Warum Steuerberater heute stärker in der Haftung stehen
Ein Steuerberater begeht eine Pflichtverletzung, wenn er seinem Mandanten einen Vertrag mit einem Dritten empfiehlt, ohne seine eigenen finanziellen Interessen offenzulegen. Der Mandant muss beweisen, dass diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat, kann jedoch den Anscheinsbeweis nutzen.
Machen Berater Fristenfehler, empfehlen riskante Fonds oder verschweigen Honorarkonflikte, haftet neben ihrer Berufshaftpflicht oft auch der Berater persönlich. Neue Entscheidungen wie BGH, 26. 01. 2023 – IX ZR 115/21 verschärfen die Beratungspflichten – Mandanten haben dadurch bessere Karten, Falschberatung Steuerberater Schadensersatz geltend zu machen.
Aktuelle Rechtsprechung im Überblick
Die Beklagten, die als Steuerberater in einer GbR tätig waren, betreuten den Kläger seit dem Jahr 2000 in steuerlichen Angelegenheiten. Zur Steueroptimierung rieten sie ihm, sich an eine Vermittlergesellschaft zu wenden und in geschlossene Fonds zu investieren, an denen sie indirekt beteiligt waren. Der Kläger investierte in mehrere Schiffsfonds und forderte später Schadensersatz wegen unzureichender Beratung. Das Landgericht entschied zugunsten des Klägers, und die Berufung der Beklagten blieb weitgehend erfolglos. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Kammergericht.
Datum / Aktenzeichen: 06. 12. 2018 – IX ZR 176/16
Kernaussage: Verdeckte Beteiligung am Vermittler = Pflichtverletzung; keine Beratungspflicht zu nicht‑steuerlichen Aspekten, aber Offenlegungspflicht
Bedeutung für Mandanten: Verschweigt der Berater Provisionsinteressen, entsteht ein Ersatzanspruch
Datum / Aktenzeichen: 26. 01. 2023 – IX ZR 115/21
Kernaussage: Versäumt der Berater die Einspruchsfrist, greift der Anscheinsbeweis – es wird vermutet, dass der Bescheid günstiger ausgefallen wäre
Bedeutung für Mandanten: Mandant muss nur den Fristverstoß belegen; Beweislast dreht sich um
Sechs klassische Haftungsfallen (decken > 80 % aller Fälle ab)
- Fristenversäumnis (z. B. Einspruch, Umsatzsteuervoranmeldung)
- Fehlerhafte Gestaltungsberatung ohne Risikohinweis
- Unzureichende Sachverhaltsermittlung – fehlende Belegeprüfung
- Verstoß gegen Verbundene‑Geschäfte‑Klausel – eigene Provisionen verschwiegen
- Falschbuchungen / falsche Steuerangaben → Nachzahlungen + Zinsen
- Verspätete elektronische Erklärungen → Verspätungs- und Säumniszuschläge
Beweislast & Verjährung: Ihre juristische Checkliste
A) Beweisführung (Drei‑Stufen‑Modell)
- Pflichtverletzung dokumentieren (E‑Mails, Vollmachten, Gutachten)
- Schaden exakt beziffern (Steuernachforderung, Kapitalverlust)
- Kausalität plausibel darlegen – oft erleichtert durch Anscheinsbeweis
B) Verjährung (§ 195 BGB)
- Regelfrist: 3 Jahre ab Jahresende der Kenntnis
- Hemmung möglich durch außergerichtliche Verhandlungen (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB) oder Schlichtung (§ 76 StBerG)
- Mandatsunterlagen sichern – schafft eine belastbare Beweisbasis.
- Schaden berechnen – legt die genaue Anspruchshöhe fest.
- Anwaltliche Ersteinschätzung einholen – liefert Chancen‑ und Risikoanalyse.
- Schriftliche Schadensersatzforderung mit Fristsetzung stellen – hemmt Verjährung und erhöht Vergleichsdruck.
- Schlichtung oder Klage einleiten und Versicherung einbeziehen – führt kosteneffizient zu Vergleich oder Urteil.
Praxisbeispiel 2025
Ein E‑Commerce‑Unternehmer verliert 60 000 € Umsatzsteuererstattung, weil der Berater die Frist verpasst. Dank BGH IX ZR 115/21 genügte der Nachweis des Versäumnisses; die Berufshaftpflicht erstattete den kompletten Schaden.
Fehler des Steuerberaters und Schadensersatz: Wie Sie Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Rechte erhalten
Die Haftung eines Steuerberaters ist ein komplexes Thema, das sowohl Mandanten als auch Steuerberater betrifft. Fehler können teuer werden, und es ist wichtig, dass sowohl Mandanten als auch Steuerberater ihre jeweiligen Pflichten kennen und sorgfältig erfüllen. Falls Sie glauben, durch einen Fehler oder eine Falschberatung Ihres Steuerberaters finanziellen Schaden erlitten zu haben, welcher unter deren Haftung fällt, und Unterstützung bei der Geltendmachung Ihrer Schadensersatzansprüche benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.
Sie erreichen uns unter der Telefonnummer 04202 / 6 38 37 0 oder per E-Mail: info@rechtsanwaltkaufmann.de.
Dieser Artikel dient lediglich zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Eine individuelle Beratung mit einem Rechtsanwalt wird empfohlen, um Ihre spezifische Situation zu bewerten und eine maßgeschneiderte Vorgehensweise zu entwickeln.
Link zum Rechtsartikel Schadenersatz Steuerberater:
Mehr zum Thema Haftung eines Steuerberaters:
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Quellen zum Thema Haftung eines Steuerberaters:
- Grundlegende Fragen zur Haftung eines Steuerberaters - Verlag Dr. Otto Schmidt (otto-schmidt.de)
- Urteil des IX. Zivilsenats vom 6.12.2018 - IX ZR 176/16 - (bundesgerichtshof.de)
- Steuerberater auf Schadensersatz verklagen: Eine gute Idee? - dhz.net (deutsche-handwerks-zeitung.de)
- Wenn der Steuerberater Fehler macht: Was kann ich tun und wer haftet? | Ageras
- Urteil des IX. Zivilsenats vom 6.12.2018 - IX ZR 176/16 - (bundesgerichtshof.de)