Zur prozessualen Beweiswürdigung bei Infektion mit multiresistenten Krankenhauskeimen

Zur prozessualen Beweiswürdigung bei Infektion mit multiresistenten Krankenhauskeimen
31.01.2017170 Mal gelesen
Im Arzthaftungsprozess verdient der Grundsatz, dass der geschädigte Patient ihn stützende Umstände auch ohne ausdrückliche Erklärung in sein Klagevorbringen aufnimmt, besondere Beachtung. Der Patient ist darauf angewiesen, dass der Sachverhalt durch das Sachverständigengutachten aufbereitet wird.

Im Arzthaftungsprozess verdient der Grundatz, dass der geschädigte Patient ihn stützende Umstände auch ohne ausdrückliche Erklärung in sein Klagevorbringen  aufnimmt, ganz besonders Beachtung, da er darauf angewiesen ist, dass der Sachverhalt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufbereitet wird.

Hierauf der BGH durch Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15 hingewiesen.

Folgendes war passiert:

Der 1973 geborene Kläger hatte sich zu seiner Hausarztin wegen eines "Tennisarms" in Behandlung begeben, welche ihn in das beklagte Krankenhaus überwies. Dort unterzog sich der Kläger einer Operation. Eine Woche nach seiner Entlassung kam er in die Sprechstunde der Beklagten und berichtete von anhaltenden Schmerzen im Ellbogen, bei dem ärztlicherseits eine deutliche Schwellung fesgestellt wurde. Es wurde ein Termin für eine Revisionsoperation vereinbart. Schon eine Woche vor dem Termin wurde der Kläger wieder vorstellig und klagte über sehr starke Schmerzen im Ellbogen bei sichtbarer Eiterbildung. Die Wunde wurde am selben Tag operativ geöffnet und ausgiebig gesäubert sowie eine antibiotische Therapie eingeleitet.

Ein durchgeführter Abstrich ergab eine Infektion der Wunde mit Staphylococcus aureus, der multiresistent auf Antibiotika reagierte.

Eine ca. drei Wochen später durchgeführte Nachkontrolle ergab zwar keine Auffälligkeiten, die Beschwerden des Klägers hatten sich aber nicht gebessert. Bei einer etwa nochmal sechs Wochen später durchgeführten dritten Operation wurde ein Keimwachstum in der alten Wunde nicht mehr festgestellt. Die Schmerzen des Klägers besserten sich gleichwohl nicht. In einer anderen Klinik wurde eine radiale kollaterale Bandinstabilität festgestellt, weshalb eine Seitenbandplastik durch Entnahme eines Bindegewebstreifens aus dem Oberschenkel des Klägers durchgeführt wurde. Der Kläger leidet bis heute unter einem Ruhe- und Belastungsschmerz des Ellenbogens.

Die Klage auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Behandlung und Berufung des Klägers blieben erfolglos. Seine Revision hatte hingegen Erfolg: Der BGH wies das Verfahren zur Neuverhandlung an das Berufungsgericht zurück.

Das Berufungsgericht habe den Prozessstoff nicht vollständig gewürdigt und wesentliche, dem Kläger günstige Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen unberücksichtigt gelassen, so der BGH.

Laut unbestrittem gebliebenem Sachvortrag des Klägers sei er im Anschluss an die Operation neben einem Patienten untergebracht worden, der unter einer offenen, eiternden und mit einem Keim infizierten Wunde im Kniebereich litt. Dieser habe sein "offenes Knie" auch dem Kläger gezeigt und darüber geklagt, dass man den Keim nicht "in den Griff" bekomme.

Zwar sei die gemeinsame Unterbringung eines Patienten mit einer offenen infizierten Wunde neben einem Patienten, der einen unauffälligen postoperativen Heilverlauf aufweist, laut dem Sachverständigen dann nicht zu beanstanden, wenn insoweit relevante Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Institutes eingehalten würden. Weiter habe der Sachverständige ausgeführt, dass es sich seiner Kenntnis entziehe, inwieweit die Empfehlungen bei der stationären Behandlung des Klägers beachtet wurden.

Die Feststellung des Berufungsgerichts, der gerichtliche Sachverständige habe keine Anhaltspunkte für eine Verletzung der von ihm beschriebenen Hygienestandards gefunden, finde somit in den Ausführungen des Sachverständigen keine Grundlage.

Diese für ihn günstigen Ausführungen des Sachverständigen habe der Kläger sich auch ohne ausdrückliche Erklärung zu Eigen gemacht. Die Beklagte werde in der neuen Verhandlung näher dazu vorzutragen haben, welche konkreten Maßnahmen sie bei der stationären Behandlung des Klägers zur Einhaltung der Hygienebestimmungen seinerzeit ergriffen habe.

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