Gefahrerhöhung und dahingehende Obliegenheiten in der Gebäude-/Hausrat-Sachversicherung

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
27.08.20074892 Mal gelesen

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DER GRUNDSATZ

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BGH, Urteil vom 23.06.2004, Az. IV ZR 219/03

Leistungsfreiheit nicht bei jeder Gefahrerhöhung .

Durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG soll das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Von einer zur Leistungsfreiheit führenden Gefahrerhöhung kann daher
nur dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten ist, bei der der Versicherer den in Rede stehenden Versicherungsvertrag überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte.

VVG § 23 ff.

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BGH, Urteil vom 16.11.2005, Az. IV ZR 307/04

Der Versicherungsnehmer braucht Erklärungen, die die Leistungspflicht des Versicherers betreffen, nicht unaufgefordert abzugeben.

Hat der Versicherungsnehmer nach den zwischen den Parteien des Versicherungsverhältnisses getroffenen Vereinbarungen Auskunft erst auf Verlangen des Versicherers zu erteilen, bestimmt sich nach Art,
Reichweite und Sinn der ihm gestellten Fragen, in welchem Umfang er Angaben zur Feststellung des Versicherungsfalles und zur Leistungspflicht des Versicherers zu machen hat.

Obliegenheitsverletzungen  eines VN haben sich die anderen VN zurechnen zu lassen.

Haben mehrere Versicherungsnehmer in der Sachversicherung ein einheitliches Risiko versichert, besteht ein einziger, unteilbarer Versicherungsanspruch zur gesamten Hand. Obliegenheitsverletzungen, die einer der Versicherungsnehmer begeht, muss sich daher auch der andere Versicherungsnehmer zurechnen lassen.

VVG § 6

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IM EINZELFALL

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OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.11.2004, Az. 7 U 82/04

Feuerversicherung leistet nicht bei Verletzung der Auskunftspflicht.   

Ein Versicherer darf seinem Versicherungs nehmer Fragen stellen, um das subjektive Risiko aufzuklären. Ein Feuerversicherer hat ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob der Versicherungsnehmer ein persönliches Interesse am Eintritt des Versicherungsfalls hat oder nicht, weil sich daraus Hinweise auf eine vorsätzliche Herbeiführung
des Versicherungsfalls ergeben können. Auch solche Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Macht ein Versicherungsnehmer zu seinen Vermögensverhältnissen vorsätzlich unvollständige Angaben, indem er verschweigt, die eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben, wird die Versicherung leistungsfrei.

Hier: VVG § 12 Abs. 3, VVG § 6 Abs. 3, VVG § 20

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Saarländisches OLG, Beschluss vom 23.11.2004, Az. 5 W 134/04-46

Ein Versicherungsnehmer hat die Versicherung über den vorübergehenden Leerstand einer Mietwohnung zu unterrichten.

Ein Versicherungsnehmer hat eine veränderte Gefahrenlage der Wohngebäude- und Hausratversicherung anzuzeigen. Dies gilt vor allem dann, wenn das versicherte Gebäude vorübergehend unbewohnt ist und dies aufgrund der Lage eine erhöhte Gefahr bedeutet. Wird die Veränderung nicht angezeigt, so haftet die Versicherung nicht für einen durch Einbruch entstandenen Schaden.

Hier: WG § 23 Abs. 1, WG § 25 Abs. 1, WG § 27 Abs. 1, WG § 28 Abs. 1, VHB 84 § 13 Nr. 2

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Saarländisches OLG, Beschluss vom 02.07.2004, Az. 5 W 134/04

Kein Versicherungsschutz bei nicht angezeigter Gefahrenerhöhung.

Ein Hauseigentümer hat keinen Anspruch aus seinem Einbruchsdiebstahlsversicherungsvertrag, wenn sich nach Abschluss des Vertrages die Situation dahingehend ändert, dass die Mieter, die das Versicherungsobjekt bei Vertragsabschluss bewohnt haben, zwischenzeitlich ausgezogen sind, das Haus seither nur noch sporadisch vom Versicherungsnehmer bewohnt wird und dieser dies der Versicherung nicht meldet.

Hier: VHB § 13, VVG § 23, VVG § 24, VVG § 25, VVG § 26
   
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OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2004, Az. 10 U 1252/03

Bloßes Leerstehenlassen eines Gebäudes begründet noch keine Erhöhung der Brandgefahr.

Eine Gefahrerhöhung bei einer Wohngebäudeversicherung erfordert eine nachträgliche Verschlechterung der Gefahrenlage im Vergleich zur Situation bei Vertragsschluss. Das bloße Leerstehenlassen eines Gebäudes reicht dafür nicht. Vielmehr müssen noch weitere Umstände hinzutreten, wie etwa die Verwahrlosung des Gebäudes.

Hier: VHB 84 § 1, VHB 84 § 10, VHB 84 § 13, VVG § 23

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OLG Hamm, Beschluss vom 27.07.2005, Az. 20 U 118/05

Leistungsfreiheit einer Versicherung wegen ungewollter Erhöhung der Brandgefahr bei einem leer stehenden Gebäude.
   
Eine Versicherung wird auch bei ungewollter Gefahrerhöhung leistungsfrei. Bei einem leer stehenden Wohngebäude liegt es zumindest dann auf der Hand, dass eine gegenüber der ordentlichen Wohnnutzung deutlich erhöhte Brandgefahr besteht, wenn sich immer wieder Unbefugte (etwa Jugendliche oder Obdachlose) in dem Gebäude aufhalten, Spritzen
in dem Gebäude gefunden werden, was auf Drogengebrauch schließen lässt, und bereits Vandalismusschäden eingetreten sind. Dies gilt jedenfalls, wenn das Gebäude nicht ohne weiteres insgesamt einsehbar ist. Es ist nicht Voraussetzung einer Gefahrerhöhung, dass das Gebäude außerhalb der geschlossenen Bebauung liegt.

Hier: VVG § 27, VVG § 28