Kein Fahrverbot / Absehen vom Fahrverbot bei Augenblicksversagen!

Staat und Verwaltung
20.09.20071083 Mal gelesen

Im vorliegenden Fall ist der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100,00 EUR und einem Monat Fahrverbot verurteilt worden.
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war auf 30 km/h begrenzt. Bei dem Betroffenen wurde jedoch eine Geschwindigkeit von 62 km/h (abzüglich Toleranz) gemessen. Die Messung wurde hier nicht angezweifelt. Vielmehr wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde gegen die Verletzung sachlichen Rechts und ausdrücklich gegen die Verhängung des Fahrverbotes. Er führt aus, dass er bereits gegenüber dem AG Siegen geäußert hat, dass er das geschwindigkeitsbegrenzende Verkehrsschild mangels ausreichender Konzentration nicht wahrgenommen hat. Er war wegen eines wichtigen bevorstehenden Kundengesprächs in Gedanken gewesen. Das nun prüfende Oberlandesgericht Hamm hielt fest, dass das AG aufgrund dieses Einwandes nähere Feststellungen hätte treffen müssen, ob es sich dabei um ein sog. Augenblicksversagen handelt. Danach kommt es nicht zur Verhängung eines Fahrverbotes, wenn der Fahrer zwar objektiv eine grobe Pflichtverletzung begangen hat, aber diese ihm nicht subjektiv vorwerfbar ist. Das ist der Fall, wenn der Pflichtverstoß auch von einem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrzeugführer nicht immer hätte vermieden werden können. Dementsprechend hätte das AG prüfen müssen, ob die Einlassung des Betroffenen auf Augenblicksversagen zu widerlegen ist.
Zu berücksichtigen ist dabei, ob weitere Hinweise auf eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit zu entnehmen sind,

  • wie z.B. eine beidseitige und mehrfache Beschilderung,
  • auf die Fahrbahn aufgemalte Zeichen,
  • die (aufgelockerte) Ortsbebauung
  • oder eine etwaige Ortsunkundigkeit des Kfz-Führers.

Da das Amtsgericht die Einlassung des Betroffenen in dessen Urteil in1. Instanz nicht widerlegte, sind die getroffenen Feststellungen nachAnsicht des Oberlandesgerichts (2. Instanz) unvollständig. Mithin istdie Rechtsbeschwerde begründet was zur Aufhebung des Urteils führt! DieSache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AmtsgerichtSiegen zurückverwiesen worden (OLG Hamm, 1 Ss OWi 9/07).


Der Autor RA Sven Skana ist Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 - 886 81 505.