Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Betriebsprüfung: Können Beitragsansprüche verwirken?

Staat und Verwaltung
18.05.20082899 Mal gelesen

Regelmässig ist zu beobachten, dass bei Betriebsprüfungen bestimmte Versicherungsverhältnisse zunächst unbeanstandet bleiben, bei späteren Prüfungen jedoch aufgegriffen und zum Anlass für erhebliche Nachforderungen genommen werden.

Beispiel: Ein Arbeitgeber zahlt für seine Mitarbeiter Beiträge für eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung. Die Versicherungsbeiträge sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt. Die Beitragszahlung unterbleibt jedoch. Eine Beanstandung erfolgt zunächst nicht. Bei einer späteren Prüfung wird der Fall dann aufgegriffen und die Beiträge nachgefordert.

Kann sich der Arbeitgeber aufgrund der ursprünglichen Nichtbeanstandung auf Vertrauensschutz berufen? Ist der Beitragsanspruch des Versicherungsträgers verwirkt?

Vertrauensschutz setzt voraus, dass der prüfende Versicherungsträger oder die Einzugsstelle der Krankenkassen zuvor durch ein konkretes Verhalten das Vertrauen vermittelt hat, dass für einen bestimmten Fall Beiträge nicht zu zahlen sind.

Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte reicht es dafür allerdings nicht aus, wenn die Prüfer anlässlich einer Betriebsprüfung einzelne Sachverhalte nicht beanstanden. Der Versicherungsträger ist deshalb bei der nächsten Prüfung nicht gehindert, den Sachverhalt wieder aufzugreifen und Beiträge nachzufordern.

Denn die Prüfungen haben - so das Bundessozialgericht - nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSGE 47, 194, 198). Die Prüfbehörden sind nämlich bei Arbeitgeberprüfungen nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet. Betriebsprüfungen brauchen nicht umfassend und erschöpfend zu sein und können sich auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Die Prüfungen haben den Zweck, unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen helfen, Beitragsausfälle zu verhindern und die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung haben weder die Prüfungen selbst, noch die Prüfberichte. Selbst wenn ein Betriebsprüfer bei einer Betriebsprüfung eine bestimmte Rechtsauffassung äußert, ohne einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen, begründet dies noch keinen Vertrauensschutz (Bundessozialgericht, BSGE 47, 194, 198).

Um in Zweifelsfällen Rechtsklarheit zu bekommen, empfiehlt es sich deshalb, rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden sind.