Ein verbreiteter Irrtum über Selbstständigkeit, Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit

Soziales und Sozialversicherung
11.11.2016655 Mal gelesen
Das Thema „Scheinselbstständigkeit“ erhält durch verstärkte Prüfaktivitäten der Sozialversicherungsträger und der Zollbehörden eine erhebliche Dynamik und wird öffentlich diskutiert.

Über die Kriterien der Abgrenzung von Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung sind jedoch Irrtümer und Missverständnisse verbreitet, z.B. findet sich in einem Internet-Forum, in dem das angebliche Verbot von Honorar-Notärzten in Mecklenburg-Vorpommern diskutiert wird,  folgende Aussage:

"Sobald ich als Freelancer für mehrere Auftraggeber tätig bin, ist das doch keine Scheinselbständigkeit mehr, sondern tatsächliche Selbstständigkeit."

Nein! Auf die Zahl der Auftraggeber kommt es nicht an! Niemand wird allein dadurch zu einem Selbstständigen, dass er für mehrere Auftraggeber tätig ist. Sozialversicherungsrechtlich ist grundsätzlich jeder einzelne Auftrag gesondert zu betrachten. Sobald ein einzelnes Auftragsverhältnis die Merkmale eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt, tritt kraft Gesetzes für dieses eine Auftragsverhältnis die Sozialversicherungspflicht ein. Es kann also durchaus sein, dass jemand zwar zahlreiche Auftraggeber hat, bei der Durchführung eines einzelnen Auftrags jedoch so eng in die Betriebsorganisation seines Auftraggebers eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, dass dieser spezifische Auftrag als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bewertet werden muss.

Übertragen auf die Notärzte im Rettungsdienst bedeutet dies: Ein Arzt kann beispielsweise für fünf Rettungsdienste ohne weiteres anerkanntermaßen selbstständig tätig sein, vorausgesetzt, dass diese Tätigkeiten die Kriterien einer Selbstständigkeit erfüllen. Dies schließt aber nicht aus, dass er daneben in seiner Tätigkeit für einen sechsten Rettungsdienst der Versicherungspflicht unterliegt.


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Rechtsanwalt Peter Koch
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