Der Rundfunkbeitrag ist bisher von keinem Gericht als verfassungswidrig eingestuft worden.

Staat und Verwaltung
22.08.20143300 Mal gelesen
Gleichwohl ist er hoch umstritten, wie zahlreiche Klagen belegen. Auch das Verwaltungsgericht Potsdam folgt der bisherigen Rechtsprechung. Auch die Landesverfassungsgerichte von Bayern und Baden-Württemberg haben schon entsprechende Klagen abgewiesen.

Das Verwaltungsgericht Potsdam sah keine Verfassungsrechtsverletzung (Urt. v. 19.08.2014, AZ: VG 11 K 1294/14; VG 11 K 4160/13; VG 11 K 4237/13, VG 11 K 283/14; VG 11 K 875/14; VG 11 K 927/14; VG 11 K 1280/14; VG 11 K 4025/13 und VG 11 K 1431/14). Die Berufung wurde nicht zugelassen. Allerdings können die Kläger noch die Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.

Soweit es um die Informations-, die Religions- oder die allgemeine Handlungsfreiheit gehe, sei bereits der Schutzbereich nicht berührt. Auch der Meldeabgleich sei verfassungsmäßig gerechtfertigt und verstoße nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch könne der Rundfunkbeitrag nicht als Steuer gewertet werden, da er eine Gegenleistung für das öffentlich-rechtliche Programmangebot darstelle. Schließlich werde auch der Gleichheitsgrundsatz durch die Bindung der Wohnungsinhaber an die Beiträge nicht verletzt. Bei eventuellen sozialen Härten sehe der Staatsvertrag zum Rundfunkbeitrag ausreichende Entlastungen vor.

Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (Urt. v. 13. Mai 2014, AZ: VGH B 35/12) stellte in einer Presseerklärung klar: "Die unterschiedliche Ausgestaltung der Rundfunkbeitragspflichten im privaten und im nicht privaten Bereich folge aus der - im Ermessen des Gesetzgebers liegenden - Entscheidung, die Beitragspflicht nicht mehr von dem Vorhalten eines Rundfunkempfangsgeräts abhängig zu machen, sondern an die grundsätzlich unbeschränkte Möglichkeit des Rundfunkempfangs anzuknüpfen und die Beitragshöhe anhand einer typisierten, insbesondere auf die jeweils übliche bzw. mögliche Nutzungsintensität sowie den zu erwartenden Vorteil abstellenden Rundfunknutzung zu bestimmen. Insoweit verstoße es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass der Gesetzgeber diese Kriterien im privaten sowie im nicht privaten Bereich unterschiedlich bewertet habe. Beide Bereiche unterschieden sich so grundlegend voneinander, dass eine einheitliche Maßstabsbildung ausgeschlossen, zumindest jedoch nicht zwingend sei."

Steuern sind nach § 3 AO (Abgabenordnung) Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Dabei hat der Staat grundsätzlich das Steuerfindungsrecht, d.h. er kann entscheiden welche Steuern er in welcher Höhe auf was erhebt.

Bei Beiträgen ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme oder Benutzung einer öffentlichen Einrichtung die Grundlage für die Erhebung, also für die Bereitstellung einer besonderen Gegenleistung. Beiträge werden i. d. R. einmalig erhoben, so z.B. der Erschließungsbeitrag.

Eine Gebühr ist eine Abgabe, welche für verschiedene behördliche Tätigkeiten erhoben wird, z.B. für die Zulassung eines Kraftfahrzeugs.

Verschiedene Kläger sehen in dem Rundfunkbeitrag eine versteckte Steuer. Dieser erfüllt sogar die Legaldefinition des § 3 AO. Denn der Tatbestand, an den der "Beitrag" geknüpft wird, ist die Innhehabung eines Haushaltes oder einer Firma. Problematisch ist, daß der Rundfunkbeitrag zwar zweckgebunden ist und sich an der reinen Möglichkeit der Nutzung des öffentlichen Rundfunks orientiert, aber wie eine Steuer fortlaufend erhoben wird. Würde man ihn daher als Steuer einstufen, fehlte den Bundesländern zu deren Erlass die Gesetzgebungskompetenz. Problematisch ist ebenfalls, daß Unternehmen, die mehrere Filialen haben, für jede Filiale den Beitrag entrichten müssen. Bei Haushalten stellt sich die Frage, ob es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, daß hier nicht erfasst wird, wie viele Personen in dem Haushalt wohnen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit wird insofern nicht berücksichtigt, als daß es keine Rolle spielt, wie viele Endgeräte ein Haushalt anschafft. In verschiedenen Regionen können die Rundfunknutzer gar nicht alle dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Fernsehens empfangen.

Man stelle sich vor, man würde man dieses Abgabenmodell auf andere "Möglichkeiten der Inanspruchnahme" übertragen (Fortlaufender Benutzungsbeitrag für öffentliche Straßen, einen fortlaufenden Beitrag, öffentliche Telefonzellen benutzen zu können, einen fortlaufenden Beitrag, Leitungswasser nutzen zu können, einen fortlaufender Beitrag, öffentliche Museen besuchen zu können).

Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat jedoch zwar betont: "Der Gesetzgeber müsse jedoch die Entwicklung des Rundfunkbeitragsrechts einschließlich der hierzu wechselbezüglichen technischen Veränderungen kontinuierlich beobachten." Ihm obliege eine Prüfungspflicht.

Dazu sei kommentarlos angemerkt, daß die 1902 eingeführte Sektsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte heute noch erhoben wird. Die Sektsteuer ist das bekannteste Beispiel für Abgaben, die zu einem bestimmten Zweck eingeführt, aber nach Wegfall des Zwecks nicht wieder abgeschafft wurden.

 

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.

E-Mail:kanzlei@anwalthesterg.de