 C 12.11 - begründet unter Rn. 16 die Rechtsprechungsänderung wie folgt:

"Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 3 C 26.11 - NJW 2013, 1320 Rn. 15). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss (vgl. Urteile vom 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6; vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 149> und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2). Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird."

Weiter heisst es dann unter Rn. 24 (Urt. v. 25.07.2013 - 2 C 12.11):

"Die Verwaltungsgerichte haben über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein; diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht fest (vgl. Urteile 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6 S. 14 f. und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2)."

Aus diesem Grunde hat das BVerwG die Feststellung, der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankung an Multipler Sklerose nicht zu verbeamten, aufgehoben.

In einer weiteren Entscheidung v. 30.10.2013 - 2 C 16.12 hat das BVerwG seine Rechtsgrundsätze präzisiert. Streitgegenstand dort war die Entlassung eines Beamten auf Probe, weil der Kläger aufgrund zweier Bandscheibenvorfälle länger dienstunfähig erkrankt war und der Dienstherr daher die gesundheitliche Eignung verneint hatte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist nach dieser Entscheidung der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung.

Schließlich hat das BVerwG mit Beschl. v. 13.12.2013 - 2 B 27.13 verneint, dass eine Adipositas mit einem bestimmten BMI-Wert als "Indikator" für die gesundheitliche Nicht-Eignung angenommen werden kann. 

 Fazit:

Mit der neueren Rechtsprechung des BVerwG kann eine Abweichung des Gesundheitszustandes vom Regelzustand oder vorübergehende Erkrankungen in der Probezeit kein Anlass mehr sein, die gesundheitliche Eignung des Beamtenbewerbers zu verneinen. Die Entscheidung des Dienstherrn über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes eines Bewerbers unterliegt zudem der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.

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 RA Dr. Frank Lansnicker, Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht