ARTE Doku „#Dieselgate“ beleuchtet Abgründe der Autoindustrie

Golf 7 im Abgasskandal
24.02.202177 Mal gelesen
Die Sendung beschäftigt sich mit den (so der Untertitel) „Machenschaften der Deutschen Autoindustrie“ und stellt unter anderem einen betrogenen Golf Fahrer vor.

Der Fernsehsender ARTE strahlte am 23.02.2021 eine Dokumentation zum VW Dieselskandal aus - auch bekannt als Dieselgate. Die Sendung beschäftigt sich mit den (so der Untertitel) "Machenschaften der Deutschen Autoindustrie".

Unter anderem wurde dabei ein VW-Kunde vorgestellt, der gleich zwei Mal betrogen wurde. Zunächst durch den Kauf eines VW Golfs mit dem Skandalmotor EA189. Der Bundesgerichtshof hat bereits festgestellt, dass betroffene Autofahrer Anspruch auf Schadensersatz haben. Das Verfahren des Mannes liegt ebenfalls vor dem BGH. Nachdem ihm klar wurde, dass sich in seinem Diesel-Pkw eine unzulässige Abschalteinrichtung befindet und er deshalb einen Anspruch auf Schadensersatz hat, meldete er das Auto ab, um seine Ansprüche nicht zu "verfahren" (Gerichte urteilen bei Schadensersatzfällen in der Regel, dass sich die Kläger eine Nutzungsentschädigung basierend auf den bisher gefahrenen Kilometern anrechnen lassen müssen).

Der VW-Kunde blieb dem Konzern dennoch treu und legte sich erneut einen VW Diesel zu, einen gebrauchten VW Golf 7 mit dem neuen Euro 6 Motor EA288.  Dies in der Annahme, dass der Nachfolgemotor nicht mehr von unzulässigen Abschalteinrichtungen betroffen sei. Umso größer war sein Schock, als er erfuhr, dass auch dieser unter Verdacht steht, über eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verfügen. Gemeinsam mit Axel Friedrichs von der Deutschen Umwelthilfe unternahm er eine Testfahrt und maß dabei den Stickoxidausstoß des Autos. Erlaubt sind bei Euro 6 Dieseln 80 Mikrogramm pro Kilometer - die Testfahrt ergab dagegen einen Wert von 531 Mikrogramm pro Kilometer! Erklären lässt sich dies nur anhand einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die abseits des Prüfstands die Abgasreinigung reduziert.

Die Sendung beleuchtet verschiedene Aspekte des VW Dieselskandals und legt dabei eine "Kultur der Denunzierung" im Konzern offen. Diese überträgt sich auch auf Zulieferer. Mitarbeiter hätten regelrecht Angst, gegen die Manipulationen etwas zu sagen, gaben Angestellte von Bosch (das die Manipulationssoftware an VW geliefert hatte) anonym zu Protokoll. An Karsten vom Bruch, 20 Jahre Angestellter bei Bosch und zuletzt als Betriebsrat tätig, sei ein Exempel statuiert worden. Nachdem er sich gegen die Manipulationen gewehrt und seine Stimme erhoben hatte, war vom Bruch auf Basis einer angeblichen Belästigung von Mitarbeiterinnen gekündigt worden.

Die Sendung wirft erneut ein schlechtes Licht auf die deutsche Autoindustrie, die politisch Verantwortlichen und das Kraftfahrt-Bundesamt. Bis heute ist kein aktueller oder ehemaliger Mitarbeiter von VW, Bosch oder den anderen beteiligten Firmen aufgrund des Betrugs verurteilt worden. Während sich der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler seit September 2020 vor dem Landgericht München verantworten muss, beginnt im April 2021 der Prozess gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn. Ihm wird Betrug vorgeworfen, doch will er angeblich von nichts gewusst haben. Die Schuld schieben die Vorstandschefs dagegen gerne den einfachen Ingenieuren zu und behaupten, diese hätten ganz selbstständig entschieden, die Manipulationssoftware zu verwenden. Dass dies angesichts der harten Hand und der Detailversessenheit von Winterkorn kaum vorstellbar ist, macht die Dokumentation eindrücklich klar.  

Unabhängig von der strafrechtlichen Aufarbeitung des Dieselskandals macht die zivilrechtliche Aufarbeitung große Fortschritte. So wurden neben der Volkswagen AG bisher auch Daimler, Audi, Porsche und BMW zu Schadensersatz verurteilt. Speziell hinsichtlich Daimler und Audi verlagert sich das Geschehen auf die Ebene der Oberlandesgerichte, die in immer mehr Fällen eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung der Käufer sehen. Auch für VW ist der Abgasskandal noch lange nicht vorbei, gibt es doch in letzter Zeit immer mehr Verurteilungen des Autobauers aufgrund des neuen Motors EA288 und sogar aufgrund des für den ursprünglichen Skandalmotor EA189 entwickelten Software-Updates - denn auch dieses verfügt über unzulässige Abschalteinrichtungen.   

HAHN Rechtsanwälte gehört dabei zu den erfolgreichsten Kanzleien im Dieselskandal und vertritt bundesweit erfolgreich seine Mandanten.