Widerruf und Widerrufsrecht bei Lebensversicherungen und Rentenversicherungen und die positiven Folgen

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
27.04.2015209 Mal gelesen
Widerrufsrecht bei Lebens- und Rentenversicherungen, Vorteile im Vergleich zu Rückkaufswerten, Voraussetzung des Widerrufsrechts.

Schon seit dem Jahre 1998 dauert der "Kampf" um ein Widerrufsrecht bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung und/oder der Nichtübermittlung von Verbraucherinformationen etc. bei Lebens- und Rentenversicherungen an. Seit dieser Zeit stand auch das sogenannte Policenmodell auf dem Prüfstand.

Das Polcenmodell wurde leider mit zweifelhaften Argumenten der höchstricherlichen Rechtsprechung sozusagen abgesegnet, so dass dieses derzeit wohl kaum noch angreifbar ist.

Das Widerrufsrecht bei fehlerhafter Belehrung besteht jedoch nach der Rechtsprechung des BGH. Und in der Folge gibt es mittlerweile auch schon zahlreiche unterinstanzliche Urteile.

Dies betrifft eine Vielzahl von Lebens- und Rentenversicherungen, die insbesondere zwischen den Jahren 1994 und 2007 abgeschlossen worden sind und auch heute noch ein Widerruf erklärt werden kann.

Der Unterzeichner ist seit 6 Jahren mit dieser Materie und mit vielen Gerichtsverfahren intensiv beschäftigt und kennt die Entwicklung der zum Teil sehr komplexen Rechtsmaterie und der Rechtsprechung gut.

Ist ein Widerruf noch möglich, so hat dies in der Regel zur Folge, dass der Versicherte mehr zurückerhalten wird im Vergleich zu dem was er schon erhalten hat, falls die Versicherung schon abgewickelt wurde. Besteht die Versicherung noch und/oder ist sie z.B. beitragsfrei gestellt, so kann natürlich auch noch widerrufen werden mit den gleichen Folgen.

Bei manchen Versicherungen bestand und besteht kein Widerrufsrecht aber ein Rücktrittsrecht. Aber die Rechtsfolgen bei feherlhafter Belehrung zum Widerrufsrecht oder zum Rückstrittsrecht sind gemäß der Rechtsprechung quasi identisch.

Der Vorteil eines Widerrufs liegt vorallem darin, dass neben der Rückzahlung der Prämien die gezogenen Nutzungen aus den vereinnahmten Prämien von der Versicherung erstattet werden müssen. Diese gezogenen Nutzungen werden zwar immer bestritten aber es kann für die entsprechenden Jahre immer von gezogenen Nutzungen zwischen 4% und 7% ausgegangen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Gebühren zurückbezahlt werden müssen (Vermittlungsgebühren, Abschlussgebühren, Stornogebühren etc,).

Aufgrund der schlechten Verzinsungen der Versicherungen -Stichwort Garantieverzinsung etc.- ist der Widerruf auch deshalb interessant, da im Vergleich zum normalen Ausstieg mittels Kündigung wie erwähnt der Verbraucher wesentlich mehr zurückerhält und andererseits das dann zurückzuerhaltende Kapital anderweitig und evtl. auch besser angelegt werden könnte.

Aufgrund der bisherigen Entwicklung in der Rechtsprechung, der wirtschaftlichen Folgen für die Versicherungsgesellschaften und vor dem Hintergrund der Erfahrung des Verfassers zeigt sich, dass der Verbraucher hier eine akzeptable Lösung gegenüber seiner Versicherung wohl kaum bzw. nie hin bekommt.

Maßgebend ist derzeit ob insbesondere die Belehrung fehlerhaft war oder eine Belehrung völlig fehlt oder die Verbraucherinformationen nicht vollkommen von der Versicherung übermittelt wurden.

Hierzu sei weiter erwähnt, dass es in der Zeit zwischen 1994 und 2007 auch rechtliche Änderungen gab, die sich wiederum unmittelbar darauf auswirken, ob eine Belehrung fehlerhaft ist oder nicht.

In der Praxis und damit der gerichtlichen Praxis spielt sehr oft die Darlegungs- und Beweislast eine Rolle. Grundsätzlich muss die Versicherung nachweisen, dass der Verbraucher richtig (formal und inhaltlich transparent) belehrt wurde und die Belehrung dem Versicherungsnehmer auch zugegangen ist.

Wie schon erwähnt ist zu bedenken, dass durch den Widerruf der Verbraucher weit mehr im Vergleich zu den von der Versicherung in den Bedingungen dargelegten Rückkaufswerten zurückerhält.

Bei fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherungen sind weitere Besonderheiten zu beachten, die an anderer Stelle separat dargelegt werden.

Ist die Versicherung schon länger sozusagen abgewickelt worden aufgrund einer Kündigung sollte man keine weitere Zeit für eine rechtliche Prüfung verstreichen lassen. Dies deshalb, da in diesen Fällen und auch fast generell die Versicherung immer den Einwand der Verwirkung einbringt. Eine Verwirkung, falls eine solche tatsächlich vorliegen würde, schließt den Anspruch auf Rückabwicklung aus. Dieser Einwand muss auch immer geprüft werden, wobei erwähnt sei, dass die unterinstanzliche Rechtsprechung hierzu völlig uneinheitlich ist.

Der erste Schritt wäre den Vertrag und damit natürlich insbesondere die Belehrung durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen, der in diesem Gebiet genügend Erfahrungen gesammelt hat.

Rechtsanwalt Peter Ganz-Kolb

Rechtsanwalt Ganz-Kolb ist Inhaber der Kanzlei Ganz-Kolb

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Schwerpunktmäßig ist RA Ganz-Kolb auf dem Gebiet des Kapitalanlagerechts, des Bankrechts und des Anlegerschutzes tätig. Durch fachspezifische Tätigkeiten bei Banken etc. (z. B. 7-jährige Tätigkeit bei einem großen Discount-Broker/Wertpapierbank) sind auch umfangreiche und praktische Produktkenntnisse, Kenntnisse der Vertriebsabläufe etc. vorhanden. Dies beginnt bei einer atypisch stillen Beteiligung und endet bei den Zertifikaten.